THEATER: Ohne Grenzen

Nach dreijährigem Bestehen bringt das Collectif Dadofonic nun „Zirkus Sardam“ auf die Bühne. Das Stück von Daniil Charms passt perfekt zum dadaistischen Ansatz des Künstlerkollektivs. Spielerisch führt es einem die Absurdität des Alltags vor Augen.

Ihrer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt: Mitglieder des Collectif Dadofonic.

Seit Beginn ihres Bestehens entwirft sich das „Collectif Dadofonic“ immer wieder neu. Das Kollektiv, ein „Atelier protégé der Ligue HMC“, ist eine Theatergruppe von dreizehn Menschen mit einer mentalen Behinderung, das seine Stücke unter der Leitung von Dagmar Weitze und Claude Englebert kreativ und eigenständig entwickelt. Rund drei Jahre nach seiner Gründung, ist die Gruppe zusammengewachsen, hat ihre darstellerischen und sozialen Kompetenzen sukzessive ausgebaut und überrascht nun, unter der Regie von Ela Baumann, mit seiner dritten Produktion „Zirkus Sardam“, einem märchenhaften Stück, das sich an Alt und Jung richtet und sich auch gesellschaftspolitisch lesen lest. Zirkus Sardam von Daniil Charms ist ein Klassiker aus der Theaterliteratur und wurde ursprünglich für das Puppentheater geschrieben. Nun hat das Kollektiv das Stück kurzerhand neu gefasst und in gemeinsamer Arbeit (s)ein eigenes Bühnen-Konzept geschaffen.

Die Künstlergruppe spielt in dem Stück eine berühmte Zirkusakrobatikgruppe, den Puppenzirkus Sardam. Mit dem tollpatschigen Bürger Vertunov (Dan Tanson) ist außerdem einer seiner größten Bewunderer mit dabei. Er stört die Gruppe durch seine ständigen Zwischenauftritte, mit denen er beweisen will, dass er gut genug ist, auch ein Akrobat zu sein. Denn Vertunov wünscht sich nichts sehnlicher, als ein Mitglied des Zirkus Sardam zu werden. Regelmäßig wird er jedoch von der empörten Gruppe ausgebuht oder durch Magie zum Verschwinden gebracht. Da hilft es auch nicht, dass er vorgibt, fliegen zu können, und dass er wiehern kann wie ein Pferd. Am Ende schafft Vertunov noch mehr Unheil als befürchtet. Der erste Teil des Programms spielt auf der Erde, der zweite unter Wasser. Im zweiten Teil des Stücks schwimmt ein Haifisch frei herum und hat Hunger …

Der russische Dadaist Charms entlarvt in seinen Stücken mit Hilfe seines Humors und sprachlicher Mittel das falsche, unechte, erstarrte, bereits tote Leben – in der alltäglichen zwischenmenschlichen Kommunikation. Eine unpersönliche Existenz ist für Charms die reale Absurdität. Subtil fragt er in seinen Stücken danach, wo das echte Leben stattfindet. Das Collectif Dadofonic versucht, Tabus zu brechen, und erprobt in seinen Stücken immer wieder Neues. Charms theoretische Überlegungen und sein Stück „Zirkus Sardam“ scheinen damit wie auf das Künstlerkollektiv und seine Philosophie zugeschnitten.

Schon die Namen der DarstellerInnen erweisen sich als regelrechte Zungenbrecher. Da sind neben Oleg, der großen Wert darauf legt, „Herr Oleg“ genannt zu werden, Mathilda Huu-is-huu, Kaba laba saba laba oder die Bodenakrobaten Kruskin und Kluskin und Gibt-Tschip-Lib. Die eigens für das Stück geschriebene Musik stammt von dem Komponisten und Musiker Fränz Hausemer. Anja Schlosser, eine Mezzosopranistin aus Zürich, hat das Haifischlied für das Collectif Dadofonic eingesungen. Mit Dan Tanson, der 2003 die freie Theatergruppe Traffik Theater Luxemburg gründete, ist außerdem ein alter Hase des Kinderschauspiels mit von der Partie, der durch seine witzigen Zwischenauftritte das Stück zusätzlich auflockert. Die Regie liegt in den Händen der Österreicherin Ela Baumann, einer erfahrenen Regisseurin, die schon zahlreiche Musiktheaterstücke für Kinder kreiert und mitkonzipiert hat. Mit dem Collectif Dadofonic hat Ela Baumann – als Choreografin – bereits bei der Produktion ihres letzten Stückes Pallum gearbeitet. So kennt sie die SchauspielerInnen, weiß um deren Stärken und Schwächen und leitet die Proben bestimmt und sicher. Am Ende steht ein inklusives Theaterereignis, das von den Persönlichkeiten seiner DarstellerInnen und deren Akrobatikkünsten lebt und die ZuschauerInnen für eine gute Stunde verzaubert.

Am 19.10. um 18h und 20.10. um 17h im Kinneksbond, Centre culturel Mamer und am 5.11.2013 um 15 Uhr und 6.11. (Schulvorstellung) um 10h im Kulturhaus Miersch.


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