BÜRGERHAUSHALT: Transparenz ohne Partizipation?

Die Stadt Luxemburg stellte am Dienstag das „Budget participatif“ vor. Der Schöffenrat verspricht sich dadurch mehr Transparenz, jedoch mangelt es an wahrer Bürgerbeteiligung.

Die Gemeinde Luxemburg präsentierte am Dienstagmorgen ihr eigenes Modell des partizipativen Haushalts. Ab dieser Woche können alle Bürger der Stadt Luxemburg ihre Zugangsdaten zu dem eigens eingerichteten Diskussionsforum beantragen. Einen ganzen Monat lang ist den angemeldeten Usern gestattet, in elf verschiedenen Themenfeldern konstruktive Vorschläge zum Haushaltsentwurf zu machen. Eine benutzerfreundliche Version des Entwurfs, in welchem alle geplanten Projekte vorgestellt werden, wird eigens angefertigt; sie soll als Diskussionsgrundlage dienen.

Bausch und Bettel verkündeten nicht ohne Stolz, dass sie sich bei der Umsetzung von dem bekannten Freiburger Model inspirieren ließen und sogar Freiburger Kommunalpolitiker zu Rate zogen, um mögliche Fehler in Luxemburg zu vermeiden. So habe man sich, wie Bettel erklärte, gegen kommunale Versammlungen entschieden und ausschließlich auf ein Online-Projekt gesetzt.

Ein sozial-fortschritt-liches Projekt

Ursprünglich kommt die Idee des partizipativen Haushalts nicht aus Freiburg oder einer anderen europäischen Stadt, sondern aus Brasilien. Es war ein sozial-fortschrittliches Projekt aus den 1980er Jahren, welches einen anderen und demokratischeren Regierungsstil ermöglichen sollte. Mittlerweile gibt es verschiedene Modelle und Definitionen des partizipativen Haushalts – beim Luxemburger Pilotprojekt muss man sich allerdings fragen, ob es auch nur einem Minimalbegriff des Modells entspricht.

Erfolgreiche Varianten zeichnen sich nämlich dadurch aus, dass Bürger tatsächlich verpflichtend mitbestimmen und abstimmen, welche Projekte finanziell gefördert werden sollen. In den Beratungszyklen entstehen so neue gemeinschaftliche Ziele und Dynamiken. Dies geht daher auch mit einer relativen Entmachtung der Volksvertreter einher. Solche Modelle sehen kommunale Diskussionsversammlungen auf verschiedenen Ebenen vor. Bettel sieht bei Versammlungen jedoch die Gefahr, dass man nicht nur über konkrete Projekte diskutiert, sondern über grundsätzlichere Fragen. Beim Problem der hohen Wohnungspreise oder in Fragen der kommunalen Verkehrspolitik wären lokale Diskussionen in der Stadt-Luxemburg wegweisend.

In der Stadt ist den Bürgern, beim jetzigen Stand des Projekts, lediglich eine beratende Rolle zugedacht. Sie dürfen online vor sich hin diskutieren, und vielleicht wird danach die eine oder andere Idee von den Politikern aufgegriffen werden. Nach der Verabschiedung des Haushalts will die Gemeinde offiziell Feedback zu den Ideenvorschlägen der Bürger geben. Die Vertreter sehen sich jedoch nicht verpflichtet, Projektvorschläge in die Tat umzusetzen.

Das System, das am 7. November online geht, sieht, wie eine äußerst „saubere“ und unkomplizierte Lösung aus. Es verlangt keinen sehr hohen Einsatz der Politiker. Das Luxemburger Pilotprojekt, kann in seiner aktuellen Form aber höchstens dazu führen den Bürgern Entscheidungen der Gemeinde besser zu vermitteln. Mehr Transparenz hieße die Bürger progressiv beim Treffen von Entscheidungen mit einzubinden. Ein Teil des Budgets könnte so nächstes Jahr von Anfang an für Bürgerprojekte vorgesehen werden.


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