KLIMAKONFERENZ AUF BALI: Falsche Prioritäten

Fortschritte gibt es bei den Bali-Verhandlungen in der Frage der Finanzierung der Anpassung an die Erderwärmung. Doch für die Verhinderung des Klimakipps fehlen die Mittel – und, bei den meisten Teilnehmern, der Mut.

Zuerst die gute Nachricht: Die internationale Staatengemeinschaft will Geld locker machen, um den vom Klimawandel am stärksten betroffenen Ländern zu helfen. Gewiss, Ziel der Klimaverhandlungen in Bali ist es, den Temperaturanstieg unter zwei Grad zu halten. Dennoch werden der Anstieg des Meeresspiegels oder die Desertifikation manche Regionen hart treffen – in der Regel in den Entwicklungsländern. Es wäre also nur gerecht, wenn die Kosten der Anpassung von den Industrieländern getragen würden – sie haben am meisten zum Klimawandel beigetragen.

Vorgesehen ist, den „Global Environment Facility“-Fonds aus einer Taxe auf den „Clean Development Mechanisms“ (CDM) zu speisen. Die CDMs, die es den Industrieländern ermöglichen, CO2-Einsparungen in Enwicklungsländern für die eigenen Klimaschutzverpflichtungen anzurechnen, sind allerdings höchst umstritten (siehe woxx Nr. 923). Auch ist unklar, ob über diesen Weg genügend Mittel zusammen kommen. Das hängt davon ab, ob die CDMs florieren, und vor allem davon, wie erfolgreich die Bestrebungen zur CO2-Minderung in den kommenden Jahrzehnten sind.

Hier gibt es weniger Positives zu berichten. Zwar hat der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel ein Zeichen gesetzt, indem er für 2020 eine unilaterale CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber 1990 ankündigte. Deutschland geht damit viel weiter als die EU, die 30 Prozent in Aussicht stellt, und auch das nur unter der Bedingung, dass andere Akteure mitziehen. Das tun sie aber nicht. Vor allem die USA scheinen weiterhin die Verhandlungen blockieren zu wollen. So ist zur Stunde noch unklar, ob sich im Bali-Schlussdokument wissenschaftlich begründete Zielvorgaben wie minus 25 bis 40 Prozent CO2 in den Industrieländern bis 2020 und minus 50 Prozent weltweit bis 2050 wiederfinden werden. Auch Lucien Lux‘ Rede war durchwachsen: Für das Großherzogtum kündigte er überhaupt keine verbindlichen Ziele für 2020 an, nur das – unerreichbare – Minus-28-Prozent-Ziel für 2012. Stattdessen machte er große Worte: Die Armut sei der große politische Misserfolg des 20ten Jahrhunderts, die Erderwärmung dürfe nicht jener des 21ten werden.

Doch beide Probleme gehören zusammen. Ein wachsender Wohlstand in den Entwicklungs- und Schwellenländern lässt sich nur dann klimaverträglich gestalten, wenn dabei moderne Technologie zum Einsatz kommt. Daher die Forderung jener Staaten, mit Unterstützung durch einen „Technology Transfer Fund“ einen kostengünstigen Zugang zu energieeffizienten Technologien zu erhalten. Dies ist umso dringlicher, als Investitionsentscheidungen für veraltete Anlagen wie Kohlekraftwerke den CO2-Ausstoß für Jahrzehnte belasten. Doch die Gegner dieser Idee führen an, dass ein verbilligter Zugang zu modernster Technik das Patentrecht aushöhlen würde. Ein Festhalten am kommerziellen Patentrecht dürfte allerdings mit dem Klimaschutz unvereinbar sein. Es ist eine Illusion zu glauben, man könne der Dritten Welt CO2-Reduktionsziele vorschreiben, und sich dann auch noch dumm und dämlich daran verdienen.


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