PRESSEGESETZ: Holprige Reform

Einstimmig verabschiedete am Mittwoch das Parlament eine Pressegesetzreform, die eigentlich niemanden so richtig zufrieden stellt.

Sie hat das Format einer normalen Kreditkarte und scheint ähnlich begehrenswert: Gut 420 Personen sind derzeit im Besitz einer vom Luxemburger Presserat ausgestellten Pressekarte, die die TrägerInnen als „anerkannten Berufsjournalisten“ ausweist.

Seit der Reform des Pressegesetzes im Jahre 2004 – damals in „Gesetz über die Freiheit der Meinungsäußerung in den Medien“ umgetauft – hat der Wunsch nach Erhalt einer solchen Pressekarte merklich zugenommen. Da das neue Pressegesetz die mit der journalistischen Tätigkeit verbundenen Freiheiten sehr breit ansetzte und sich auch nicht auf die tagtäglich im Beruf stehenden JournalistInnen beschränkte, nahmen viele an, ein Anspruch auf die Pressekarte entstehe bei jeder noch so geringfügigen journalistischen Tätigkeit.

In dem Gesetz von 2004 sind die Voraussetzungen für den Erhalt einer Pressekarte nur sehr vage formuliert ? kein Wunder, dass es schnell zu Konflikten kam, die in einigen Fällen sogar bis vor das Verwaltungsgericht führten. Die Karte soll im Prinzip bekommen, wer entweder als Angestellter eines Mediums journalistisch tätig ist, oder wer eine solche Tätigkeit regelmäßig ausübt und mit ihr ein „substantielles“ Einkommen erzielt. Darüber hinaus darf die betreffende Person nicht in irgendeiner Form Werbung betreiben. Journalistische Tätigkeit wurde als jene Arbeit definiert, die im Zusammenstellen, Analysieren, Kommentieren und redaktionellen Bearbeiten von Informationen besteht und im Auftrag eines Herausgebers geleistet wird. Die mit dem Ausstellen der Presskarten betraute Kommission des Presserates sah sich ob solcher allgemeiner Formulierungen mit einer immer diffuser werdenden Grauzone konfrontiert: Wer gilt als Herausgeber? Was ist ein „substantielles“ Einkommen? Wo fängt die Werbung an?

Als wenig hilfreich erwies sich der Blick über die Landesgrenzen. So ist es in Deutschland nicht unüblich, dass sich bekannte JournalistInnen gegen Bares etwa als Actimel-Anhänger oder Bon-Aqua-Adepten outen. Ein striktes Werbeverbot – wie es etwa die Franzosen kennen – soll hingegen die Unabhängigkeit der JournalistInnen stärken. Ähnliches gilt auch für „Publireportages“, also journalistisch gehaltene Beiträge, die mit dem Segen (und dem Honorar) eines kommerziellen Auftraggebers abgefasst werden. Der vom Luxemburger Presserat verabschiedete Dentologiekodex orientiert sich hier eindeutig am strengeren französischen Vorbild.

Statt – wie in einer Parlamentsmotion vorgesehen – das gesamte Gesetz nach vier Jahren kritisch zu durchleuchten, beschränkten sich jetzt die Akteure – das Kommunikations-Ministerium, die parlamentarische Kommissionsmehrheit und das Büro des Presserates – auf einige punktuelle Änderungen, die in erster Linie das Pressekarten-Problem betreffen.

Dieses Vorgehen war nicht nach dem Gusto des Staatsrates, der in wesentlichen Punkten seine „opposition formelle“ ankündigte, sollte die weitgehende Öffnung des Gesetzes von 2004 rückgängig gemacht werden. Herausgekommen ist nun ein Kompromiss, der die Einführung der Kategorie eines „journaliste-professionnel“ vorsieht. Die Bedingungen zum Erhalt der jetzt im Gesetz mit dem Zusatz „professionell“ versehenen Pressekarte werden verschärft. Nunmehr muss der Hauptanteil des Einkommens durch journalistische Arbeit erwirtschaftet werden – bloße „substantielle“ Einkünfte reichen nicht aus. Doch wurde auch festgehalten, dass es durchaus auch dem Gesetz entsprechende professionelle Journalisten geben kann, die nicht im Besitz einer entsprechenden Karte sind.

Am sichtbarsten wird diese Herabstufung des Presserates am Gesetz zur Vergabe der Pressehilfe: Die wurde bislang nur Organen zugesprochen, deren Redaktion aus wenigstens fünf vom Presserat anerkannten JournalistInnen bestand. Jetzt müssen es zwar weiterhin fünf professionelle JournalistInnen sein, aber der Zusammenhang mit dem Presserat wurde beseitigt.

Ob das neu formulierte Gesetz, das mehrfach zwischen Parlament und Staatsrat hin und her gereicht wurde, die angestrebte größere Rechtssicherheit bringen wird, muss die Praxis zeigen. Immerhin: Das neue Gesetz verleiht dem Presserat das Recht, als Zivilperson vor Gericht aufzutreten und die Interessen der Zunft auch gerichtlich zu verteidigen – eine Disposition, die man 2004 glattweg vergessen hatte.


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