FRAUENFÖRDERUNG: Wider die männlichen Monokulturen

Wie kann Gender Diversity im Topmanagement erreicht werden, und welche Instrumente ebnen Frauen tatsächlich den Aufstieg – Thema zweier Konferenzen.

Die Zeiten, in denen Frauen vor allem die rechte Hand ihres Chefs waren, sind erfreulicherweise vorbei.

In der letzten Woche gab es zwei Veranstaltungen, die das Thema des Frauenanteils in den Entscheidungsstrukturen der Firmen zum Thema hatten. Die Fédération des Indus-triels Luxembourgeois (Fedil) hielt eine Konferenz unter dem Motto „La promotion de la mixité en entreprise“ und der Conseil National des femmes (CNFL) eine parallele mit dem Titel „Augmenter le taux des femmes dans la prise de décision – Bon vouloir ou quotas?“. Zu den Vortragenden auf der letzteren gehörte auch die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Viviane Reding.

Zur Musik von James Brown „This is a man`s world, But it wouldn`t be nothing, nothing without a woman or a girl“ trat der Präsident der Fedil, Robert Dennewald, ans Rednerpult. Das Thema der Mixität sei in aller Munde, nachdem Justizkommissarin Viviane Reding sich für eine europaweite gesetzliche Quote ausgesprochen habe. „Statt für den Stock sind wir jedoch eher für das Prinzip der Karotte“, betonte Dennewald. So habe die Fedil jüngst einen Aktionsplan erstellt, der eine Firmenkultur fördern soll, in der qualifizierte Frauen ihren Platz finden. Betriebsführungen sollen vom Wert der Frauenarbeit überzeugt und die Frauen selbst ermutigt werden, mehr Verantwortung zu übernehmen. Nach Dennewald haben bereits zahlreiche Frauen Verantwortungsposten inne: 17,5 Prozent Frauen sind in den Direktionsorganen der Industrie, im Bausektor und den Dienstleistungen zur Betriebsentwicklung vertreten – weniger also als ein Viertel. Noch schlechter ist das Ergebnis in den Verwaltungsräten, wo nur 10 Prozent Frauen anzutreffen sind.

Dennewald jedenfalls sieht keine Notwendigkeit für Quoten, ein Aktionsplan würde hier genausoviel bewirken: „Cette démarche positive, partagée par les entreprises, devrait convaincre les décideurs politiques à s’abstenir de toute ingérence dans la gestion des ressources humaines, en général, et de la composition des organes de décision de l’entreprise, en particulier“. Immerhin seien 70 Prozent der Unternehmen bereit, auf freiwilliger Grundlage eine entsprechende Politik einzuleiten. Die Fedil will hier beispielhaft vorangehen. So sollen noch in diesem März zwei Frauen in den Verwaltungsrat der Fedil entsandt werden, wodurch der Frauenanteil des bisherigen Männerclubs auf 20 Prozent stiege.

Die Bereitschaft Frauen zu fördern, entspringt heutzutage betriebswirtschaftlichem Kalkül. Das erfuhr Dennewald auch aus dem anschließenden Vortrag von Sandra Sancier-Sultan der Unternehmensberatung McKinsey. Wie sie darlegte, ist das Thema längst nicht mehr nur eine Frage der Gleichberechtigung, sondern auch eine der Gewinnmaximierung. Eine Reihe von Untersuchungen belegten das, darunter die seit 2007 jährlich weltweit durchgeführte Studie „Women Matter“ von McKinsey. Diese zeige, dass Firmen mit Chefinnen an der Spitze wirtschaftlich bessere Ergebnisse erzielen als solche mit frauenfreien Führungsetagen. Eine Ursache hiervon sei der unterschiedliche Führungsstil der Frauen. Gewisse Führungspraktiken wie „Mitarbeiterentwicklung“, „Inspiration“ und „Erwartungen definieren/Belohnungen anbieten“ würden in höherem Maße von weiblichen Führungskräften eingesetzt; das komme nachweislich dem Unternehmenserfolg zugute – selbst in der Krise.

