BOMBENLEGER: Wahrheitsfindung

Der Amnesie, unter der in Sachen Bombenleger so mancher leidet, ist vielleicht durch die Perspektive einer Straffreiheit abzuhelfen.

Zumindest in einem Punkt scheinen sich sämtliche im Parlament vertretenen Parteien einig zu sein: Es gibt derzeit keine Staatsaffäre „Bommeleeër“. Doch was wie ein politischer Konsens aussieht, ist eigentlich nur ein taktisches Abwarten: Spätestens wenn die Justiz ihre Arbeit an diesem Dossier abgeschlossen hat, soll die politische Vergangenheitsbewältigung anlaufen. Dann soll sich herausstellen, ob es möglicherweise bereits eine Staatsaffäre gegeben hat, ohne dass diese als solche erkannt worden wäre. Oder ob sich noch eine entwickelt. Nämlich dann, wenn nicht die nötigen politischen Konsequenzen gezogen werden.

Ob allerdings dieses strikte Festhalten an der immer wieder ins Spiel gebrachten Trennung der Gewalten der Demokratie am Ende eher nutzt oder schadet, wird wohl erst die Zukunft zeigen. Zumal diese Trennung ja nicht den Vorrang einer Gewalt über die andere impliziert.

Der mehr oder weniger offene Schlagabtausch zwischen verschiedenen Teilen der Sicherheitsorgane, den damaligen politischen Verantwortungsträgern und heutigen Untersuchungskommissionen und -beamten macht jedenfalls deutlich: Es gibt genug Leute, denen an einer lückenlosen Aufklärung der Bommeleeër-Affäre wenig gelegen zu sein scheint.

Die juristische Aufarbeitung der Geschehnisse aus den 80er-Jahren hat den Nachteil, dass es vor allem darum geht, bestimmten Personen strafbare Handlungen einwandfrei nachzuweisen. Und weil auch in Strafprozessen die Regel gilt, wonach Angriff die beste Verteidigung ist, muss es nicht verwundern, dass vermehrt der Name eines inzwischen verstorbenen Polizeibeamten ins Spiel gebracht wird: Gegen Tote werden nun einmal keine Prozesse geführt.

Deshalb sei uns an dieser Stelle die pessimistische Voraussage gestattet, dass die „Wahrheit und nichts als die Wahrheit“ in diesem Falle ein frommer Wunsch bleiben wird.

Sollte diese zugegebenermaßen defätistische Analyse von den richterlichen Untersuchungsorganen geteilt werden, dann wäre zu wünschen, dass sie möglichst bald ihr Scheitern erkennen. Dass der Beamte X oder Y nach mehr als 20 Jahren wegen eines nachgewiesenen Vergehens tatsächlich verurteilt wird, wäre zwar wünschenswert. Doch könnte die Perspektive, nicht mehr belangt zu werden, bei X und/oder Y womöglich die eine oder andere Gedächtnislücke auffrischen. Außerdem könnte das Zusammenführen der einzelnen Aktenbestände, was zur Zeit durch das laufende Verfahren ja unmöglich gemacht wird, es erlauben, Teile des Bommeleeër-Puzzles zusammenzuführen und einzelne Fakten abzugleichen.

Vielleicht brauchen wir eine Art „Wahrheitskommission“, die alles nötige unternimmt um zu erfahren, was da in den Achtzigern alles abgelaufen ist, ohne Einzelpersonen mit ihrer Aburteilung zu drohen. Das mag aus juristischer Sicht unzulänglich sein. Aber Wahrheitsfindung und Perfektionismus scheinen sich in dieser Affäre gegenseitig auszuschließen.


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