ERNEUERBARE ENERGIEN: Sonnenfinsternis

Sämtliche Fördermaßnahmen für alternative Energien sind am 31. Dezember ausgelaufen. Die Regierung scheint die sozialen und umweltpolitschen Folgen nicht bedacht zu haben.

„Ich finde es schade, dass die Solarenergie jetzt schlecht gemacht wird.“ Marco Grosbusch hält sich zurück. Er sagt nicht: „Ich bin wütend.“ Dabei hätte der Chef der Firma Topsolar allen Grund. Besonders geärgert hat ihn ein Interview mit Umweltminister Lucien Lux im Luxemburger Wort mit dem Titel „40 Millionen Euro für 0,25 Prozent Strom“. Mit dieser Aussage begründete der Minister, warum ab dem 1. Januar 2005 errichtete Solarstromanlagen nicht mehr staatlich subventioniert werden. Sonnenenergie werde als teuer und ineffizient dargestellt, so Grosbuschs Kritik an der Debatte um die Förderung der erneuerbaren Energien. Mit solchen Pauschalurteilen verschenke man den Sympathiebonus, den man als Folge der Subventionspolitik der vergangenen Jahre gewonnen habe. Der Topsolar-Chef ist von den Kürzungen doppelt betroffen: als Arbeitgeber und als Pionier der Solarenergie in Luxemburg.

Grosbusch hat nicht auf die im Herbst 2000 vom damaligen Umweltminister Charles Goerens angekündigten spektakulären Fördermaßnahmen gewartet, um Solaranlagen zu bauen. Gemeinsam mit seinem Associé Raymond Reiners steigt er seit über zehn Jahre auf Dächer und verlegt Kabel und Rohre. Als die woxx ihn 2001 für ein Sonderheft zu alternativen Energien interviewte, war die Photovoltaik, die Stromerzeugung auf der Basis von Sonnenenergie, in Luxemburg noch wenig verbreitet. Topsolar installierte damals vor allem thermische Anlagen, mit denen die Sonnenstrahlung für die Warmwasserbereitung genutzt wird. „Der Boom der Photovoltaikanlagen war nur durch die massiven Subventionen möglich. Thermische Anlagen sind, was die Effizienz der Umsetzung der Sonnenenergie angeht, in der Regel sinnvoller“, sagt Marco Grosbusch.

Aufstieg und Fall

Während die Förderregelung für Solarwärme und Photovoltaik Investitionshilfen vorsah, wurde die Gewinnung von Stromzusätzlich durch eine Prämie von 55 Cent pro Kilowattstunde eingespeisten Stroms unterstützt. Die Solaranlage auf dem Dach sei eine Art Sparbuch, hieß es damals. Prompt veränderte sich der Markt. So ging bei der Firma Topsolar die Zahl der thermischen Anlagen auf etwa 25 jährlich zurück. Dafür verkauft sich die Photovoltaik umso besser – rund 200 Installationen allein im vergangenen Jahr.

Bestand die Firma 2001 gerade mal aus drei Mann, so waren dort drei Jahre später 12 Personen beschäftigt. Seit dem 1. Januar hat sich der Personalbestand allerdings wieder halbiert. Sechs befristete Arbeitsverträge wurden nicht verlängert. „Hätte die Regierung die Förderpolitik fortgesetzt, dann hätten wir die Leute fest eingestellt“, versichert Marco Grosbusch. Er steht mit dem Abbau nicht allein: Von den geschätzten 300 Arbeitsplätzen, die in der Branche als Folge der Fördermaßnahmen für erneuerbare Energien entstanden sind, dürften sich die meisten in Luft aufgelöst haben.

„Unverständlich“ lautet der häufigste Kommentar von BefürworterInnen der erneuerbaren Energien. Die Regierung hat die Fördermaßnahmen auslaufen lassen, obwohl sie erklärtermaßen damit fortfahren will. „Der Umweltminister hat auf der Ökofoire gesagt: Es geht weiter, aber anders“, erinnert sich Großbusch. Dass die Subventionen anders verteilt werden sollen, damit habe er kein Problem. Dass aber nach vier Monaten Versprechen und Vertröstungen noch immer keine neue Regelung vorliegt, habe weitreichende Folgen. „Die Kunden sind verunsichert“, sagt der Topsolar-Chef. Niemand gebe in dieser Situation neue Anlagen in Auftrag.

