PARTEIENFINANZIERUNG: Aus dem Schussfeld

Die „Group of States Against Corruption“ (Greco) bescheinigt Luxemburg Fortschritte bei den Bemühungen um eine transparente Parteifinanzierung. Verbesserungsbedarf gibt es jedoch weiterhin.

Im Jahr 2008 hatte die Greco, ein Unterorgan des Europarats, in ihrem Bericht zur Bewertung Luxemburgs zehn Empfehlungen bezüglich der nationalen Parteienfinanzierung abgegeben. Dass bei dieser ein Verbesserungsbedarf gesehen wurde, ist verständlich, wenn man bedenkt, dass das Großherzogtum überhaupt erst seit Dezember 2007 über ein Parteienfinanzierungsgesetz verfügt. Zwei Jahre danach musste die Greco jedoch feststellen, dass von ihren Empfehlungen nur eine tatsächlich umgesetzt worden war. Ende Juni veröffentlichte sie nun ihre zweite Bestandsaufnahme, in welcher das Land besser abschneidet.

So wird zum Beispiel positiv hervorgehoben, dass den Verantwortlichen der jeweiligen Parteien Schulungen zur richtigen Anwendung des Gesetzes angeboten wurden. Vor allem Lokalsektionen sind mit den komplexen Regeln oftmals überfordert, denn nicht jede Sektion hat einen gelernten Buchhalter in ihren Reihen. Laut dem letzten Bericht des nationalen Rechnungshofes wurden in einigen Fällen durchaus erhebliche Mängel in der Buchhaltung festgestellt. Einige Sektionen versäumten es sogar ganz, dem Zentralorgan ihrer Partei einen Kassenbericht zu liefern. Viele sind inaktiv, und es ist nicht bekannt, ob sie noch über finanzielle Mittel verfügen. Der CSV-Abgeordnete Paul-Henri Meyers fordert deshalb, dass Lokalsektionen auf ein Minimum zu reduzieren seien.

Als Präsident der „Commission des Institutions et de la Révision Constitutionnelle“ ist Meyers für die Verbesserung des Parteienfinanzierungsgesetzes zuständig. Er unterstreicht, die Greco habe Luxemburg „substantielle Fortschritte“ attestiert, bestreitet andererseits jedoch nicht, dass noch viel Nachholbedarf besteht. Einigen Forderungen der Greco ist man in Luxemburg nämlich immer noch nicht, oder nur teilweise, nachgekommen, so dass es immer noch Grauzonen und Undurchsichtigkeiten gibt.

Beispielsweise haben hierzulande Parteien, trotz wiederholter Forderung der Greco, nach wie vor keinen Rechtsstatus. Würden sie gesetzlich als sogenannte „personnes morales“ behandelt, wären sie strafrechtlich verantwortlich. Tatsächlich jedoch können für eventuelle Vergehen immer nur einzelne Personen belangt werden, die Parteien als solche kommen ungeschoren davon. „In dieser Form wird das nicht mehr lange haltbar sein“, meint auch Meyers.

Auch bei der Finanzierung sieht die Greco noch einige Schlupflöcher. So sind viele Regeln nur bindend, wenn eine Partei in den Genuss staatlicher Unterstützung kommen will. Wird ihr diese verweigert (wie zurzeit der Kommunistischen Partei) oder nimmt sie sie nicht in Anspruch, braucht sie auch die Identität der Spender nicht offenzulegen. Theoretisch ist es also möglich, dass eine Partei ausschließlich von reichen Gebern finanziert wird, ohne dass die Öffentlichkeit deren Namen erfährt. Das Gleiche gilt übrigens für unabhängige Kandidaten, was vor allem im Gemeindewahlkampf zu Problemen führen kann. Denn solchen Kandidaten steht es frei, unbegrenzt Spenden von Privatleuten anzunehmen und eigenes Kapital einzusetzen.

Aus den Jahresbilanzen der Parteien geht jedoch klar hervor, dass private Spenden nur einen unwesentlichen Teil ihres Gesamteinkommens ausmachen. Per Gesetz sind sie verpflichtet, eine Liste mit den Namen der Geber, die mehr als 250 Euro gespendet haben, zu veröffentlichen. Diese Listen sind für jedermann auf der Internetseite des Parlaments einzusehen. Hier erfährt man zum Beispiel, dass die CSV im Jahre 2010 ganze zehn Spenden über 250 Euro erhalten hat, was im Endeffekt etwas mehr als 6.000 Euro ausmachte – dass das Gesamteinkommen der Partei sich aber auf 1.275.692,4 Euro belief! Die ADR und Déi Lénk erhielten sogar nur eine einzige Privatspende, die über der gesetzlichen Meldepflicht lag. Doch kann diese ? theoretisch ? generell umgangen werden: wer sein Geld nicht direkt der Partei, sondern zunächst einem Mandatsträger spendet, kann anonym bleiben. Diese Beträge brauchen nämlich, selbst wenn sie deutlich höher als normal ausfallen, nicht als Spenden registriert zu werden. In der Praxis machen die meisten Parteien allerdings hiervon keinen Gebrauch.

Spenden von Unternehmen sind in Luxemburg untersagt, da das Gesetz von 2007 zwischen „personne physique“ und „personne morale“ unterscheidet. Doch auch hier gab es in den letzten Jahren mindestens einen Grenzfall. So hatte ein Unternehmen für eine viertelseitige Anzeige in der Broschüre einer LSAP Sektion 1.000 Euro bezahlt ? viermal so viel wie den normalen Preis.

Seit 2007 wurden also große Fortschritte bei der Regelung der Parteifinanzierung gemacht, doch es besteht immer noch viel Nachholbedarf ? sowohl bei der Schulung der Lokalsektionen als auch beim Stopfen von Schlupflöchern. Auch wenn Luxemburg, laut Paul-Henri Meyers, erst einmal „aus dem Schussfeld der Greco“ ist, scheint das Land doch von völliger Transparenz noch weit entfernt.


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