CHRIS WEDGE/CARLOS SALDANHA: Robots

Roboter aller Länder, vereinigt euch: „Robots“, das neue Zeichentrickabenteuer der Fox Studios ist eine gesellschaftskritische Fabel.

Die Enttäuschung über Pixars schaurig-schlechtes Heldenepos „The Incredibles“ ist kaum abgeklungen, da landet schon das nächste virtuelle Abenteuer auf der großen Leinwand. Und siehe da: Manchmal kann ein wenig Originalität Wunder wirken. Denn „Robots“ ist so geistreich und lustig, wie es Mr. Incredible und seine ultra-konservative Sippschaft gerne gewesen wären.

An den typisch amerikanischen Wertevorstellungen kommt aber auch das Regietandem Chris Wedge und Carlos Saldanha, die bereits bei „Ice Age“ zusammenarbeiteten, nicht vorbei. Denn „Robots“ erzählt das gute alte „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Märchen. Der kleine Roboter Rodney (gesprochen von Ewan McGregor) wächst in einer Kleinstadt auf. Sein Vater ist Tellerwäscher und leidet darunter, dass sein Sohn in ärmlichen Verhältnissen aufwachsen muss. Deshalb ermutigt er seinen Sprössling auch, als dieser sich in den Kopf setzt in die große Stadt zu fahren, um dort beim allseits beliebten Erfinder Bigweld als Lehrling zu arbeiten. Doch bald schon muss Rodney feststellen, dass Ratchet, ein skrupelloser Geschäftsmann, sich Bigwelds Traumfabrik unter den Nagel gerissen hat und diese nun nach den Gesetzen des Marktes führt.

Die Geschichte erinnert ein wenig an „Monsters Inc.“: David gegen den Goliath Groß-Konzern, dem der einzelne Mensch gleichgültig ist und für den nur die Bilanz zählt. Und – wäre dieses soziale Gleichnis nicht mit so vielen originellen Einfällen gespickt – müsste man sich eigentlich über die vereinfachende, ideologische Grundhaltung von „Robots“ ärgern. Amerikanisches Tante-Emma-Idyll der Fünfzigerjahre trifft auf Bulldozer-Mentalität des 21. Jahrhunderts.

Aber die Macher von „Robots“ illustrieren ihre These anhand eines gut durchdachten und einleuchtenden Prinzips. Anstatt wie bisher Ersatzteile für die Roboter herzustellen, entschließt sich der fiese Marketingstratege Ratchet teure Upgrades auf den Markt zu werfen. Somit erschafft er eigenhändig ein Schönheitsideal, dem nur die Wohlhabenden durch ständiges Investieren in eben diese Upgrades nachkommen können. Die unteren Schichten werden derweil ohne Gnade auf den Schrott befördert, sobald sie anfangen zu rosten oder sich die ersten Schrauben lockern. Flugs ersetzt Ratchet auch den alten Slogan „You can shine no matter what you’re made of“ durch eine neue Devise: „Why be you, when you can be new?“

Dass hier eine Gesellschaft angeprangert werden soll, die Senioren frühzeitig ausrangiert und verzweifelt der ewigen Jugend nachhetzt, ist mehr als offensichtlich. Das sozialkritische Element wird besonders deutlich in den Szenen in der gigantischen Verschrottungsanlage, die sehr gekonnt dem Moloch in „Metropolis“ nachempfunden sind.

Der Humanist Rodney findet in dieser unbarmherzigen Welt seinen eigenen Platz – ganz im Sinne einer Ich-AG. Er repariert altersschwache Roboter, schraubt und lötet sie auf unkonventionelle Weise wieder zusammen – so gut, dass sie die prunkvollen Upgrades eigentlich gar nicht mehr wollen. Rodney avanciert zum Robin Hood der Blechkameraden, stürzt Ratchet und erfüllt am Ende auch noch den Lebenstraum seines Vaters.

Kitschig? Dogmatisch? Zweifellos. Aber nicht moralinsauer. „Robots“ ist vor allem dank zahlreicher visueller Gags und einer grandiosen visuellen Ausstattung anspruchsvoll genug, um nicht als flache Parabel daherzukommen. Die Charaktere sind liebevoll ausgedacht und gestaltet, die Handlung ist rasant erzählt und zahlreiche Querverweise halten selbst erwachsene ZuschauerInnen bei der Stange. Hollywood vermarktet die Revolution. Fragt sich bloß, was passieren würde, wenn alle plötzlich anfangen würden, ernsthaft über das nachzudenken, was sie eben auf der Leinwand gesehen haben.


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