DOPING: Kleinerer Abstand

Luxemburg passt sich dem weltweiten Anti-Doping-Code an, einem internationalen Regelwerk zur Bekämpfung des Dopings. Derweil gibt es immer wieder neue Mittelchen für Sportler, um schneller, stärker und besser zu werden.

Huch, Dopingkontrolle!

Der Doping-Verdacht fährt mit, wenn Lance Armstrong bei der Tour de France dem gelben Trikot hinterher jagt. Der fünffache Tour-Sieger weist die Vorwürfe des britischen Journalisten David Walsh kategorisch zurück. Dieser behauptet in seinem zwei Wochen vor Tour-Beginn erschienenen Buch „L. A. Confidential“, Armstrong habe gedopt. Als Zeugen hat Walsh unter anderem einen ehemaligen Teamkollegen des Texaners und einen Mannschaftsarzt aufgefahren.

Gedopt werde in jeder Sportart, sagen Experten. Dass der Radsport dabei besonders in Verruf geraten ist, ist vor allem dem Skandal um den Radrennstall Festina bei der Tour de France 1998 zu verdanken. Der Festina-Betreuer Willy Voet war damals vor dem Start mit dem Blutdoping-Mittel Erythropoetin (EPO), Wachstumshormonen und Anabolika erwischt worden. Es folgten Polizei-Razzien, die Festnahmen von Betreuern und Fahrern, der Ausschluss des Festina-Teams sowie ein Prozess mit Bewährungsstrafen.

Seit 1998 hätten sich die Dinge in eine gute Richtung bewegt, meldete die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) im vergangenen Jahr. Die ein Jahr nach dem Festina-Skandal gegründete Wada schickte 2003 erstmals drei Doping-Kontrolleure auf die „große Schleife“, um die Doping-Kontrollen während der Tour zu überwachen – mit Einverständnis des Internationalen Radsportverbandes (UCI). Unter den ExpertInnen befand sich Anik Sax, Leiterin des Service médico-sportif im luxemburgischen Sportministerium. Zwar lobte das Wada-Team die unangekündigten Kontrollen auf den einzelnen Etappen und im Training. Andererseits konstatierte es auch „leichte Schwächen“, die Doping-Sünder zum Entwischen nutzen könnten.

Unter Doping-Verdacht stand auch einmal Benoît Joachim. Der Luxemburger Radprofi von Armstrongs Team US Postal war nach den luxemburgischen Meisterschaften im Sommer 2000 positiv auf das Anabolikum Nandrolon getestet worden. Wegen eines Verfahrensfehlers hatte man Joachims Sperre damals aufgehoben. Trotzdem gehört sein Fall zu den bekanntesten luxemburgischen Doping-Affären in den vergangenen Jahren. Die Zahl der Fälle, in denen ein Sportler bei Kontrollen in Luxemburg positiv getestet wurde, pendelt nach Informationen des Sportministeriums seit 1997 zwischen zwei und acht. Unterdessen hat die Zahl der Kontrollen zugenommen, in der ersten Hälfte dieses Jahres gab es 69. Während bei internationalen Veranstaltungen wie der Tour de Luxembourg Kontrollen vorgeschrieben sind, wird auch unangemeldet überprüft: Davon waren im ersten Halbjahr 32 LuxemburgerInnen betroffen – Resultat negativ. Unter den Getesteten befinden sich so klangvolle Namen wie David Fiegen, Jeff Strasser und Kim Kirchen.

Ziel der luxemburgischen Doping-Kontrollen sei, erklärte Ernest Weicherding von der Sportmediziner-Vereinigung am vergangenen Montag bei einer Pressekonferenz, „dass sämtliche Athleten des luxemburgischen Olympiakaders wenigstens einmal im Jahr kontrolliert werden“. Und die scheidende Sportministerin Anne Brasseur stellte die Neuerungen im luxemburgischen Anti-Doping-Kampf vor: Das Land passt sich den neuen internationalen Bestimmungen an und setzt den im März 2003 bei der Anti-Doping-Konferenz in Kopenhagen verabschiedeten internationalen Anti-Doping-Code auf nationaler Ebene um. So wird das bisherige Comité national de lutte contre le dopage dans le sport (CNLDS) in die so genannte Agence luxembourgeoise antidopage (Alad) umgewandelt. Die Alad ist eine Art Tripartite aus dem nationalen olympischen Komitee (COSL), Sportmedizinern und Sportministerium und übernimmt in den Verfahren gegen DopingsünderInnen die Rolle der Staatsanwaltschaft. Zugleich wird der Conseil de discipline contre le dopage (CDD) geschaffen, der in erster Instanz urteilen soll. Als Berufungsinstanz soll der Conseil supérieur de discipline contre le dopage (CSDD) dienen. Als allerletzte Instanz gibt es dann nur noch das Tribunal arbitral du sport (TAS) in Lausanne.