Gewinnmaximierung durch Frauen

Doch trotz dieser Erkenntnisse kam eine der letzten „Women Matter“-Studien zu dem Ergebnis, dass bei einem Drittel der Unternehmen das Thema keine strategische Bedeutung hat. Was dem abhelfen könnte, stellte McKinsey zu einer Reihe von Forderungen zusammen. Eine davon verlangt, dass die Unternehmensspitze hinter dem Wandel steht und diesen aktiv fördert. Individuelle Entwicklungsprogramme für Frauen, die weiblichen Nachwuchskräften ihre Möglichkeiten aufzeigen und ihre Karrierewege fördern, ist eine weitere. Ebenfalls erforderlich ist ein System, das bestehende Ungleichgewichte aufzeigt und den Fortschritt misst, so dass der Frauenanteil auf allen Ebenen strategisch gesteuert werden kann. Und nicht zuletzt müssen die Rahmenbedingungen so beschaffen sein, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Beruf und Familie unter einen Hut bringen können – das heißt, es muss Einrichtungen zur Kinderbetreuung geben, die Arbeitszeit muss flexibel gestaltet, der Wechsel von Voll- in Teilzeit problemlos möglich sein usw.

Ein Nachholbedarf in allen diesen Dingen ist in Luxemburg unbestreitbar vorhanden. Laut den Zahlen, die Michèle Detaille, Verwalterin der Fedil vortrug, ist immerhin eine kleine Steigerung des Frauenanteils innerhalb der letzten acht Jahre zu verzeichnen: So waren im Jahre 2003 auf Direktionsebene der Firmen mit weniger als 15 Arbeitnehmern rund 22 Prozent Frauen – 2011 betrug der Anteil 27 Prozent. In den Firmen mit mehr als 15 Angestellten waren 2003 16 Prozent Frauen anzutreffen gegenüber heutigen 18 Prozent. In den Firmen allerdings, an denen der Luxemburger Staat beteiligt ist, kommen die Frauen nur auf 9 Prozent.

Was die Verwältungsräte anbelangt, so stellten Frauen 2003 rund 16 Prozent der Mitglieder und sind 2011 auf 20 Prozent aufgerückt. In Verwaltungsräten der Firmen mit mehr als 100 Angestellten (12 Prozent) ist der Frauenanteil um die Hälfte niedriger als bei denen mit weniger als 15 Angestellten (20 Prozent). In den Firmen mit staatlicher Teilhabe stellen die Frauen nur 10 Prozent der Verwaltungsräte. „Überzeugungsarbeit ist also nicht nur bei den Unternehmen zu leisten“, so Detaille mit Blick auf den Staat und die Aktionäre, die letztlich die Posten der Verwaltungsräte bestimmen.

Entscheidend für einen Wandel ist jedoch, dass der Druck, einen angemessenen Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erreichen, aufrechterhalten bleibt. Dass eine Politik auf Freiwilligkeitsbasis hier ausreicht, erscheint mittlerweile auch der EU-Kommissarin Viviane Reding als zweifelhaft. Sie verliert zunehmend die Geduld mit den großen börsennotierten Unternehmen, die einen direkten Bezug zum Binnenmarkt haben und somit unter die Zuständigkeit der EU-Kommission fallen: Die Selbstverpflichtung der Unternehmen für die Förderung von Frauen habe kaum etwas gebracht, kritisierte sie auf der Veranstaltung des CNFL. Vor einem Jahr seien im EU-Durchschnitt nur rund 12 Prozent Frauen in den Verwaltungsräten börsennotierter Unternehmen präsent gewesen. Die Unternehmen hätten daher zugesagt, eigene Maßnahmen zur Veränderung zu ergreifen. Letzte Woche sei das Ergebnis vorgestellt worden: der Frauenanteil im EU-Durchschnitt ist um magere 2 Prozent auf nunmehr 14 gestiegen. „Wenn das so weitergeht, dann brauchen wir noch Jahrzehnte“, so Reding. Drei Viertel der Mitgliedstaaten hätten keine nennenswerten Fortschritte erzielt. Zu ihnen gehören jene, die eine Quote ablehnen, wie etwa Deutschland oder England, wo der Frauenanteil binnen eines Jahres von 13 auf lediglich 16 Prozent gestiegen ist. Erfolge hätten dagegen die Mitgliedstaaten mit einer gesetzlichen Quote zu verzeichnen: In Frankreich zum Beispiel sei die Frauenpräsenz in den Verwaltungsräten börsennotierter Unternehmen von 12 auf 22 Prozent gestiegen.

