SHOAH: Der „Luxemburger Transport“

Vor kurzem jährte sich der Beginn der Deportation der jüdischen Bevölkerung aus Luxemburg und Trier durch die Nazis zum 70. Mal. Eine Ausstellung dokumentiert den Deportationszug vom 16. Oktober 1941 nach dem Ghetto Lodz.

Als Luxemburg die Grenzen dicht machte. Negative Bescheide wie dieser von 1939 verhinderten die Flucht vor der Naziverfolgung und schließlich der Deportation. Dokument aus der Ausstellung.

„Aussiedlung nach dem Reichsgebiet“ – mit Euphemismen wie Aussiedlung oder Evakuierung beschrieb der nationalsozialistische Verwaltungsapparat die Deportationen von Juden und Jüdinnen in die Ghettos und Konzentrationslager im Osten des „Reiches“. Nachdem die Nazis zunächst eine Politik der Diskriminierung durch die Rassengesetze und, bis Mitte 1941, der Ausweisung betrieben hatten, änderte sich anschließend ihr Vorgehen: Die jüdische Bevölkerung wurde nun verfolgt und festgenommen, deportiert und – meist nach einem mehr oder weniger langen Aufenthalt im Ghetto Lodz – in Konzentrations- und Vernichtungslagern umgebracht.

Die Ausstellung, die von Dr. Pascale Eberhard im Auftrag der Evangelischen Kirchengemeinde in Trier konzipiert wurde, folgt nicht nur dem Weg der Deportationszüge von Luxemburg über Trier – wo weitere Verfolgte aufgeladen wurden – in das Ghetto Lodz, sondern setzt schon früher an. Sie zeigt anhand der persönlichen Lebensläufe von Betroffenen, wie zunächst die luxemburgische Regierung besonders ab 1938 die Einreise jüdischer Flüchtlinge erschwerte oder unmöglich machte. Doch auch denjenigen, die sich im Luxemburger Exil niederlassen konnten, drohte nach dem Einmarsch, wenn sie nicht rechtzeitig nach Frankreich oder Belgien flüchten konnten, die Deportation. Schade, dass die Ausstellung für diese Phase die Haltung der nicht-jüdischen Bevölkerung und die Existenz eines allgemeinen latenten Antisemitismus zu kurz kommen lässt.

Ein großer Teil der Ausstellung ist dem Aufenthalt im Ghetto gewidmet. Für diese Zeit dokumentiert Eberhard anhand von Briefen verschiedener jüdischer Familien an die nationalsozialistische Verwaltung auf eindringliche Weise den Überlebenskampf in dieser Vorhölle der Extermination.

Auch wenn innerhalb des Ghettos zunächst nichts Genaues über die Konzentrations- und Vernichtungslager bekannt war, wurde man sich schnell bewusst, dass die bevorstehende „Aussiedlung“ nur zum sicheren Tod führen würde. So bemühten sich die Familien um Ausnahmeregelungen. „Unterzeichneter, Max Kahn, bittet hierdurch nochmals um Befreiung von der Aussiedlung für sich und seine Frau Adeline, da Sie aus dem beiliegenden Attest ersehen können, dass wir beide infolge wochenlanger Krankheit und Entkräftung vollkommen transportunfähig sind,“ schrieb etwa ein 65jähriger Geschäftsmann aus Echternach am 14. Mai 1942 an die Aussiedlungskommission. Der positive Bescheid der Kommission kam zu spät, die Familie wurde am selben Tag abtransportiert.

Die Zurschaustellung der persönlichen Schicksale zeigt, wie wichtig eine über nationale Geschichtsdarstellung hinausschauende Geschichtsschreibung ist. Die erweiterte Perspektive auf die Region beiderseits der deutsch-luxemburgischen Grenze erlaubt nicht nur einen Vergleich der nationalsozialistischen Politik zwischen Luxemburg und Trier. Sie zeigt auch die traditionell existierende regionale Vernetzung der jüdischen Gemeinschaft, die quer zu der nationalstaatlichen Aufteilung des Territoriums stand.

Die Ausstellung im Mémorial de la Déportation ist leider nur für kurze Zeit zu sehen. Anscheinend gab es bei der Vorbereitung, darauf deuten die Einführungsworte des Leiters des Hollericher Zentrums Steve Kayser bei der Eröffnung letzte Woche hin, Komplikationen auf Luxemburger Seite.

„Der Überlebenskampf jüdischer Deportierter aus Luxemburg und der Trierer Region im Getto Litzmannstadt“.
Mémorial de la Déportation, ancienne gare de Hollerich, noch bis zum 15. Dezember. Texte auf Deutsch und Französisch.


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