FOTOGRAFIE: Fotofiktion

In seinem Film „Opération lune“ aus dem Jahr 2002 zeigt William Karel Stanley Kubricks Beteiligung an einer Verschwörung, die von US-Präsident Nixon selbst ins Leben gerufen worden ist. Aus Sorge Apollo 11 könne scheitern, erteilt Nixon den Auftrag, die Mondlandung vorab zu inszenieren, mit Kubrick als Regisseur und Regierungsbeamten als Darsteller. Um nach dem erfolgreichen Verlauf der Mission peinliche Enthüllungen zu vermeiden, wurden die daran Beteiligten schließlich liquidiert. Nur Kubrick selbst konnte nach Großbritannien entkommen. Eine Mockumentary in ihrer schönsten Form.

Man geht normalerweise genau da auf den Leim, wo der gesunde Menschenverstand einen schützen sollte. Wie wir damit umgehen, hängt davon ab, ob wir einem Illusionisten auf der Bühne oder einem Hütchenspieler am Straßenrand gegenüber stehen. Zum achten Mal und damit schon mit einer gewissen Tradition fanden in diesem September unter Federführung der Direktorin der Galerie Clairefontaine Marita Ruiter die Photomeetings Luxembourg statt. In verschiedenen Arbeitskreisen, Vorlesungen und Ausstellungen bearbeiteten die beteiligten Studenten und Fotografen das Thema „Photograpy = Fiction“.

Die daraus entstandenen Arbeiten der Studenten werden im Konschthaus beim Engel gezeigt und erstmals auch eine Retrospektive vergangener Photomeetings im Ratskeller des Cercle Cité. In den beiden Räumen der Galerie Clairefontaine selbst wird hingegen eine kleine Auswahl der Arbeiten der sieben „Lehrer“ präsentiert. Diese Arbeiten sind zum Teil bereits mehrere Jahre alt und damit augenscheinlich nicht als Antwort auf die Themenvorgabe entstanden. Damit machen sie aber nur um so stärker deutlich, dass die Fiktion im Grunde immer ein Teil der Fotografie ist. Welcher Art diese Fiktion auch sein mag, sie spielt mit der Fantasie des Betrachters und damit ihn auf den Leim gehen zu lassen.

Anschaulich zeigt dies eine Aufnahme des gebürtigen Finnen Arno Rafael Minkkinen mit dem Titel „From the Shelton Hotel Looking East“ aus New York. Zwei Hände reißen in großer Schärfentiefe, aber dennoch in energischer Bewegung eine Wand aus Wolkenkratzern auf. Eine Aufnahme in der Art, wie sie auch von Touristen gemacht wird, auf denen ein Mitreisender die Pyramiden von Gizeh auf Händen trägt oder den schiefen Turm von Pisa stützt. Der Unterschied liegt im Detail. Der Franzose Jean-Christian Bourcart dagegen schafft Fiktion durch Vorstellung. Er betont, dass er nur ein „Black Sheet“ fotografiere und eben das, was sich darin spiegele. Er selbst, die Familie oder Freunde tummeln sich, einzeln und zu mehreren, undeutlich und unscharf, mit wilden Verwerfungen durch Knicke, Falten und Wellen und lassen dem Betrachter so reichlich Raum für Spekulation.

Besonders bemerkenswert sind allerdings die Arbeiten von Alfred Seiland. Fast wünscht man sich als Betrachter, sie seien tatsächlich manipuliert. Und dennoch scheinen sie schlicht das zu zeigen, was man auch wirklich sehen kann. Nur das man als Passant im allgemeinen eben nicht genau genug hinsieht, und damit wird eine mögliche Bearbeitung im Grunde irrelevant. Beispielhaft in seiner Arbeit „Jennersdorf“, in der ein rissiges Werbeplakat die aufgenommene Landschaft erst vervollständigt, oder dem Senatsgebäude in „Rome“ vor dem sowohl der moderne Lieferwagen als auch der Streitwagen anachronistisch deplatziert wirken.

So hat jeder der hier ausgestellten sieben Fotografen in beeindruckender Weise seine Vorstellung von der Fiktion in der Fotografie umgesetzt, und wem das noch nicht als Begründung ausreicht um diese absolut sehenswerte Ausstellung zu besuchen, der sei gewarnt, dass ihm eine wirklich spektakulären Entdeckung entgeht.

Bis zum 20. Oktober in den Galerien Clairefontaine I und II, dem Cercle Cité und dem Konschthaus beim Engel.


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