MONARCHIE: Wer braucht den Adel?

Mehr Transparenz bitte. Die rezenten Diskussionen um Gréngewald und Familienjuwelen haben die Diskussion um die Kommunikationspolitik des Hofes neu entfacht. Aber grundsätzlichere Fragen mag niemand stellen.

„Untertanen produzieren Verschiedenes, unter anderem Tyrannen.“ Das Brecht-Zitat ließe sich leicht angepasst auch auf die Luxemburger Situation anwenden: Ein monarchistisch veranlagtes Volk (re)produziert sich seine Monarchie. Was sich in den letzten Wochen in den Luxemburger Medien abspielte, ist bezeichnend für das Verhältnis der Luxemburger Öffentlichkeit zur Monarchie. Jeder weiß, dass der Kaiser nackt ist, aber man man ist „not amused“, wenn er selbst seine Blöße offenbart. Genüsslich werden die Feierkrop-Investigationen über den Hof aufgesogen, gerne greift man zu Neuer Post und Point de Vue, um den jüngsten Klatsch über das Herrscherhaus zu Gemüt zu führen. Aber wehe, der Staatschef und seine Entourage missachten die Etikette.

Die Untertanen, so die unvermeidliche Ilres-Umfrage, fühlen sich von ihrem Herrscherhaus finanziell geschröpft – seit 150 Jahren ein Dauerbrenner in der Beziehung zwischen Volk und Fürst. Aber die LuxemburgerInnen wollen auf den kostspieligen Luxus, den eine Monarchie bedeutet, auch nicht verzichten – im Gegenteil. Sie wollen ein perfekteres, effizienteres Modell. Und sie wollen Sitte und Anstand. Keine Leute, die ungeliebte Erbstücke verkaufen – obwohl sie es eigentlich selbst genauso tun würden. Oder die mehr schlecht als recht mit unehelicher Nachkommenschaft klarkommen – wie sie selbst wohl auch. Eher kindisch wirkt es dabei, dass gerade solche Interna die Öffentlichkeit in Wallung bringen. Kein Hahn krähte danach, als sich Großherzog Henri anlässlich der Volksbefragung vor einem Jahr klar zur europäischen Verfassung bekannte, und damit eindeutig eine politische Position bezog. Die seit Adelheids Abdankung eingehaltene politische Abstinenz des Herrscherhauses war damit definitiv durchbrochen.

Es ist wahr, die LuxemburgerInnen haben sich ihre Monarchie selbst gewählt. Seit dem Referendum von 1919, der einzigen Gelegenheit, bei der sie über die Staatsform Luxemburgs entscheiden konnten, ist allerdings bald ein Jahrhundert vergangen. Man könnte annehmen, nach den „Affären“ der letzten Monate würden auch prinzipiellere Fragen als die nach dem Ansehen Luxemburgs das Volk beschäftigen. Aber alle reden nur von Kommunikation und Transparenz. Der sozialistische Abgeordnete Alex Bodry beklagt die „dysfonctionnements dans la communication et un manque de doigté“ und die Grünen wollen „toutes sortes de spéculations ou insinuations par rapport à la fonction de chef de l’Etat“ vermeiden. Einzig die politischen Jugendorganisationen JDL und JSL werfen zumindest zaghaft die Frage nach Rolle und Sinn der Monarchie im Luxemburg des 21. Jahrhunderts auf. Schade, dass der „Jeudi“ in seiner Umfrage nicht solche fundamentaleren Fragen gestellt hat – oder veröffentlicht.

Es ist sicherlich eine Tatsache, dass das Luxemburger Herrscherhaus in Sachen Kommunikationspolitik Nachholbedarf hat: Von der eigenen Homepage bis zu einem durchsichtigeren Budget kann es in dieser Hinsicht bei anderen europäischen Adelshäusern lernen. Aber ist damit die Sache vom Tisch? Fernand Fehlen spricht von einer „relation d’enchantement“ zwischen Volk und Herrscher. Doch die Lust am Trivialen oder das Bedürfnis nach intakten Vorbildern sind schlecht vereinbar mit politischer Mündigkeit. Erwachsene Menschen des 21. Jahrhunderts müssten doch eigentlich ein sachlicheres und kritischeres Verhältnis zum Staatssystem und seinen RepräsentantInnen pflegen. Und bemüht sein, Säkularisierung und Demokratisierung der Luxemburger Gesellschaft weiter zu treiben.


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