PONT ADOLPHE: Sanierung beschlossen

Kurz vor Jahresschluss wurde in der Chamber das Gesetzesprojekt „portant réhabilitation du Pont Adolphe à Luxembourg“ angenommen. Ein Startschuss hoffentlich auch für eine neue Verkehrspolitik.

„Schauen Sie sich den Pont Adolphe noch einmal genau an, bald wird er nicht mehr da sein“, erinnert sich Bautenminister Claude Wiseler in der Chamber kurz vor Jahresschluss an die erste Unterredung mit der Straßenbauverwaltung zur Zukunft der Brücke. Die Behörde hätte die renovierungsbedürftige hundertjährige Brücke am liebsten gleich komplett abgerissen.

Dazu soll es nun aber nicht mehr kommen. Damit die Brücke ihren Charakter behält, wurde mit dem von der Chamber verabschiedeten Gesetzesprojekt 6468 zur Renovierung des Pont Adolphe und seiner Verbreiterung um 1,5 Meter in der Sitzung Ende Dezember beschlossen, dass die ursprüngliche Steinstruktur der Brücke als bedeutendes Werk des französischen Eisenbahn-Ingenieurs Paul Séjourné und als urbanistisches Wahrzeichen der Stadt in ihrer Authentizität weitestgehend erhalten bleiben soll.

Sehr lange Diskussionen waren dieser Übereinkunft vorausgegangen: Der Pont Adolphe, der nächstes Jahr seinen hundertzehnten Geburtstag feiert, wurde zum politischen Aufhänger für alle immer wieder aufgeschobenen Grundsatzdebatten zu Mobilität, Klimaschutz, Denkmalschutz und Sicherheit. Die 153 m lange Brücke – besser bekannt als „Déi nei Breck“ – die zwischen 1900 und 1903 entstand, galt mit ihrem mächtigen, 85 Meter überspannenden Doppelbogen als eine der größte Steinbogenbrücken der Welt. Statt einer modernen Konstruktion aus Beton oder Stahlbau hatte Luxemburg sich um die Jahrhundertwende für einen „alten“ Brückenbau aus Gilsdorfer Sandstein entschieden.

Dazu kam es, nachdem das Viadukt „D’Passerelle“ – zwischen 1859 und 1861 erbaut -, sich nach der Öffnung der Festung im Jahre 1867 als zu eng für den Verkehr der sich rasch ausdehnenden Stadt erwies. 1896 wurden unter der Leitung des luxemburgischen Ingenieurs Albert Rodange, des Sohnes von Michel Rodange, erste Pläne für eine Brücke entwickelt. In Anbetracht der Größe des Bauvorhabens wurde der von der französischen Regierung empfohlene Paul Séjourné als Experte für große Bogenbrücken hinzugezogen. Die Fertigstellung der Adolphe-Brücke hat nicht nur maßgeblich den Urbanisierungsprozess vorangetrieben – repräsentative Gebäude wie Sparkasse oder Arbedsgebäude entstanden, und Luxemburg konnte seinen Rückstand gegenüber anderen europäischen Städten aufholen – auch die Industrialisierung des Landes erfuhr einen bedeutenden Schub. So ermöglichte die Brücke die Überquerung des Petruss-Tales mit der vom Volksmund „Charly“ genannten Schmalspurbahn Luxemburg-Echternach.

Falsche Sanierung in der Vergangenheit

Die Bedeutung der Brücke wurde denn auch in der jetzigen Chambersitzung noch einmal betont. Allgemein bekannt ist zudem, dass neben natürlichen Abnutzungserscheinungen und den Folgen der Belastung durch den zunehmenden Verkehr auch eine falsche Sanierungspolitik der Straßenbauverwaltung die Ursache vieler Probleme des Pont Adolphe ist. Die Brücke wurde Anfang der 1960er Jahre zum ersten Mal erneuert. Dabei wurde die Brückenplatte vollständig entfernt, der 6 m breite Raum zwischen den beiden Bögen mit Betonplatten überdeckt und darauf eine neue Stahlbetonplatte angebracht. Die Brückenplatte wurde von ursprünglich 16 auf 17,20 Meter verbreitert. Bei neuen Untersuchungen in den neunziger Jahren durch die Straßenbauverwaltung zeigte sich, dass zahlreiche Steinblöcke in den Brückenbögen Schäden aufwiesen, die auf die Trassenarbeiten in den sechziger Jahren zurückzuführen waren. Auch an den Trageflächen der Brücke wurden undichte Stellen festgestellt. „Durch das Eindringen des Wassers und vor allem des Streusalzes wurden eine Reihe von Fugen aus der Brücke herausgewaschen, wodurch an verschiedenen Stellen Leerplätze entstanden sind“, erläuterte der parlamentarische Berichterstatter Lucien Clement (CSV) in der Chamber. Um eine weitere Vergrößerung dieser Risse zu verhindern, wurden im Herbst 2003 mehr als 200 Verankerungsstangen an den Bögen befestigt. „Durch diese Renovierungsarbeiten sind jedoch neue Risse entstanden“, so Clement.

