Ley Sascha: Sich in den Dingen wiederfinden

Sascha Ley ist einen konsequenten Weg in der Theater- und Musikbranche gegangen. Die Autodidaktin zählt heute zu den beliebtesten KünstlerInnen auf luxemburgischen Bühnen.

Foto: Christian Mosar

Unzählige Frauenrollen verkörperte Sascha Ley auf einheimischen Bühnen und in Filmen – darunter sowohl fiktive Figuren aus der Literatur als auch legendäre Persönlichkeiten der politischen Vergangenheit. Da gab es zum Beispiel die Kameliendame, die Hetäre Megara, die Staatsfeindin Gudrun Ensslin oder Hitlers Geliebte Eva Braun: Gestalten aus dem Stück „Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen“ (1998). Sascha Leys einfühlsame Darbietung der unterschiedlichen Personen begeisterte und überzeugte zugleich das Publikum. Im selben Jahr erlebte die Künstlerin einen weiteren sensationellen Erfolg mit ihrem Solo-Musical „Heute abend: Lola Blau“.

Sascha Ley glänzt vor allem in der Darstellung von Außenseiterinnen. Und sie liebt es, komplexe Charaktere zu spielen. Die eigene persönliche Note, die sie dabei den Rollen verleiht, wurde zu ihrem schauspielerischen Markenzeichen. Am Anfang der Handlung entsprechen viele der von ihr gespielten Frauenfiguren stereotypen Mustern. Im Laufe der Vorführung aber gewinnen sie Kontur, entwickeln sich fort, wachsen aus sich heraus. Der Schauspielerin ist es wichtig, Charaktere befreit von Klischees in ihrer Vielseitigkeit zu zeigen.

Zur Zeit ist die 33-jährige Sascha Ley in der Parabel „Messer in Hennen“ zu sehen. Sie spielt eine junge, verheiratete, gottesfürchtige Bauersfrau, die hart arbeitet, gleichwohl aber mit ihrem einfachen Leben zufrieden ist. Doch dann lernt sie den Müller Gilbert Horn kennen. Er ist anders als die anderen der Dorfgemeinschaft: Er macht sich Gedanken über die Welt, schreibt Erlebnisse auf. Durch diese Bekanntschaft beginnt die junge Frau, ihre eigene Identität wahrzunehmen und ihrer selbst bewusst zu werden. Ganz besonders fasziniert Sascha Ley an der Rolle: „Die Naivität dieser Frau durch Nicht-Wissen. Sie versucht, ihren Platz in ihrer Welt zu finden, blickt nicht mehr zurück, sondern geht ab nun vorwärts“. Und hier zeigen sich auch Parallelen zur Persönlichkeit der Schauspielerin. Als positive Eigenschaft empfindet Sascha Ley ihre Fähigkeit, Lachen zu können und nicht die Freude am Leben zu verlieren. Es gebe noch vieles zu lernen und zu entdecken: „Es gilt, Erfahrungen zu sammeln und sich in den Dingen widerspiegeln zu können, die man dabei über sich selbst herausfindet“, erklärt die Künstlerin. Neue Entdeckungen über sich selbst und andere macht Sascha Ley zudem, wenn sie in Rollen schlüpft, deren Charaktere ihr selbst fremd sind.

Als Schwäche bezeichnet sie ihre Selbstzweifel. Die Autodidaktin musste lernen, Hemmungen zu überwinden und ein stärkeres Selbstvertrauen zu entwickeln, um ihr Können auch ohne abgeschlossene Schauspielerausbildung zu beweisen. Das war nicht immer leicht. Ihr zweites künstlerisches Standbein, das Singen, hilft Sascha Ley ihre Stimme und ihre Präsenz auf der Bühne zu verbessern. Beim Gesang fühlt sie sich wirklich wohl und frei.