Verbände geben Kompetenzen ab

Neu ist nicht nur, dass damit die Kontrollkompetenzen von den einzelnen Sportverbänden – „die waren zumeist überfordert“, so Anik Sax gegenüber der woxx – übertragen werden, sondern dass in Luxemburg des Dopings überführte SportlerInnen auch international gesperrt werden. Selbst Weltverbände wie der UCI und der Fußballweltverband Fifa, die auf ihre Autonomie pochen, zeigen sich zur Zusammenarbeit mit der Wada bereit.

Laut Anti-Doping-Code droht ErsttäterInnen eine Höchststrafe von zwei Jahren, im Wiederholungsfall die lebenslängliche Sperre. Ein positiver Dopingtest zieht zudem automatisch die Disqualifikation und Rückgabe der Medaillen nach sich. In Mannschaftswettbewerben bedeuten zwei Dopingvergehen die Disqualifikation des gesamten Teams. Dabei spielt es keine Rolle, ob den AthletInnen eine schuldhafte Einnahme nachgewiesen werden kann oder nicht. Allein schon der Nachweis des Dopingmittels reicht aus. In dem Moment, in dem SportlerInnen positiv getestet werden, gelten sie als überführt. Die juristische Formel „Im Zweifel für den Angeklagten“ gilt nicht.

Der weltweite Code stellt einen wichtigen Schritt im Kampf gegen das Doping dar. Liefen die Dopingjäger den Betrügern bisher meistens hinterher, „ist der Abstand nun kleiner geworden“, konstatiert Anik Sax und fügt hinzu: „Unser Hauptziel ist es nun, die einzelnen nationalen Regelungen zu harmonisieren.“ Dabei handelt es sich jedoch nur um ein Regelwerk einer privaten Einrichtung und kein Gesetz. Der Code gilt nur innerhalb der Sportwelt. Pharma-Unternehmen, ÄrztInnen oder Lieferanten stehen außerhalb des Regelwerks.

Am weitesten ist bisher Frankreich in seiner Gesetzgebung gegen das Doping gegangen. Seit dem Skandal um die Tour de France 1998 gibt es dort ein Anti-Doping-Gesetz. Ähnliches gilt in Italien. In Deutschland hingegen gibt es nichts Entsprechendes. Den Umgang mit Dopingmitteln regelt das Arzneimittelgesetz.

IOC-Vizepräsident Thomas Bach hält ein nationales Anti-Doping-Gesetz für untauglich: „Man schafft keine internationale Harmonisierung, sondern die Chancenungleichheit wird verschärft. Denn Maßnahmen aufgrund nationaler Gesetze sind international nicht durchsetzbar.“ Den Kampf gegen Doping beinhaltet auch das Projet de loi 4766, das zurzeit dem luxemburgischen Staatsrat vorliegt. Wie es unter Artikel 19 des noch nicht verabschiedeten Gesetzesprojekts heißt, werden jedoch nicht die Dopingsünder selbst bestraft, sondern jene, „qui auront, en vue de l’usage par autrui, transporté, détenu ou acquis des substances dopantes ainsi que ceux qui auront importé, exporté, fabriqué, vendu, offert en vente ou délivré, même gratuitement, des substances dopantes, sans s’assurer qu’elles ne soient pas utilisées à des fins de dopage dans le sport.“ Dies gilt ebenso für „les médecins qui auront prescrit un médicament contenant une substance dopante, sans s’assurer qu’il ne soit pas utilisé à des fins de dopage dans le sport.“

US-Sprinter unter Verdacht

Unterdessen haben auch die USA den ersten Schritt zu einem Anti-Doping-Gesetz unternommen, nachdem die Machenschaften um das kalifornische Doping-Labor Balco von Victor Conte und die Designerdroge THG Ende 2003 aufgedeckt wurden. Das Repräsentantenhaus in Washington hat das Gesetz bereits verabschiedet, die Zustimmung des Senats steht noch aus. Nachdem man im vergangenen Jahr unter anderem der britische Sprinter Dwain Chambers sowie die US-Leichtathletin Kelli White des Dopings überführt hatte, sieht sich zurzeit vor allem die dreimalige Olympiasiegerin Marion Jones den Vorwürfen der US-Anti-Doping-Agentur Usada ausgesetzt. Die schnellste Frau der Welt soll synthetisch hergestelltes Testosteron zu sich genommen haben. Ähnlich wie das texanische Radidol Lance Armstrong fühlt sich Jones als verfolgte Unschuld: „Die Wahrheit ist mein Freund“, zitiert sie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe.

Nachweisen konnten die Dopingfahnder der Sprinterin noch nichts. Wahr ist hingegen: Ihr Freund heißt Tim Montgomery, und der soll sich – so die Usada – vor seinem Weltrekord 2002 über 100 Meter mit in herkömmlichen Testverfahren nicht nachweisbaren Steroiden, mit dem Wachstumshormon HGH sowie mit Insulin beholfen haben. Wird der Weltrekordler entlarvt, dann droht ihm eine lebenslange Sperre.


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