BIO-LANDBAU: Gebremste Dynamik

25 Jahre organisierte Biolandwirtschaft, zum fünften Mal ein Bio-Agrarpreis – „Bio“ ist längst kein Nischenmarkt mehr in Luxemburg. Trotzdem tut sich die Branche schwer.

Landwirtschaftsminister Romain Schneider ist kein Mann der großen Worte. Anlässlich der Verleihung des fünften Bio-Agrarpreises zog der LSAP-Politiker am Mittwoch eine knappe Bilanz des nationalen Aktionsplans zur Förderung der biologischen Landwirtschaft, der im Februar 2009 initiiert worden war. Dabei gestand er auch einige Probleme ein, die sich nicht zuletzt in einer von seinem Ministerium und dem Verband Bio-Lëtzebuerg initiierten Umfrage offenbart hatten. So herrscht in Luxemburg ein regelrechter Label-Wirrwarr, der es KundInnen oft schwer macht, echte Bioprodukte von zwar regionalen aber konventionell hergestellten, zu unterscheiden.

Die Umfrage macht deutlich: Zwei Drittel der Bevölkerung greifen wenigstens einmal pro Woche zu (vermeintlichen) Bioprodukten. Und viele von denen, die bewusst bio wählen, wollen das in Zukunft auch verstärkt tun. Aber die heimische Bioproduktion nimmt nur etwa vier Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Anspruch.

Einer der Bestandteile des Aktionsplans war die Schaffung eines Bio-Agrarpreises, der an Personen und Organisationen vergeben wird, die sich um die Weiterentwicklung der biologischen Landwirtschaft verdient gemacht haben. Der mit 4.000 Euro dotierte Preis sollte diesmal an einen Betrieb gehen, der sich besonders mit dem Problem der Futtermittel auseinandersetzt. Diese sollen im Idealfall ganz aus biologischer Produktion stammen und so weit wie möglich von den Betrieben selber oder zumindest in der Region hergestellt werden. Francis Jacobs aus Kahlborn, der seit 1987 biologisch produziert, war diesmal der Geehrte, sein Kollege Marc Kleer aus Everlange, Biobauer seit 2001, erhielt eine „mention spéciale“. Weitere Bewerber hatte es nicht gegeben.

Monique Faber-Decker, die sich bei der Verwaltung für landwirtschaftliche Dienste um die biologische Landwirtschaft kümmert, wies darauf hin, dass in Zukunft der Preis nach einem anderen Modus ausgeschrieben werden soll. Statt spezifische Vorgaben zu machen ? und damit den Kreis interessierter KandidatInnen von vorne herein zu beschränken ? soll es ab 2014 möglichen BewerberInnen freigestellt sein, welchen Aspekt sie hervorkehren wollen. Die Preisverleihung soll auf die Anfang Juli stattfindende Foire Agricole vorverlegt werden, weshalb die Einschreibungsfrist jeweils schon im April, und nicht wie bisher im Juni, ausläuft.

Mehr bio – vielleicht

Bevor man zur Verleihung der beiden Auszeichnungen schritt, wagte Romain Schneider einen vorsichtigen Blick in die Zukunft. „Vielleicht“, so der Minister, werde die Förderung der biologischen Landwirtschaft in Zukunft mit mehr personellen und finanziellen Ressourcen vorangetrieben werden. Der Vorbehalt in dieser Formulierung, der bei der interessierten Biolandwirtschaftsbranche nicht gerade Jubel auslöste, hat wohl mit den noch nicht abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen zu tun.

Tatsächlich sehen im (provisorischen) Verhandlungspapier die Koalitionäre in den biologisch ausgerichteten Landwirtschafts-, Weinbau- und Gartenbaubetrieben eine „vielversprechende Piste“ für den Erhalt der kleinbäuerlich geprägten Luxemburger Landwirtschaft. In diesem Sinne sollen zum Beispiel öffentliche Kantinen stärker dazu animiert werden, Luxemburger Bioprodukte zu verarbeiten. Allerdings soll dies auch für „produits du terroir de qualité“ gelten. Womit die eingangs erwähnte Verwirrung weiterhin Bestand haben dürfte.

Immerhin verspricht das Papier, dass der Aktionsplan sowohl qualitativ als auch in Bezug auf die personellen Ressourcen voran „gestoßen“ werden soll. Hier wird explizit auf das Förderungsproblem abgehoben, das es bislang Betrieben schwer macht, das Risiko der Umstellung – die in den Anfangsjahren stets mit Einnahmeverlusten einhergeht – auf sich zu nehmen.

Auch konventionelle Betriebe erhalten im Rahmen nachhaltiger Naturerhaltungsmaßnahmen Fördermittel, die unter Umständen ähnlich hoch ausfallen wie die für potenzielle Umsteiger – was den Ansporn zum Umstieg natürlich nicht verstärkt. Das Koalitionsprogramm sieht hier eine Öffnung vor, die es dem zukünftigen Minister zumindest erlaubt, in dieser Angelegenheit proaktiver zu verfahren – sofern es die Budgetmittel gestatten.


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