Quote als Instrument

„Ich bin kein Fan von Quoten. Sie sind nur ein Instrument. Aber ich mag die Ergebnisse, die Quoten hervorbringen“, so Reding. Ermutigung für eine Quotenregelung erfährt Reding, die als Justizkommissarin auch für Gleichstellungsfragen zuständig ist, auch aus einer der letzten Umfragen des Eurobarometers. „88 Prozent der befragten EU-Bürger finden es schockierend, dass Frauen bei gleicher Qualität nicht die gleichen Möglichkeiten haben – weder in der Politik noch in der Wirtschaft“, hob Reding hervor. Sie wolle deshalb bis zum Sommer konkrete Vorschläge für eine EU-weite Regelung machen. „Wo es gesetzliche Regeln gibt, gibt es Fortschritte. Diese können einen Mentalitätswandel in der Gesellschaft bewirken“, meint die Politikerin, die bis Ende Mai eine öffentliche Anhörung durchführen will. Auch müssten die Modalitäten einer gesetzlichen Quote noch geklärt werden. Auf mindestens 30 Prozent Frauenanteil plant Reding die gesetzliche Quote festzulegen. Damit sie auch greift, sind Sanktionen vorgesehen für Unternehmen, die sich nicht an die Vorschriften halten. „Hier gibt es verschiedene Maßnahmen“, so Reding. In Norwegen, wo ein Quotenanteil von 42 Prozent Frauen in den Verwaltungsräten vorgeschrieben ist, droht Boykottlern sogar die Auflösung des Unternehmens. In Spanien können Firmen, die die Quoten nicht erfüllen, nicht mehr an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen.

„Es gibt keinen logischen und keinen wirtschaftlichen Weg an den Frauen vorbei“, ist Reding überzeugt. Nicht nur hätten Studien belegt, dass die Quote gut für die Wirtschaft ist. Auch die demografische Entwicklung in der EU – es gibt immer mehr ältere Menschen – zwinge Unternehmen, künftig noch stärker auf gut ausgebildete Frauen zurückzugreifen. Und überhaupt würden 80 Prozent der Kaufentscheidungen in der Gesellschaft durch Frauen getroffen. Deshalb sei es eine schlichte Notwendigkeit, Männer und Frauen im Gleichgewicht zu halten. „Wir haben nie verlangt, dass unqualifizierte Frauen qualifizierte Männer ersetzen sollen. Es geht nicht um Alibi-Quotenfrauen“, betont die Kommissarin. Das Argument, dass es keine gut ausgebildeten Frauen gibt, sei nicht stichhaltig: EU-Businessschulen hätten festgestellt, dass Frauen zwar die besseren „Master of Business Administration“-Diplome erzielten, die Männer jedoch die besseren Stellen bekommen. Deshalb hätten nun auf ihre Initiative EU-Business-Schools einen Pool von 3.500 Namen gut ausgebildeter Frauen angelegt, die gleich in den Verwaltungsrat einer großen Firma übernommen werden können. Wichtig sei jedoch auch das Selbstbewusstsein der Frauen. „Frauen dürfen nicht in einer Ecke warten, bis sie jemand abholt. Es holt sie niemand ab, wenn sie sich nicht selbst in die erste Reihe stellen“, so Reding.

Jungen Frauen mangele es oft an Vorbildern. Deshalb seien erfahrene Führungsfrauen sehr wichtig, die junge weibliche Talente auf ihrem Weg nach oben mit Rat und Tat begleiten. Auch seien die bestehenden Netzwerke in Unternehmen noch sehr männerdominiert. „Frauen unterschätzen zum Teil die Bedeutung des Netzwerkens im Berufsleben. Sie sagen: Das schaffe ich auch alleine. Dagegen helfen gute Netzwerke enorm weiter“, hebt Reding hervor.

Auf Widerstand ist die Kommissarin gefasst. „Ich hatte in der EU-Politik noch nie ein Thema, das so sehr polarisierte“. Deshalb brauche sie eine EU-weite Unterstützung, um die Quotenregelung durchzusetzen. Auch national soll sich in puncto Quoten demnächst etwas bewegen. Zumindest planen die Abgeordneten Viviane Loschetter (Déi Gréng) und Sylvie Andrich (CSV), noch dieses Jahr eine Debatte mit Bericht zum Thema Quoten in den Verwaltungsräten der kleinen und mittleren Betriebe sowie der établissements publics in der Chamber zu führen.


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