Im Dezember hatte Lucien Lux angekündigt, das Problem Anfang Januar anzugehen. Bisher ist nichts passiert. „Wenn endlich neue Regelungen vorliegen, wird es trotzdem dauern, bis sich die Auftragslage wieder normalisiert“, schätzt Grosbusch. Er erinnert an die kurzfristige Abschaffung der Unterstützung der Regenwasseraufbereitung vor vier Jahren. Obwohl die Förderregelung längst wieder gilt, werde er auf Messen immer wieder darauf angesprochen: „Regenwasser, da gibts doch kein Subsid mehr, oder?“

René Theisen von der Handwerkerkammer bestätigt die gravierenden Auswirkungen des Förderstopps. Zwei Firmen hätten bereits Konkurs angemeldet. „Wenn die Regelungen zur Photovoltaik problematisch waren, hätte man die aussetzen, und die anderen weiterführen können“, findet Theisen. Die am 31. Dezember ausgelaufenen Regelungen betreffen neben Photovoltaik und Solarwärme sämtliche erneuerbaren Energieformen sowie Maßnahmen zur Energieeffizienz wie Brennwertkessel und den Bau von Niedrigenergiehäuser.

Kind und Bad

Dass auch in diesen Bereichen nun Stillstand herrscht, passt nicht zu den vom Umweltminister vorgebrachten Argumenten. „Wir müssen jene Bereiche stärker fördern, die uns bei der CO2-Bilanz weiterhelfen“, hatte Lucien Lux in einem Tageblatt-Interview gesagt. In der Tat wirkt sich nach dem Berechnungsmodell von Kyoto der von den Photovoltaikanlagen erzeugte Strom nicht auf die luxemburgische CO2-Bilanz aus. Wenn aber wegen der Photovoltaik alle anderen Fördermaßnahmen eingestellt werden, bleiben Solarwärme und Energieeffizienz ebenfalls auf der Strecke. Die aber haben sehr wohl einen Impakt auf die CO2-Bilanz.

Die Förderung der Photovoltaik zu überdenken, sei richtig, findet auch der grüne Abgeordnete Henri Kox. „Ich finde es aber grundsätzlich legitim, dass Subventionen es ermöglichen, mit alternativen Energien Geld zu verdienen.“ Um die Energiewende herbeizuführen, müsse man die Gesetze des Marktes nutzen. Das Argument, die Förderung der Photovoltaik werde den Strompreis ins Unendliche treiben, lässt der Abgeordnete nicht gelten. Derzeit zahlen Privathaushalte auf jeder Kilowattstunde Strom einen Aufschlag von 0,69 Cent für alternative Energien. Davon kommen 0,59 Cent der – energieeffizienten – Kraft-Wärme-Koppelung und nicht den erneuerbaren Energien zugute. Würde der weitere Ausbau der Photovoltaik auf diese Weise finanziert, so wäre das auch nicht teurer. „Für den einzelnen Bürger macht das im Jahr so viel aus wie eine Pizza“, sagt Kox.

Trägt der Ausbau der Photovoltaik auch nichts zur CO2-Bilanz bei, so macht er doch Sinn aufgrund einer anderen internationalen Verpflichtung. Laut der Direktive über erneuerbare Energien muss Luxemburg 5,7 Prozent seines Stromverbrauchs bis 2010 aus nichtfossilen Quellen erzeugen. Dazu müsse man die Stromproduktion der Photovoltaikanlagen auf 80 Gigawattstunden steigern, hielt der Umweltminister kürzlich in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage fest. Derzeit wird die Produktion auf 15 Gigawattstunden geschätzt, es bräuchte also eine Verfünffachung binnen fünf Jahren. Um diese Steigerung zu erreichen, wird die Regierung nicht umhin kommen, die Photovoltaik auch in Zukunft großzügig zu fördern.


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