ERNEUERBARE ENERGIEN: Auf Regen folgt Sonne

Nach dem Schiffbruch der erneuerbaren Energien im Jahr 2005 konnte es nur noch besser werden. Dennoch gibt es Kritik an den Fördermaßnahmen, die ab 1. Januar gelten.

„Wenn sie nicht pünktlich da sind, dann muss Minister Lux zurücktreten“, sagt der grüne Abgeordnete Henri Kox mit einem hämischen Unterton in der Stimme. Mit „sie“ meint er natürlich die Règlements grands-ducaux zur Förderung der erneuerbaren Energien. Der Umweltminister hatte bei einem Streitgespräch in der Revue vor zwei Jahren dem Abgeordneten versichert, er trete zurück, wenn die Neufassung der am 31. Januar 2007 auslaufenden Förderreglemente nicht rechtzeitig fertig sei.

Doch auf der Internet-Seite des Ministeriums steht noch das alte Formular online, und die neuen Fördermaßnahmen gibt es nur in Form eines „Projet de règlement grand-ducal du xxxx“. Allzu streng in diesem Punkt gibt sich Kox im Gespräch mit der woxx nicht: „Es kommt nicht auf eine Woche an.“ Der Abgeordnete weiß, dass die Règlements sich auf dem legislativen Weg im „Endspurt“ befinden und bald in Kraft treten.

Dass BefürworterInnen der erneuerbaren Energien (EE) das Gebaren der Regierung in Sachen Überarbeitung der Règlements mit misstrauischem Blick verfolgen, hat einen guten Grund. Ende 2004 hatte Lucien Lux gemeinsam mit dem ebenfalls zuständigen Wirtschaftsminister Jeannot Krecké dem gesamten EE-Sektor einen gewaltigen Tritt in den Hintern verpasst. Angesichts des Booms, den die von Lux‘ Vorgänger Charles Goerens beschlossene Förderung hervorgebracht hatte, ließen die beiden Minister die Subventionsregelung auslaufen, ohne für Ersatz zu sorgen. Zu teuer und zu uneffektiv, so lautete die Begründung.

Der Fehltritt

Das war nicht falsch: Vor allem mit der Photovoltaik ließ sich aufgrund der großzügigen Bezuschussung richtig Geld verdienen. Doch die Minister schossen über das Ziel hinaus. Statt die Förderregelung anzupassen, schafften sie sie einfach ab. Lux rechnete in einem Interview vor, die Photovoltaik koste 40 Millionen im Jahr und bringe nur 0,25 Prozent der nationalen Stromerzeugung. Am 1. Januar 2005 war völlig unklar, wann und zu welchen Bedingungen die EE-Förderung fortgesetzt würde. Die Folge: Nicht nur der Boom der Photovoltaik wurde abgewürgt, auch andere EE-Stromquellen und sogar die hocheffektiven thermischen Solaranlagen wurden unwirtschaftlich, und über hundert Arbeitsplätze im Sektor gingen verloren. Mit über einem halben Jahr Verspätung kamen dann neue Règlements grands-ducaux. Der Schaden ließ sich auch durch eine Rückwirkungs-Klausel nicht mehr gut machen, umso weniger als die Förderung nicht besonders attraktiv ausfiel.

Mittlerweile hat sich das Verhältnis zwischen den beiden Ministern und den EE-BefürworterInnen wieder entspannt. Anders als vor drei Jahren gab es diesmal keine abfälligen Bemerkungen über Photovoltaik, und die künftigen Modalitäten der Förderung basieren auf einer bereits vor zehn Monaten vorgelegten Studie. Der Dialog bei der Ausarbeitung der Règlements hätte aber besser laufen können, meint Henri Kox, ebenfalls Präsident der EE-Interessenvertretung Eurosolar: „Die Minister haben sich unsere Forderungen und Berechnungen angehört, aber ihre eigenen Rechenmodelle nicht offen gelegt.“

Kompromisse

Auf Regierungsseite sieht man das anders. Man verweist auf mehrere Seminare und Workshops, deren Ergebnisse aufgegriffen wurden. Hinzu kommt, dass die Gesetzestexte abgeschlossen werden mussten, um sie beizeiten dem Staatsrat vorzulegen. So drängte der Mouvement écologique zum Beispiel in einem Brief von November an die Minister auf Nachbesserungen wie einen Güllebonus, setzte sich aber zugleich für eine schnelle Unsetzung ein: „Somit sind wohl keine fundamentaleren Abänderungen an den vorliegenden Reglementsentwürfen mehr möglich.?

Ungenügend gefördert werden in den Augen des Mouvement unter anderem die kleinen Photovoltaikanlagen auf Privathäusern. Henri Kox bestätigt: „Zu den jetzigen Bedingungen werden die Handwerker Schwierigkeiten haben, Kleinanlagen an den Mann zu bringen.“ Immerhin besteht jetzt eine 15-jährige Garantie für die Einspeisevergütung, also für den erhöhten Preis, zu dem die Cegedel den Anlagenbetreibern ihren Solarstrom abkauft. Besonders Wirtschaftsminis-ter Krecké hatte sich in der Vergangenheit gegen lange Laufzeiten gesträubt ? sein Einlenken ist ein klarer Erfolg für die EE-Lobby.

