ADEM-REFORM: Neuer Anstrich

Arbeitsminister Schmit stellte vergangene Woche die Umstrukturierung des Arbeitsamtes in vier Bereichen vor. Der Zweck ist klar: Das Image der Adem soll aufpoliert werden.

„Adem“ ist der Name eines kauzigen Bonner Kneipenwirts und auch die Abkürzung für die Anhänger elektronischer Musik oder der Name einer entzündlich-demyelinisierenden Erkrankung des zentralen Nervensystems. In Luxemburg ist es als Kurzwort für die Behörde zur Verwaltung Arbeitssuchender bekannt: das Arbeitsamt. Gerade dieser Behörde obliegt die Verwaltung einer zentralen Störung der gesellschaftlichen Ordnung ? zumindest wenn man sich den Diskurs des kapitalistischen Systems zu eigen macht, nach dem ein jeder zu funktionieren habe wie ein Rädchen im Getriebe. Nun gibt sich die Adem, ursprünglich „Administration de l’emploi“, einen frischen Anstrich und wirbt mit neuem Selbstverständnis, das sich auch in der Namensänderung zu „Agence pour le développement de l’emploi“ widerspiegeln soll. Fortan will sie nicht mehr die verstaubte Institution sein, in der Arbeitslose verwaltet und vermittelt werden, sondern „Kunden“, an ihren Bedürfnissen orientiert, als fachkundiger Dienstleister beraten. Nun könnte man sagen, so klingt es eben, wenn Werbeagenturen einen Relaunch platzieren und es modern zugehen soll. Doch Sprache ist nicht bedeutungslos. Lag es früher in der Verantwortung der staatlichen Behörde, des „sozialen Staates“, die Menschen wieder „in Arbeit“ zu bringen, so ist es heute die „Verantwortung“ des Arbeitslosen, sich marktgerecht anzubieten, ausbilden und beraten zu lassen. Vermarkte dich selbst, biete Alleinstellungsmerkmale, gewinne den „Pitch“!

„Agentur für Arbeit“ heißt das deutsche Pendant seit den „Arbeitsmarktreformen“ vor einigen Jahren nicht zufällig. Am deutschem Vorbild orientiert sich offenbar auch die Auslagerung der Adem; die Umwandlung in ein „établissement public“, wie sie bereits Schmits Vorgänger Biltgen anvisiert hatte, war, neben einer Umstrukturierung, lange im Gespräch. Nun entschied sich der Arbeitsminister gegen eine Änderung der Rechtsform, für eine umfassende Neustrukturierung. Die Adem soll so auf die neuen Gegebenheiten in Zeiten wirtschaftlicher Instabilität abgestimmt werden. Mit 5,5% verzeichnet Luxemburg derzeit zwar in der EU noch immer eine vergleichsweise niedrige Arbeitslosenquote, doch haben es gerade Jugendliche im Großherzogtum schwer Arbeit zu finden: auf vier Arbeitende kommt ein Arbeitsloser. Bislang, so Arbeitsminister Schmit anlässlich der Vorstellung seiner Reform, habe bisweilen der Eindruck entstehen können, die Adem verwalte nur die Arbeitslosigkeit. „Umfassende Umstrukturierung? lautet nun seine Zauberformel. Auf personeller Ebene bedeutet dies die Neueinstellung von 40 MitarbeiterInnen, auf infrastruktureller Ebene den Ausbau und die Eröffnung bis zum Herbst von neuen Zweigstellen oder, wie sie das Tageblatt bereits im internalisierten Marketing-Jargon nennt, „Filialen“, in Differdingen, Düdelingen und Wasserbillig. Zum neuen Anstrich gehört aber vor allem eine ganz und gar neue Art des Umgangs mit KundInnen und MitarbeiterInnen. Beispielsweise sollen die bei der Adem eingeschriebenen Arbeitssuchenden sich nur noch einmal im Monat bei der Behörde vorstellen müssen, und immer dann, wenn es eine neue Entwicklung gibt. Die „placeurs“ sollen nun „conseillers professionels“ heißen, eine Vorladung, ursprünglich „assignation“, ist zukünftig eine „proposition d’emploi“, wird also zum Arbeitsangebot. Die Arbeitssuchenden werden nicht mehr zum Gespräch vor-, sondern höflich eingeladen. Ein menschenwürdiger Ton soll Einkehr halten, weg mit dem entwürdigenden Vokabular, auf zu einem respektvollen Miteinander!

Indes dürfte der Putz in den nächsten Jahren bröckeln. Dann nämlich, wenn auch die Betreuung arbeitslos gewordener Grenzgänger in die Zuständigkeit der Adem als der zentralen Arbeitsmanagement-Vermittlungsbehörde fällt. Die Zahl der Grenzgänger hat sich in den vergangenen Jahren mehr als verfünffacht. Mit der Verwaltung ihres arbeitslos gewordenen Anteils dürfte sich die Infrastruktur der Agentur erneut als zu klein, das Budget als zu gering, der Mitarbeiterstab als zu knapp bemessen herausstellen. Dann wird Arbeitslosigkeit wohl wieder verwaltet werden ? zumindest im respektvollen Miteinander.


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