ELEKTRO: Hölle

Wie jedes Jahr fiebert Luxemburgs Party-Elite dem Ende der Philharmonie Saison entgegen: Denn bei der „End of Season“-Party setzt das hohe Haus nicht auf gediegene Töne, sondern auf erstklassigen Elektro.

Wird den Teufel an die Kolonnen der Philharmonie malen: DJ Hell.

Diesen Freitag ist es mal wieder so weit. Die Philharmonie feiert mit der „End of Season“-Party die Musik, das Ende der Saison und vor allem sich selbst. Bei den vergangenen Ausgaben gaben sich sehr glamouröse Acts in der Vorhalle dieser Kulturinstitution die Ehre: DJ Kool Herc, Etienne de Crécy, 2 Many DJs und Marino Berardi.

Wäre die Akustik dieser Vorhalle so gut wie die alljährliche Auswahl der DJs, dann wären dies wohl auch perfekte Partynächte. Leider wissen sogar die Veranstalter, dass diese Location nicht wirklich für solche untypischen Feierlichkeiten konzipiert und geeignet ist. Dieses Mal sind die geladenen Discjockeys noch um etwas interessanter, denn wie es der Zufall so will, treffen sich hier nun unter anderem drei der wichtigsten Vertreter ihrer Generation. Für die 1980er ist Grandmaster Flash und für die 2000er Jahre DJ Koze vertreten. Der wohl vielversprechendste Plattenaufleger tritt als letzter an. Um drei Uhr morgens wird es heißen: Platz gemacht für Helmut Josef Geier, ein Münchner DJ, der Welt eher als DJ Hell bekannt.

Aber DJ Hell ist nicht nur wegen seiner Musik bekannt. 1993 hatte er seinen ersten Hit „My Definition of House Music“, der bei dem legendären R&S Records erschien, ein Label das unter anderem das Frühwerk eines Aphex Twin und James Blake veröffentlichte. Seitdem hat sich bei Hell viel getan, er hat sich so ziemlich durch jedes Genre gearbeitet, das auch nur ein bisschen tanzbare Musik hervorbringt. Sein letzter größerer Coup, war im Jahr 2009 das Album „Teufelswerk“. Auf dieser Platte befindet sich „U Can Dance“ mit der 1980er Ikone Bryan Ferry als Gastsänger, der gewohnt lässig den Crooner gibt. Verbunden mit Hells trockenen Beats wächst die ansonsten langweilige Roxy Music Nummer zu einem akustischen Urvieh aus.

Man liegt dennoch falsch, wenn man meint, dass sich DJ Hell nur auf Techno und Electroclash begrenzen würde. Schon auf „Teufelswerk“, versucht er alten Krautrockern, wie „LA Düsseldorf“ oder auch dem Solowerk von „Neu!“-Mitglied Michael Rother Tribut zu zollen. Man kann von dieser Idee halten was man will, einiges davon verschwindet unter den Konventionen des Krautrock, die nicht mehr viel mit der zeitgenössischen Musikauffassung zu tun haben. Eklektizismus ist seitdem Hells Devise. So durfte er auch einen Beitrag zur bekannten „Coming Home“ Kompilationsreihe machen. Anstatt jedoch nur eine klassisch tanzbare Nummer auszuwählen, versucht er sich als Musikprofessor und geht mit dem Fan durch eine Auswahl von mehr oder weniger bedeutender deutscher populärer Musik der letzten 60 Jahre (Rheingold, Hildegard Knef, Gila, Reinhard Mey und DJ Koze u.a.).

DJ Hells letztes musikalisches Lebenszeichen ist bis dato der Track Fukushima, der seit dem Unglück in Japan als kostenloser Download zur Verfügung steht. Die Nummer ist im Grunde genommen ein nicht sehr subtiler Kraftwerk-Abklatsch und ohne Tsunami hieße der Titel wohl „Kraftwerk“. Diese Gratwanderung zwischen gutem und sehr schlechten Geschmack ist bei DJ Hell allgegenwärtig.

Dazu betreibt er International DeeJay Gigolo Records, ein Label, das die erste Liga der Electroclash-Szene hervorbrachte mit Acts wie Miss Kittin, Vitalic, Fisherspooner und Zombie Nation. Bleibt nur zu hoffen, dass die Veranstalter der diesjährigen „End of Season“- Party es schaffen etwas an der Akustik zu verbessern denn dann steht der Sause des Jahres eigentlich nichts im Wege.

End of Season Party 2011, an diesem Freitag, dem 24. Juni in der Philharmonie.


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