Schroeder Anne: Die Celluloid-Künstlerin

An der Brüsseler Filmschule erarbeitete sich Anne Schroeder das Fundament für ihre zukünftige Karriere im Filmgeschäft. In Luxemburg gehört sie seit fünf Jahren zu den raren „Monteuses“ des Landes. Das ist aber längst nicht ihr einziger Trumpf …

Anne Schroeder, fotografiert von Christian Mosar.

Es hat sich herumgesprochen, dass Anne Schroeder auch außerhalb des Schneide- bzw. Computerraums tätig ist. Verstärkt durch die eigene Firma „Cinéquasi“ produziert und ko-produziert sie, führt des öfteren auch selbst Regie.

Begonnen hatte alles vor vielen Jahren bei einem Stage über Filmmontage im CNA (Centre National de l’Audiovisuel). „Wéi ech bis de Montage entdeckt hun, dunn duecht ech, dat ass Ménges.“ Kreativ sein, ohne auf riesigen, unpersönlichen Drehsets agieren zu müssen, kreativ sein im eigenen Kämmerlein und dabei aus einer Vielzahl von unzusammenhängenden Bildern eine Geschichte zum Laufen bringen, genau das reizte Anne Schroeder. Und dann ergab eins das andere. An der Filmschule schaffte sie es, in die enge Auswahl zu kommen, bekam bei Studienbeginn gleich eine Kamera in die Hand gedrückt. „D’Formatioun war ganz praktesch orientéiert. Dauernd si Filmer gedréint gin.“ Praktika ergänzten die Regiekenntnisse, die Spezialisierung in Montage schliff den Blick für treffende Szenen. Das Auge fürs Wesentliche wird gebraucht, wenn es darum geht eine aussagekräftige und ästhetische Collage zu schaffen. Dabei ist laut Anne der erste Eindruck, das Berührtsein bei der Durchsicht der Bilder wesentlich. Bei Dokumentarfilmen „fallen die Entscheidungen erst beim Zusammenschnitt“ meint Anne. Sie sind nicht wie Spielfilme an ein Drehbuch gebunden. Daher also ihre Liebe zur Dokumentation. Bislang ließen die Aufträge ihr den notwendigen gestalterischen Freiraum dazu.

Regie und Produktionsarbeiten kamen nach und nach dazu, was eine sehr umfassende Erfahrung im Filmbusiness ermöglicht, sowie mehr Freiheit und Mitsprache.

Wenn die Cutterin Regie führt

Und wer montiert, wenn die Schnittmeisterin im Regiestuhl sitzt? Anne Schroeder versuchte anfangs beides unter einen Hut zu kriegen, was ja auf Anhieb logisch klingt. „Bis ech irgendwann duerch de Montagesall am Krees gelaaf sin. Ech hätt am léifsten all hallef Stonn de Film nei montéiert.“ Die notwendige Distanz fehlte, die Regisseurin und die Cutterin in einer Person gerieten in Rollenkonflikt.

Für ihre Regiearbeit in „Histoire(s) de jeunesse(s)“, produziert von Samsa in Koproduktion mit Cinéquasi und dem CNA, wollte Anne jemand anders mit dem Schnitt beauftragen. Der Monteur-Kollege aus Belgien brachte neue Aspekte mit hinein, auch wenn es der Regisseurin nicht immer leicht fiel, zu erklären und zu übersetzen, ohne alles gleich selbst zu übernehmen.

Worum dreht sich das neue Werk? Es dokumentiert die Situation von Jugendlichen in Luxemburg zu ausgewählten Zeitpunkten des letzten Jahrhunderts mit Beginn in den 30er Jahren. Vom einstigen „si soe mer wéi et geet“ (zit. aus dem Soundtrack) bis zum heutigen „embarras du choix“ reicht der Spannungsbogen der Entwicklung. Jede Epoche hatte Angepasste, brachte aber auch Kritiker und Gegenkämpfer hervor als treibender Motor des Fortschritts. Es kommt klar heraus, wie wichtig es ist, sich für etwas einzusetzen, sei es im sozialpolitisch öffentlichen Bereich oder im kleinen, im privaten. „Histoire(s) de jeunesse(s)“ fällt als Dokumentarfilm in die Kategorie des „film d’auteur“ der immer auch den persönlichen Standpunkt der Regisseurin wiedergibt.

Und auf welchem Bildmaterial baut Anne Schroeder ihre Sicht der Dinge auf? Den wichtigsten Teil machen ihre gefilmten Interviews aus, in denen Leute Stellung zur eigenen Jugend nehmen. Die Aussagen werden mit deren Amateurbildern untermalt: Jugendliche aus Luxemburg, wie sie sich selbst sehen und filmen. Anne Schroeder kennt sich gut aus in Filmarchiven, hat viel im CNA gearbeitet, wo sehr interessante Privatfilme liegen. Zwei Jahren sammelte und sichtete sie mit dem Team Bildmaterial, kontaktierte Leute. Dieser Teil der Arbeit, kreuz und quer Kontakte zu knüpfen, um Interviews zu bekommen bzw. nach weiteren Aufnahmen zu bestimmten Zeiten und Themen zu kramen, gefiel der Regisseurin besonders gut. Mit Gefühl und viel Geduld verknüpfte sie Wort und Bild. Trotzdem: Manchmal hing alles an einer Aussage, die nicht kam, oder an einem Bild, das nicht aufzutreiben war, um einen fließenden Übergang von einem Puzzleteil zum nächsten zu bekommen.

Und die Atmosphäre aus der Zeit? Auch sie soll in den Bildern spürbar sein. Serge Tonnar sorgt zusätzlich mit musikalischen Arrengements und Eigenkompositionen für die treffende Note. Mit „Histoire(s) de jeunesse(s)“ spricht Anne Schroeder alle an, die jung waren oder jung sind.

Anne Schroeders „Histoire(s) de jeunesse(s)“ wird am Montag, den 23.4, um 21h15 (luxbg. Fass.), am Mittwoch, den 25.4., um 18.30 Uhr (fr. Fass.) und am Donnerstag, den 26.4., um 16.30 Uhr (luxbg. Fass.) im Utopia/Limpertsberg im Rahmen der „Semaine du documentaire luxembourgeois“ (23.4. – 26.4.) zu sehen sein. Reservation, Tel.: 22 46 11.“Wéi ech bis de Montage entdeckt hun, dunn duecht ech, dat ass Ménges.“


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