Hauptkritikpunkt ist weder für die Grünen noch für den Mouvement die Höhe der Unterstützung. Problematisiert werden vor allem die Modalitäten. Es sei „widersinnig, dass nunmehr die Gewichtung auf die Direktsubventionen gelegt wird und nicht auf die Produktion von Energie?, schreibt die NGO im oben erwähnten Brief. Befürchtet wird, dass angesichts der großzügigen Investitionszuschüsse von 30 oder gar 50 Prozent die Leute überdimensionierte Anlagen errichten. Ein höherer Einspeisetarif dagegen würde bewirken, dass knapper kalkuliert und die Anlage optimal unterhalten und genutzt wird, so der Mouvement. Kox sieht darin die „Handschrift Kreckés“, der den Strompreis nicht belasten wolle.

In der Tat ist für die Investitionszuschüsse Lux zuständig, für die Einspeisetarife dagegen Krecké. Erstere werden aus dem Staatsbudget bestritten, letztere dagegen über einen Kompensationsfonds finanziert. Der Fonds wiederum legt die zusätzlichen Kos-ten für den eingespeisten Ökostrom auf sämtliche Stromverbraucher um, was derzeit für Haushaltskunden 0,7 Cent pro Kilowattstunde ausmacht.

Spatz oder Taube?

Die Règlements seien von den beiden Ministerien in enger Zusammenarbeit ausgearbeitet worden, unterstreicht Tom Eischen, der zuständige Commissaire de gouvernement im Wirtschaftsministerium, gegenüber der woxx. „Ein substanzieller Zuschuss ist für den, der investieren will, attraktiv. Dieses Geld hat er sicher, dagegen ist der Ertrag über 15 Jahre hinweg mit gewissen Risiken verbunden.“ Man habe mit Hilfe ausländischer Experten das Verhältnis zwischen Anschubfinanzierung und Einspeisetarif optimiert, so Eischen. Dabei habe man auch berücksichtigt, dass die Einspeisetarife durch die Stromverbraucher finanziert werden. Der Staat müsse, wenn er die erneuerbaren Energien fördern wolle, seinen Teil in Form der Investitionszuschüsse leisten.

Keine Riesenpizza

Henri Kox will das Argument der Kosten der EE-Einspeisung nicht gelten lassen. Zum einen diene der Kompensationsfonds zu drei Vierteln dazu, die Einspeisetarife für industrielle Kogeneration abzudecken – eine durchaus sinnvolle Form der Stromerzeugung, die aber auf Öl oder Gas zurückgreift. Zum anderen koste der Fonds, so rechnet Kox vor, „jährlich eine Pizza pro Nase“. Die könne sich ja wohl jeder leisten.

Was den Haushaltskunden zuzumuten ist, könnte aber für gewerbliche Kunden empfindlich teuer werden. Großabnehmer Arcelor-Mittal zum Beispiel müsste sich jährlich eine Pizza mit einer Fläche von schätzungsweise 50 Ar leisten. Deshalb wurden die Beiträge zum Fonds gestaffelt: Ab einem Jahresverbrauch von 25 Megawattstunden zahlt man nur 0,27 Cent pro Kilowattstunde, unter gewissen Bedingungen sogar nur noch 0,075 Cent. Die sich daraus ergebende reale Belastung von Firmen wie Arcelor-Mittal bezeichnet Kox als „homöopathisch“. Insofern seien die höheren Einspeisetarife, die er fordert, finanztechnisch unproblematisch. „Wenn man parallel dazu die Investitionshilfen senkt, kann man das gesparte Geld zur Entlastung der gewerblichen Kunden nutzen“, so der Abgeordnete. Angesichts des vorgesehenen Förderschemas bezweifle er dagegen, dass Luxemburg 2010 die 5,7-Prozent-Marke erreiche.

Das Ziel, in zwei Jahren diesen Anteil am nationalen Stromverbrauch aus EE-Quellen zu erzeugen, geht auf eine EU-Direktive aus dem Jahr 2001 zurück. „Ob wir auf 5,7 kommen, hängt nicht nur von den Fördermaßnahmen ab.“ Tom Eischen verweist auf viele andere Faktoren, von Lieferschwierigkeiten bei Solarpanelen über Einsprüche gegen Windparks bis hin zur Psychologie des Marktes. Außerdem handle es sich um einen bestimmten Prozentsatz des Gesamtkonsums. Der aber könne je nach Wirtschaftslage stark schwanken, denn gut die Hälfte des Stroms wird von der Industrie verbraucht. Der Conseiller de gouvernement unterstreicht, dass die Vorgabe der Direktive nicht bindend ist – Luxemburg hat also keine Konsequenzen zu befürchten, wenn das Ziel verfehlt wird. Eischen versichert aber: „Wir haben den wirtschaftlichen Rahmen so gesetzt, dass das Ziel erreicht werden kann.“


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