TRAVESTIE: He is a lady

Er liebt Männer, Marianne Rosenberg, die Kleider und den Schmuck von Joop. Vor allem aber schlüpft er gerne in eine zweite Haut und legt elegante Roben berühmter Diven an. Dann ist Gusty Dauphin selbst Bühnen-Star.

Sein Metier ist die Travestie. Diese verkörpert für ihn sowohl die Lust als auch den Spaß, Geschlecht und Identität für kurze Zeit zu wechseln, sich in eine fremde Person hineinzuversetzen und so eine andere Rolle zu spielen. Vergleiche mit Drag-Queens lehnt Gusty Dauphin strikt ab. Bei ihnen ziele die Verkleidung rein auf Anmache, nicht auf die Imitation und künstlerische Darstellung weiblicher Starletts.

Vor 23 Jahren debütierte er gemeinsam mit Jean-Marie Gonner. „Glass Family“ nannten sich die beiden. Später gesellten sich Marcel Dichter und Roby Gillen zur Truppe. Da Letzterer das Bistro „Fada“ führte, einigte man sich schließlich auf den Namen „Fada’s Family“. An kleinen Auftritten wie beispielsweise in Kneipen oder Diskotheken nimmt Gusty Dauphin nicht mehr teil. Dazu bleibt ihm keine Zeit mehr, leitet er doch selbst ein Lokal. Bereits das Dritte. Stadtbekannt war darunter „Den Théiwesbuer“. Das reiche völlig an Arbeit, sagt er. Aber bei den großen Gastvorstellungen sei er selbstverständlich noch dabei.

In der Vergangenheit gab es davon einige: RTL-Löwenverleihung, Mondorfer Casino, Benefizgalas für Aidskranke, Schobermesse, Tourneen in Deutschland und Frankreich, Gran Canaria zwei Jahre lang … Fazit: Grandiose Erfolge.

Und in Zukunft? „Mal sehen! Was sich so anbietet!“, lautet keck die Antwort.

Sie gehört zu mir …

Der Rückzug aus der Fada’s-Clique bedeutet aber nicht, dass Dauphin als Travestit nicht mehr aktiv ist. Von wegen! Einmal im Monat, jeden letzten Sonntag, lässt er in seiner Gaststätte „Chez Gusty“ in Eich die Puppen tanzen. Showtime ist dann angesagt. Flyer-Lili alias Thierry Raach begleitet die Lady. Für einen Abend geben sich Dauphins Lieblings-„Vedetten“ Dalida, Sylvie Vartan, Shirley Bassey die Ehre. Ohne Marianne Rosenberg zu vergessen! Die Schlagersängerin ist ihm besonders ans Herz gewachsen. Seit Jahren verbindet die beiden eine enge Freundschaft. Man telefoniert regelmäßig, schwatzt, plauscht über alte Zeiten, Sorgen und Freuden. Zudem managt er in Luxemburg den Marianne Rosenberg-Fanclub. Stolz erzählt er, dass ihm für diese Tätigkeit das Exklusivrecht zusteht. Und wer schon einmal die Innenräume bei „Chez Gusti“ ins Auge gefasst hat, der kann nur bestätigen, dass der Name „Zur göttlichen Marianne“ zweifellos auch seine Richtigkeit hätte: Von allen Wandseiten lächelt die Frau die Kundschaft an: Plakate, Erinnerungsschnappschüsse, Autogramme.

Ebenfalls geizt man nicht mit Rosenbergs Liedern. Überhaupt gibt hier der deutsche Schlager den Ton an. Disco oder Techno, nein Danke!

… wie mein Name an der Tür

Doch worin liegt letztlich die Faszination des Transvestismus? Zweifelsohne nicht im Begehren weiblicher Identität, dafür aber im Tragen weiblicher Garderobe: Stöckelschuhe, Glockenröcke, Deux-pièces, Korsetts, Muffe, Schleppen, Spitzen, schicke Hüte, modische Handschuhe sind der Knüller. Seine Bewunderung gilt der „feinen Damenwelt“. Die Kostüme für die Show-Defilees schneidert und entwirft Dauphin auch mal selbst. Absolut fesch findet er Joan Collins‘ Look, und Großherzogin Charlotte war seiner Meinung nach stets musterhaft gekleidet. Sind Äußerlichkeiten in seinem Leben nun wirklich von entscheidender Bedeutung? Bei der Partnerwahl zumindest zieht er innere Werte vor. Immerhin sind schöne Hüllen oft miserable Garanten für dauerhaftes Liebesglück. Allerdings ist ihm sein Aussehen nicht gleichgültig. Über sein Alter schweigt sich Gusty Dauphin daher aus. Andere Menschen leisten sich ein Auto, er hingegen – wie er selbst betont – investiert in seinen Körper. Folglich steht demnächst ein Lifting bevor, damit die lästigen „faux pas“ endlich aus dem Gesicht verschwinden.

Wie reagiert die Umwelt auf ihn? Als natürlichen, lieben Menschen ohne Starallüren beschreibt sich Dauphin selbst, als jemanden, der den Kontakt mit dem Publikum über alles liebt. Seine Homosexualität versteckte er nie vor der Öffentlichkeit, offen zeigte er seine Neigungen. Jeder mochte ihn, wie er war! Sogar die starken Jungs im Schulhof zählten zu seinen Freunden. Kindheit und Jugend waren also frei von Diskriminierungen. „Wann een emol eng Frechheet mécht, hun ech nach ëmmer e Mondwierk fir mech ze wieren“.

Die einheimische Schwulen-Szene empfindet er als zu klein. Als Vorbild sieht er die Stadt Köln. Dort können Homosexuelle frei leben. In Luxemburg läuft das Ganze noch immer sehr versteckt ab. „Et gin Leit, déi outen sech eréischt an der Pensioun!“ Die Gründe sind bekannt: Beruf, Familie usw. Die Entwicklung der Akzeptanz von Homosexuellen sieht Dauphin dennoch positiv. Mittlerweile treffen sich Homo- und Heterosexuelle an gleichen Orten. Ein Schwuler ist nicht mehr ausschließlich auf Homokneipen angewiesen. Und welche Gäste empfängt sein Lokal in Eich? Willkommen sind alle. Auch Großherzogin Maria-Teresa, falls sie Lust hat auf eine Tasse Kaffee.

Christiane Schiltz

„Unerhörter“ Dresscode

(bs) – Im „Inouï“ in Redange sollte am 31. Dezember eine Sylvester-Fete mit der Fada’s-Family stattfinden. Als Gag hatten sich die OrganisatorInnen eine besondere Abendgarderobe für ihr Publikum gewünscht: Die Damen sollten in Herren- und die Herren in Damenkleidung erscheinen. „Unerhört“ fand die in diesem Punkt recht konservative Kundschaft des Kulturcafés den Dresscode und die Reservierungen für die Party blieben aus.

Den Betreibern der neuen Disco „Privé du Rubis“ hingegen, die am 31.12. in Aubange (bei Athus in Belgien) Eröffnung feiert, sei an dieser Stelle gratuliert. Sie öffnen ihre Pforten für Homos, Transis und FreundInnen. Infos unter Tel: 0032 63 37 00 53.


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