STAATSFINANZEN: Rauchen wir uns gesund

Um die unkontrolliert wachsenden Staatsausgaben in den Griff zu bekommen, setzt Schwarz-Rot auf die übliche Nischenstrategie. Mit nachhaltiger Steuerpolitik hat das nichts zu tun.

Gut gemeint, aber falsch gedacht: Um das anvisierte Defizit im Staatshaushalt 2005 auf die prognostizierten 88, 9 Millionen Euro herunterzufahren, greifen Budgetminister Frieden und Finanzminister Juncker zu einem fast schon verpönten Mittel: Steuererhöhungen. Keine Angst, es wird nicht an den historisch tiefen Steuersätzen für Betriebe oder EinkommensbezieherInnen geschraubt. Um dringend notwendige Maßnahmen im Bereich der Gesundheitspolitik und des Umweltschutzes zu finanzieren, wird der TVA-Satz auf Tabak und Benzin von 12 auf 15 Prozent erhöht – so jedenfalls erläuterte es Budgetminister Frieden am vergangenen Mittwoch bei der Vorstellung des Budgetentwurfs für 2005.

Finanzminister Juncker, der etwas später zur alljährlichen Budgetvorstellung dazu stieß, machte derweil den Druck seiner AmtskollegInnen aus der EU geltend, die anscheinend auf eine Aufhebung einer Luxemburger Sonderregelung aus dem Jahre 1991 drängen: Um Inflationsschübe bei der Harmonisierung EU-Mehrwertsteuersätze hatte sich der damalige Finanzminister (der auch schon Juncker hieß) einen „taux parking“ ausgedacht, also ein zeitlich begrenzter Zwischenstopp hin zum „normalen“ Satz von 15 Prozent, wie er gemeinhin für Konsumgüter gilt. Die Parkuhr ist längst abgelaufen, Pech allerdings für die Finanzspezialisten der schwarz-roten Regierung, dass sie die Benzinpreiserhöhung solange verzögert haben und sie gerade dann vornehmen müssen, wenn ohnehin fast täglich Ölpreis Steigerungen über den Ticker laufen, und der Benzinpreis sogar im autoverliebten Luxemburg anfängt weh zu tun. Da nutzt es Juncker auch nichts, wenn er Parlamentsschelte betreibt und das wenig flexible Gesetzgebungsverfahren kritisiert, das es ihm nicht erlaube die Steuererhöhung in einem günstigen Moment vorzunehmen.

Aber egal, ob die 40 Millionen Euro Mehreinahmen zur Budgetentlastung oder zur Einhaltung der EU-Spielregeln gedacht sind: Sie verstärken die Abhängigkeit von einer Finanzquelle, die es tendenziell abzuschaffen gilt. Gemeint ist natürlich der Tank- und Tabaktourismus.

Sollte der Budgetminister wirklich so sehr mittel- und langfristig denken, wie er es uns bei jeder Budgetvorstellung auf ein Neues verkündet, dann müsste er die kalkulierten Mehreinnahmen, die er sich von dieser halbherzigen Steuererhöhung verspricht, eigentlich als zeitlich begrenzte Sondermaßnahme verbuchen. Wohlgemerkt: Eine politisch durchdachte, kontinuierliche Erhöhung der Besteuerung des Benzins und des Tabaks soll nicht in Frage gestellt werden. Wer damit aber strukturelle Defizite im normalen Haushalt tilgen will, setzt sich selbst ein Bein.

Von dem oben erwähnten Kunstgriff einmal abgesehen, lieferte Frieden eher Fragen denn Antworten bezüglich der weiteren Entwicklung der Luxemburger Staatsfinanzen. Die Betriebsbesteuerung ist rückläufig – nicht wegen eines wirtschaftlichen Einbruches, sondern weil aufgrund europäischer Spielregeln immer mehr Betriebe kaum noch Steuern in Luxemburg zahlen. Die dennoch soliden Einnahmen bezieht der Staat verstärkt aus der Lohnsteuer und über die Mehrwertsteuer. Freilich wird ein erheblicher Teil des so eingenommen Geldes auch gleich wieder durch die staatlichen Beteiligungen an verschiedenen Sozialausgaben verschluckt. 2004 gab der Staat ungewollt 200 Millionen Euro mehr aus, als geplant, etwa genau soviel landeten zusätzlich auf der Einnahmeseite. Dieses gegenseitige Hochschaukeln wirkt sich derzeit zwar noch nicht direkt auf das Defizit aus, doch ließ es sich Frieden nicht nehmen, auf mögliche Probleme in der Zukunft hinzudeuten.

Die Angst, verstärkte soziale Verpflichtungen würden den Handlungsspielraum der Politik einschränken, ist sicher berechtigt. Doch statt reiner Austeritätspolitik, die immer auch einem Kahlschlag gleichkommt und somit auch sinnvolle Maßnahmen verhindert, sollte sich die Politik Mittel zur Hand geben, die sie selber besser steuern kann und auf langfristig nicht tragbare Nischenpolitiken verzichten.


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