Das von der Chamber verabschiedete Gesetzesprojekt 6468 zur Renovierung des Pont Adolphe sieht nun statt der radikalen Lösung eines Stahlbetonkerns eine eher sanfte Renovierung vor. „Damit die Brücke ihren natürlichen Charakter behält, soll die ursprüngliche Steinstruktur weitestgehend erhalten bleiben. Die größte Herausforderung besteht darin, die Bögen der Brücke zu verstärken und die Fahrbahn zu ersetzen“, erklärt Clement. Vorgesehen ist, dass die „Nei Bréck“ auf jeder Seite um 75 Zentimeter verbreitert wird, damit zwei Tramtrassen, zwei Fahrspuren – statt der gegenwärtigen drei – und die Bürgersteige Platz finden. Bei der Instandsetzung des Mauerwerks über den Bögen und des Geländers sollen beschädigte Steine originalgetreu nachgefertigt werden. Die Kosten der Renovierung der Brücke wurden auf 62,9 Millionen Euro festgelegt. Teuer wird vor allem der Unterhalt: 150.000 Euro pro Jahr in den ersten zehn Jahren, und 600.000 Euro in der Folgezeit.

Als Ersatz für den Pont Adolphe während der Bauzeit wurde per Gesetz der Bau einer provisorischen Stahlbrücke mit drei Fahrbahnen beschlossen, die parallel zum Pont Adolphe verlaufen wird. Nachdem die – auf ein Jahr veranschlagten – Arbeiten für diese provisorische Brücke gerade begonnen haben, wird die im Anschluss daran beginnende Renovierung des Pont Adolphe etwa zwei Jahre in Anspruch nehmen und 2016 abgeschlossen sein – rechtzeitig für die Tram, die ab 2017 darüber rollen soll. Die Abstimmung bezüglich der Tram steht jedoch noch immer aus. „Mit ihrem Ja zum Pont Adolphe bekennen sich die Abgeordneten auch zum Tramprojekt“, gab Xavier Bettel sich in der Chamber aber zuversichtlich. In der Tat kann man nur hoffen, dass in Zeiten leer werdender Kassen die Regierung ihr Versprechen zur Tram hält. „Die Struktur der Fahrbahn auf dem Pont Adolphe wurde so ausgerichtet, dass problemlos Tramschienen auf ihr verlegt werden können“, erklärte Clement. Sollte es dabei jedoch zu Verzögerungen kommen, könnte diese auch von Bussen benutzt werden.

Keine visionäre Grundsatzentscheidung zur Urbanität

Ursprünglich sollte die Tram schon 2015 nach einer vierjährigen Bauphase von der LuxExpo, über die „Avenue Kennedy“, die „Roud Bréck“, die „Allée Schaeffer“ und die „Place de l`Etoile“ bis zum „Centre Hamilius“ fahren, um danach über die „Pont Adolphe“ und die „Avenue de la Liberté“ bis zur vorläufigen Endstation am Bahnhofsplatz zu gelangen. Vorgesehen war, die bestehenden Zugtrassen künftig als Zubringer auszubauen, die dann zu kleineren Auffangstrukturen, den sogenannten „gares périphériques“ auf Howald, Kirchberg und Cessange, führen sollen.

Die Tram war als nachhaltiger Lösungsansatz für das Problem nicht nur der zunehmenden Pendlerströme, sondern auch des Klimawandels gedacht, als Element eines größeren landesweiten Projektes namens „mobil 2020“, dessen Ziel es ist, bis 2020 einen Modal-Split von 25 Prozent öffentlichem Transport und 75 Prozent Individualverkehr auf Landesebene zu erreichen. In Luxemburg-Stadt soll der Individualverkehr sogar auf 50 Prozent gesenkt werden. Schon vor Jahren forderte der Mouvement écologique einen radikalen Paradigmenwechsel in der städtischen Mobilitätsplanung. „Es ist ganz klar eine politische Wahl aus der Sicht der Stadtentwicklung und aus Klimaschutzsicht. Weniger Straßen bedeuten weniger Verkehr“, so Blanche Weber vom Mouvement, der schon vor Jahren die Beibehaltung der jetzigen Breite des Pont Adolphe sowie eine Reduzierung des Individualverkehrs auf eine Spur forderte.

Zu dieser visionären Grundsatzentscheidung zu Urbanität und Mobilität ist die Regierung jedoch auch mit dem nun verabschiedeten Gesetzesprojekt 6468 nicht bereit. Eine gute Idee ist immerhin die Infobox, die Ende Januar eröffnet werden soll. Am Boulevard Roosevelt (gegenüber dem Casino) gelegen, soll sie Besuchern einen Überblick über das Projekt, das Voranschreiten der Arbeiten und über die Geschichte des Pont Adolphe verschaffen.


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