GROSSREGION: Grenzüber-schreitend studieren

Mobilitätsfonds und ein neuer Studierenden-Status der Universität der Großregion, sollen Studenten zukünftig das grenzüberschreitende Studieren erleichtern. Die praktische Umsetzbarkeit wird nun auf die Probe gestellt.

Trotz allen guten Willens seitens der Univerantwortlichen:
Das Studieren in der Grenzregion bleibt kompliziert und fordert einen hohen Grad an Selbstorganisatio und Eigenständigkeit.

Montags und mittwochs Vorlesungen an der Universität Saarbrücken, dienstags ein Seminar an der Universität Luxemburg und freitags eine Konferenz an der Universität in Metz. Könnte so ein beispielhafter neuer Stundenplan eines Studenten oder einer Studentin der sogenannten Universität der Großregion (UGR) aussehen? Im Idealfall ja. Zumindest ist es das erklärte Ziel der UGR, zukünftig ein grenzüberschreitendes Studium zu ermöglichen. Für Studenten, die an einer der sieben kooperierenden Universitäten (Saarbrücken, Trier, Kaiserslautern, Metz, Nancy, Luxemburg, Lüttich) eingeschrieben sind, bedeutet dies konkret, parallel zu ihrem Studium an der Heimatuniversität ein Bildungsangebot an den Partneruniversitäten wahrnehmen zu können.

Nachdem der Aufbau der UGR bereits im vergangenen Jahr angelaufen ist (woxx 1083), soll der Weg zum grenzüberschreitenden Studieren nun durch die Einführung des UGR-Studierendenstatus und von Mobilitätsfonds geebnet werden. Beides wurde kürzlich von dem Rat der UGR beschlossen und ihr Inkrafttreten für das Wintersemester 2011 vorgesehen. Bis 2012 soll so ein Hochschulraum geschaffen werden, in dem die Studenten der sieben Universitäten der Großregion nicht nur kostengünstig und barrierefrei alle Bibliotheken und Mensen besuchen, sondern sich auch in einzelne Vorlesungen und Konferenzen an den Partneruniversitäten einschreiben können, ohne an der Gastuniversität Gebühren entrichten zu müssen.

Studierendenstatus

Während der UGR-StudentInnenstatus die theoretische Umsetzbarkeit der Idee ermöglicht, indem er den Studierenden und Doktoranden die genannten Rechte anerkennt, sollen die Mobilitätsfonds einem praktischen und letztendlich für das Projekt existentiellem Problem Abhilfe schaffen: den für Studenten inakzeptablen Transportkosten zwischen den Universitäten. Damit die Mobilität überhaupt finanzierbar ist, würden Studenten, die Veranstaltungen an einer der Partneruniversitäten besuchen, auf Anfrage und unabhängig von dem genutzten Verkehrsmittel, eine Mobilitätspauschale erhalten, wobei die genauen Rahmenbedingungen noch nicht feststehen.

Grundsätzlich ist die so anvisierte Möglichkeit der Teilnahme an Lehrveranstaltungen der Partneruniversitäten und somit auch das Eintauchen in einer anderen Bildungskultur natürlich deutlich zu begrüßen, denn sie stellt eine doppelte Chance für die Studenten dar: Zum einen könnte auf relativ einfachem Wege Erfahrung im Ausland und Fremdsprachenkenntnisse vertieft werden, zum anderen könnten „Schwachpunkte“ der eigenen Universität ausgeglichen und das Studium optimiert werden. Seit Jahren fehlt beispielsweise im Lehrplan der Universität des Saarlandes die Politikwissenschaft und ein Versuch, diese erneut zu etablieren, ist erst vor Kurzem gescheitert. Auch an den französischen Universitäten und an der Universität Luxemburg ist sie als grundständige Disziplin nicht im Programm enthalten. Könnten interessierte Studenten tatsächlich Vorlesungen in diesem Bereich an einer Partneruniversität wie Trier besuchen, würde Geistes- und Gesellschaftswissenschaftlern solidere Kenntnisse vermittelt werden und die UGR würde einen deutlichen Mehrwert für Studenten schaffen.

Ob dieses Szenario Realität werden kann, muss sich jedoch noch beweisen, denn die Wirksamkeit des Mobilitätsfonds wird sowohl vom Ausbau der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur (wie beispielsweise vermehrte Direktverbindungen von Metz nach Saarbrücken) abhängen, als auch von ihrem Umfang, von den Zugangsbedingungen und Anspruchsrechten der Studenten, sowie letztendlich auch der gegenseitigen Anerkennung der Studienleistungen an den Partneruniversitäten.

Mobilitätsfonds

Die genaue Umsetzung der Mobilitätsfonds ist noch ungewiss. Feststeht, dass auf der Grundlage eines Mindestbetrags von 5.000 Euro, die Fonds an den Universitäten unterschiedlich hoch ausfallen können. Je nach Interesse seitens der Studenten und Doktoranden kann das Budget möglicherweise angepasst werden, denn auch für die Universitäten ist es natürlich ein noch unerschlossenes Terrain und vieles muss erst mit der Erfahrung weiterentwickelt werden.

Der Rat der UGR kündigte an, sich mittelfristig mit den politischen Vertretern auf einen vergünstigten UGR-Studententarif für den öffentlichen Personenverkehr in der Großregion einigen zu wollen. Dies würde natürlich vieles, auch in administrativer Hinsicht, vereinfachen. Doch angesichts der Tatsache, dass ein erster Anlauf schon in der Planungsphase der UGR gescheitert ist und mit den Mobilitätsfonds bereits auf eine weniger attraktive Alternative ausgewichen wurde, bleibt offen ob und wann es dazu kommen wird.

Eine mögliche Hürde könnten auch die unterschiedliche akademischen Kalender und unterschiedliche Einschreibefristen, die das Studienjahr strukturieren, sein. Während das zweite Semester in Frankreich und in Luxemburg beispielsweise für einige Einrichtungen im Mai endet, beginnt es in Deutschland erst Mitte April, so dass die Verschiebung es den StudentInnen erschweren könnte, in ihrem Studiensemester eine komplette Veranstaltung im Partnerland zu besuchen.

Hohe Motivation und eine sehr langfristige und gründliche Organisation sind somit die wichtigsten Bedingungen, um in mehreren Ländern gleichzeitig zu studieren. Möglich ist es unter dieser Voraussetzung tatsächlich und es fordert von den Studierenden letztendlich genau das, was sie so oft bemängeln: einen hohen Grad an Selbstorganisation und Eigenständigkeit.

Weitere Infos unter: http://www.uni-gr.eu/


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