KIRCHBERG-FONDS: Schwarze Schatten

Seit Jahren ist die mangelnde Transparenz hinsichtlich des Kirchbergfonds bekannt, doch eine Besserung zeichnet sich nicht ab. Der christsoziale Fraktionschef setzt auf Aussitzen statt nachhaltiger politischer Veränderung. Feiert der CSV-Staat ein Comeback?

Angriff sei die beste Verteidigung. Getreu diesem Sprichwort hat Lucien Weiler, CSV-Fraktionschef, am vergangenen Freitag zum Halali auf seinen grünen Widersacher, François Bausch, geblasen. Seine Attacke droht nicht nur ins Leere zu zielen. Nicht einmal in seiner eigenen Partei weiß kaum jemand, was es hier eigentlich noch zu verteidigen gibt.

Als die CSV zur Pressekonferenz einlud und versprach, ihre „vues et positions concernant la gestion du Fonds d’urbanisation et d’aménagement du plateau du Kirchberg“ vorzutragen, durften wir gespannt sein auf die konkreten Vorschläge, der langjährigen Regierungspartei zur Lösung eines grundsätzlichen Malaise im Staate Luxemburg. Die Vokabel „Malaise“ stammt übrigens vom ehemaligen DP-Fraktionschef und jetzigen Regierungsmitglied, Henri Grethen, der schon vor zehn Jahren die CSV-LSAP Regierung in Sachen Kirchbergfonds interpelliert hatte.

Doch was der sichtlich aufgeregte Weiler während seiner Pressekonferenz der versammelten JournalistInnenschar dann auftischte war ein inhaltlich wackeliger und taktisch fragwürdiger Versuch, einem politischen Gegner Skandalmache und Amtsmissbrauch vorzuwerfen. Zur eigentlichen Frage, wie in Zukunft mit dem Problem Kirchbergamenagierung zu verfahren sei, sagten er und seine wortkargen Fraktionskollegen nichts.

Kontrolle statt Abschottung

Entsprechend einem fraktionsübergreifenden Konsens hatte Ende 2002 die Budgetkontroll-Kommission beschlossen, gleichermaßen Mehrheits- und Oppositionsabgeordnete an der Auswertung des 2000er Berichtes des Rechnungshofes über die „Etablissements publics“ zu beteiligen. Darunter fallen auch der „Fonds d’urbanisation et d’aménagement du Kirchberg“ (FUAK) sowie der „Fonds de rénovation de la Vieille Ville“, die der grüne Fränz Bausch im einstimmigen Auftrag der Kommission unter die Lupe nehmen sollte.

Als erstes Ergebnis seiner Untersuchungen hatte Fränz Bausch Anfang Mai seinen KommissionskollegInnen wie vereinbart eine kommentierte „note“ zukommen lassen, die die Diskussionen um einen späteren Abschlussbericht einleiten sollte. In diesem Papier werden zum einen die wichtigsten Bemerkungen der „cour des comptes“ zu den beiden besprochenen Fonds dokumentiert, es werden aber auch die Stellungnahmen des Vorsitzenden beider Gremien und administrateur-général im Bautenministerium, Fernand Pesch, zu einer Reihe von Vorwürfen aufgeführt. Anders als Weiler es suggerierte, hält sich die „note“ im Tonfall sehr zurück und hütet sich auch einer Vorverurteilung der Person Fernand Peschs Vorschub zu leisten.

Fränz Bausch hat neben einigen prozeduralen Entgleisungen im Gebaren des Fonds vor allem die auf Fernand Pesch zutreffende extreme Ämterhäufung in Frage gestellt. Das ist weder neu, noch dürfte es den fleißigen Beamten in eine Depression versetzt haben. Er pflegt selber einen eher hemdsärmeligen Umgangston und hat sich auch nicht gescheut dem Berichterstatter seine Meinung zu sagen. „Männi pass op wat’s de mechs“, meinte er an die Adresse Bauschs, der die Drohung allerdings sichtbar locker nahm.

Was Weiler wohl am meisten in Rage gebracht haben dürfte, ist die Berichterstattung über Bauschs Schlussfolgerungen in der eigenen „presse amie“. Sowohl das Luxemburger Wort („Nebel über dem Kirchberg-Plateau“) als auch der Télécran („Die Fonds im Visier“) hatten dem grünen Politiker breiten Raum für seine Sicht der Dinge gelassen. Weiler, der die genannten Artikel mehrfach zitierte, sieht hier einen Amtsmissbrauch des Berichterstatters, der nach außen die Meinung habe aufkommen lassen, die gesamte Kommission teile seine Ansichten. Tatsächlich gehen sowohl Bausch als auch die betreffenden Journalisten sehr viel weiter in ihrer Fragestellung, als die inkriminierte „note“, die ja in einen konsensfähigen Bericht überleiten soll. Allerdings stehen sie mit ihrer Sicht der Dinge nicht allein: Unzählige parlamentarische Anfragen, Interpellationen und sogar ein Gesetzesvorschlag, hatten in den letzten 15 Jahren das schlechte Funktionieren des Kirchbergfonds zum Thema, wobei die heftigsten Vorwürfe aus den Reihen des jetzigen Koalitionspartners der CSV gestammt haben dürften. Die DP hatte seinerzeit eine Auflösung des Fonds und eine entsprechende Entmachtung seines Präsidenten verlangt.

Machtentzugserscheinungen

Den Vorwurf eher den Mann als den Ball gespielt zu haben, wie Weiler sich ausdrückte, konnte Fränz Bausch genüsslich zurückweisen: Für die Aussage, seine Kampagne gegen Fernand Pesch käme einem Rufmord gleich, verlangt der Grünenchef jetzt sogar eine persönliche Entschuldigung.

Vieles spricht nämlich dafür, dass die Kommission den Bedenken Bauschs mehrheitlich zustimmen wird. Weilers Art und Weise, die parlamentarische Minderheit mit seinen Brüskierungen in die Schranken zu verweisen, dürfte beim Koalitionspartner (und in den eigenen Reihen) auf einigen Widerstand stoßen. Kein geringerer als Staatsminister Jean-Claude Juncker hat mehrfach die Arbeit der OppositionspolitikerInnen in Sachen Budgetkontrolle gelobt und das seit dem letzten Koalitionswechsel geltende Prinzip, die Budgetkontrollkommission von einem Oppositionspolitiker präsidieren zu lassen, mit aus der Taufe gehoben.

Vielleicht rührt Weilers Frust ja auch daher, weil er merkt, dass er seine Macht, den Staat in seiner Amtsführung zu kontrollieren, mehr als bisher mit der Opposition teilen muss. BerichterstatterInnen aus der Opposition haben wenig Interesse daran, große Geheimhaltung zu üben. Mehrheitsabgeordnete müssen hingegen mit dem Druck, den ihre ParteikollegInnen in den Regierungsämtern auf sie ausüben, leben.

Weiler hat mehrfach angedeutet, dass er den Missbrauch, den Fränz Bausch in seinen Augen begangen hat, zum Anlass nehmen will, die jetzt geltenden Spielregeln zu revidieren. Sollte es ihm gelingen, wäre das Comeback des CSV-Staates nur eine Frage der Zeit. BeamtInnen wären dann wieder nur ihren jeweiligen MinisterInnen hörig, die parlamentarische Kontrolle unterläge wie gehabt dem Wohlwollen des Vorsitzenden der stärksten Regierungsfraktion und die heißt bis auf Weiteres CSV.

Richard Graf


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