KYOTO: Auto-Matismen

Über die Hälfte der in Luxemburg produzierten Treibhausgase stammen aus dem Verkehr. Das wird auch nach der Veröffentlichung des ersten Kyoto-Aktionsplans lange so bleiben.

Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Zwar räumte der Premierminister Luxemburgs Kyoto-Verpflichtungen einen relativ großen Platz während seiner Rede zur Lage der Nation ein, doch kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass Luxemburg in Sachen Klimaschutz nicht vorankommt. 12,8 Millionen Tonnen CO2 und andere Treibhausgase hat Luxemburg 2004 ausgestoßen, das war erstmals mehr als 1990, dem Kyoto-Referenzjahr. Das Einsparungsziel von 28 Prozent, das 2010 erreicht werden soll, ist in weite Ferne gerückt. Dabei hatte Luxemburg bereits 1998, als die damalige Arbed auf Elektrostahlwerke umgestellt hatte, mit 8,51 Millionen Tonnen das Ziel ohne viel eigenes Zutun erreicht.

Der ein Tag nach Junckers Rede vorgestellte „Erste Aktionsplan zur Reduzierung des CO2-Austoßes“ macht jedoch klar, dass einmal mehr Rhetorik, statt Handeln im Vordergrund steht. Es ist hinlänglich bekannt: Das Kyoto-Ziel wird vor allem wegen der schlechten Werte im Bereich Transport verfehlt. Hier hat sich der CO2-Ausstoß seit 1990 fast verdreifacht. Trotz allen technischen Fortschrittes wurde der Zug im wahrsten Sinne des Wortes verpasst.

Der Aktionsplan enthält eigentlich nur wenige direkt umsetzbare Maßnahmen: Zum einen wird der Benzinpreis ab Januar 2007 um den sagenhaften Betrag von 2 Cent – das ist nicht einmal ein alter Franken – erhöht. Zudem soll die Autosteuer entsprechend dem CO2- und Schadstoffausstoß der Autos gestaffelt werden. Aber nur für Autos, die nach 2001 erstmals immatrikuliert wurden. Aus den Jahren vorher gibt es keine Datenbasis, um den Ausstoß zu berechnen – auch drei Jahre nach dem Kyoto-Abkommen hatte sich immer noch niemand für sparsame Autos interessiert. Bei neueren Autos ist hingegen mindestens mit einer Verdopplung der jährlichen Steuer zu rechnen. Kleiner Nebeneffekt: Der Marktwert von vierradgetriebenen Boliden aus dem Jahr 2000 und davor wird schlagartig in die Höhe schnellen.

Der Rest des Aktionsplans beschränkt sich auf Ankündigungen: etwa dass bis 2020 weiter am Ziel „Modalsplitt 25/75“ festgehalten wird – nur wann es erreicht werden soll, steht nirgends. Kurzfristig wird Luxemburg seinen CO2-Ausstoß nicht in den Griff bekommen. Selbst der von der Regierung bestellte Experte Dieter Ewringmann spricht davon, dass so nur 20 Prozent des Einsparziels für 2010 erreicht werden. Weil zu wenig und zu spät reagiert wurde.

In anderen Bereichen wie Gebäudesanierung oder Alternativenergien sind die Vorhaben noch weniger konkret. Für Neubauten soll endlich eine strengere Abwärme-Norm verabschiedet werden, doch bei der Altbausanierung ist allenfalls von einer Harmonisierung bestehender Instrumente die Rede. Unter dem Motto: Eigentlich machen wir genug, aber die Leute sind zu blöd um herauszufinden wo es welche Subventionen gibt.

Dass mit diesem „Geplooschters“ das Ziel nie erreicht werden wird, weiß die Regierung und hat sich schon mal nach Ausgleichslösungen umgesehen. Selbst das Versprechen, das Kyoto-Ziel „vor allem“ mit Maßnahmen im eigenen Lande zu erreichen, gilt nicht mehr. Nirgendwo stehe verbindlich welche Eigenleistung ein Unterzeichnerstaat erbringen muss, so Lux. „Vor allem“ sind also nicht etwa 51 Prozent, es können auch nur 10, 20 oder 30 Prozent sein. Für den Rest wird sich freigekauft. Das umso mehr, als auf dem Emissionsmarkt der CO2- Tonnenpreis in den letzten Monaten gefallen ist.

Weltmarktpreise aber sind ein schlechter Gradmesser, denn sie steigen unverhofft in ungeahnte Höhen und alle Rechenmodelle werden zur Makulatur. Unsere auf billige Energie fixierten Wirtschaften wissen seit 30 Jahren ein Lied davon zu singen und haben es trotzdem immer noch nicht geschafft, sich von einer Illusion zu lösen.


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