MALEREI/INSTALLATION: Platte Kritik

Das wichtigste Element in Lena Rays Arbeiten ist wohl die gläserne Käseglocke, unter der ihrer Ansicht nach die meisten von uns leben, in der man gehalten wird und aus der man ausbrechen muss. Sie steht als veranschaulichendes Symbol für die Eingeschränktheit, der wir uns durch uns selbst oder durch andere ausgesetzt sehen.

Sich seiner selbst bewusst zu werden, sein eigenes Handeln nachzuvollziehen, die Stellung in und die Kommunikation mit der Gesellschaft zu reflektieren, sind die maßgebenden Anliegen, auf die die Französin den Besucher aufmerksam machen will. Dass es nicht immer einfach ist, ein solches Ansinnen künstlerisch umzusetzen, ohne dabei in eine Art missionarischen Eifer zu verfallen, zeigen deutlich ihre Aquarelle. In Ihnen widmet sich Frau Ray oft allzu offensichtlich dieser Thematik und winkt weithin sichtbar mit dem Zaunpfahl. Dazu kommt, dass diese Bilder in ihrer Abstraktion weniger auf das nötigste beschränkt als eher dilettantisch wirken. Wohlwollend kann man sagen, die Leichtigkeit in der Umsetzung solle über die Schwere des Themas hinweg helfen. Ihr Talent zeigt sich allerdings deutlicher in ihren Plastiken und Installationen. Und obwohl auch diese oft ziemlich eindeutig sind, so scheinen sie wenigstens kunstvoll und oft geistreich verpackt.

Unter dem Titel „Humans Change When Pigs Fly“ kann man sich zur Zeit in der Galerie Schlassgoart auf den Nonnenwiesen in Esch einen Überblick über Lena Rays Arbeiten verschaffen. Aufgeteilt auf zwei getrennte Bereiche, werden mit fließendem Übergang sowohl einige ihrer Bilder als auch ihre Plastiken und Installationen gezeigt. Dort ist zudem ein Werk ausgestellt, das mehr oder weniger interaktiv auch von den Besuchern mitgestaltet werden kann, und das, obwohl am Rande untergebracht, doch so etwas wie das Zentrum der Ausstellung bildet. Mit ihm unterstreicht Frau Ray deutlich ihren Anspruch, zu versuchen, die Menschen aus dem meistens von ihnen selbst geschaffenen Gefängnis zu befreien.

„Was würden sie machen, wenn sie wüssten, dass sie nur noch einen halben Tag zu leben hätten?“, ist die Frage, die von den Besuchern auf einem bereitgelegten Blatt Papier beantwortet und anschließend zusammengerollt in eine Urne geworfen werden soll. Die Aussagen werden gesammelt und von der Künstlerin transkribiert neben der Frage an der Wand aufgehängt. Dabei wird anscheinend tatsächlich jede Aussage berücksichtigt, und so hängen neben der etwas merkwürdig anmutenden Vorstellung, für den kurzen Rest des Lebens ein Serienmörder zu sein oder so viel Sex wie nur möglich zu haben, auch die bescheideneren Wünsche, auf einer grünen Wiese zu liegen oder die verbleibende Zeit mit den Kindern zu verbringen.

Unter ihren Installationen sind auch einige, in der sie offen Konsumkritik übt, indem sie etwa ein Kreuz mit Lottoscheinen beklebt oder eine kopflose Frau mit ihrem ebenso kopflosen Kind zum Einkaufen schickt. Etwas subtiler und hintergründiger in der Aussage sind die kleinen Schaukästen, unter denen sich auch das titelgebende fliegende Schwein befindet. Doch auch hier ist es wie auch bei ihren Aquarellen in erster Linie die surreale Umsetzung, durch welche die Erwartungshaltung des Beobachters durchbrochen werden soll.

Die Verbindung des surrealen Charakters mit der belehrenden Aussage im Hintergrund spricht für einen leicht esoterischen Einschlag und damit für eine gewisse Humorlosigkeit, doch zum Glück wird dieser Eindruck durch einige ihrer Plastiken und vor allem einen geschickt platzierten Spiegel wenigstens teilweise entkräftet.

Bis zum 21. Dezember im Pavillon Nonnewisen in Esch/Alzette.


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