Startpunkt der Karriere: Kulturfabrik

Die junge Sascha Ley debütierte 1986 mit dem Stück „Die Fremdlingin“ von Michel Clees im Escher Schluechthaus. Ein Jahr später führte ihr Weg nach Saarbrücken. Dort studierte sie Literatur, Linguistik und wählte die Sprachen Italienisch, Englisch und Deutsch. Der Versuch an einer deutschen Schauspielschule aufgenommen zu werden, scheiterte. Sowohl das Studium am Konservatorium in Luxemburg als auch an der Universität brach sie ab. Sie wollte nicht länger warten, endlich finanziell unabhängig sein, sich kreativ tätig beweisen und nahm unterschiedliche Jobs beim Theater, Film oder in der Gastronomie an …

Mittlerweile ist Sascha Ley ausschließlich künstlerisch aktiv. Wenn sie nicht schauspielert, dann singt sie oder tut beides zugleich. Seit Dezember 2000 darf Sascha Ley sich offiziell Künstlerin nennen. Doch der rechtliche Schutz des Berufstandes „Künstlerin“ ist mangelhaft. Damit das sich ändert, hofft Sascha Ley auf mehr Solidarität unter den KollegInnen. „Nachdem die juristische Basis geschaffen wurde, heißt es nun, konkrete Forderungen zu stellen, die den Bedürfnissen der KünstlerInnen gerecht werden, insbesonders die Sozialleistungen betreffend: Einkommensausfall durch Nichtbeschäftigung, Unfall oder Krankheit, Schwangerschaftsurlaub usw.“

Schauspielerische Herausforderungen sind für sie die stilistische Form der Komik und literarische Figuren wie die der Autoren Tchekhov und Strindberg: zum Beispiel „Fräulein Julie“ des schwedischen Dichters. Auf die Frage, ob die Schauspielerei und das Theater in Zukunft überflüssig werden, da „Big Brother“ veranschaulicht, dass eine Selbstdarstellung des Egos zunehmend mit Schauspieltalent gleichgesetzt wird, antwortet Sascha Ley spontan: „Reality Shows zeigen ausschließlich die Banalität des Alltags. Daher wird das Theater umso wichtiger. Durch das Theater erfolgt sowohl eine Infragestellung der Gesellschaft als auch eine Reflexion über die soziale Wirklichkeit.“ Würde sie sich überreden lassen, in einer Soap-Serie mitzuwirken? „Sicher nicht. Außer die Geschichte wäre spannend und originell. Das ist jedoch bei den platten Werbepausefüllern selten der Fall.“ Zum Glück befand sie sich noch nie in einer finanziellen Verlegenheit, einem solchen Angebot nachgehen zu müssen.

In Zukunft möchte Sascha Ley sich wieder mehr der Musik widmen, die sie in letzter Zeit etwas vernachlässigt, aber auch sehr vermißt hat. Musikalische Projekte plant sie zur Zeit mit ihrer neuen Gruppe „Spire Trio“, mit Claude Pauly und Marc Demuth. Weiterhin wird sie gemeinsam mit Claude Mangen und Tony Schuster ein „Chansonkabarett“ präsentieren.

Und was unternimmt die Schauspielerin, wenn sie nicht gerade auf der Bühne steht? „Reisen! Am allerliebsten: einen Kurztrip nach Barcelona. Unterwegs sein: mit der Bahn, dem Auto oder dem Flugzeug. Egal! Hauptsache, in Bewegung sein.“

„Messer in Hennen“ von David Harrower hat am heutigen Freitag, den 13. April im Kasemattentheater Premiere. Es spielen Sascha Ley, Serge Tonnar und Frédéric Frenay. Inszenierung: Claude Mangen. Weitere Vorstellungen (alle um 20 Uhr) sind am 18., 19., 21., 25., 26. und 27. April und am 2., 4., 5., 9., 11. und 12. Mai. Karten unter Tel: 29 12 81. Für die Schauspielerin Sascha Ley ist es wichtig, Charaktere befreit von Klischees in ihrer Vielseitigkeit zu zeigen.


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