DIENSTWAGEN FÜR ALLE?: Wer’s braucht

In einem Land, wo Jenny und Menni den Dienstwagen privat nutzt, sollen Regierungsmitglieder das nicht mehr dürfen? Für dieses Privileg spricht die Arbeitsintensität ihres Jobs, dagegen sprechen die strengeren Regelungen in zahlreichen Ländern.

Was bleibt von der Schlammschlacht um den Winterurlaub von Francine Closener? Die Staatssekretärin wurde vom Verdacht, ihren Dienstwagen illegalerweise privat genutzt zu haben, reingewaschen und entschuldigte sich obendrein für die Behauptung, sie sei im Recht gewesen. Nun steht die Regierung vor der Aufgabe, den brandneuen Deontologie-Kodex ein weiteres Mal zu überarbeiten.

Wozu brauchen MinisterInnen und StaatssekretärInnen eigentlich außerhalb ihrer Arbeitszeit einen Dienstwagen? Im Jeudi dieser Woche erinnert Danièle Fonck daran, dass die Regierungsmitglieder jederzeit erreichbar und „rückführbar“ sein müssen, es also keineswegs unsinnig sei, mit dem Dienstwagen in den Auslandsurlaub zu fahren. Als Personen des öffentlichen Lebens stünden sie 24 Stunden am Tag im Dienst des Staates, so Fonck weiter. Sie – und ihr Auto – repräsentierten nicht die eigene Person, sondern ihr Land und ihre Nation.

Nicht jeder wird das unterschreiben wollen: Obwohl ein PS-starkes Auto mit Vierradantrieb zweifellos bestens geeignet ist, die luxemburgische Nation zu repräsentieren, dürfte vielen Linken diese Glorifizierung von Staat und Nation an sich nicht behagen. Einfacher zu akzeptieren ist da schon, was Theodor Eschenburg bereits vor über 50 Jahren in der Zeit schrieb: „Bei der Sonderstellung, die ein Minister einnimmt, ist eine klare Scheidung zwischen dienstlicher und privater Benutzung von Dienstkraftwagen grundsätzlich kaum möglich. Viele Bundesminister sind heute so stark in Anspruch genommen, daß ihnen die Möglichkeit gegeben werden muß, über ihre Zeit so günstig wie möglich zu disponieren. Dafür ist es unerläßlich, daß der Minister uneingeschränkt über einen Kraftwagen verfügen kann.“

Doch nicht in jedem Land geht man davon aus, dass die Verfügbarkeit und Mobilität der Regierungsmitglieder ständig per Dienstwagen sichergestellt werden muss. In Frankreich greifen Regierungsmitglieder auf einen Fuhrpark von Dienstwagen zurück, die im Prinzip nicht für private Zwecke genutzt werden. Sogar der Rückgriff auf den Dienstwagen für den Weg zur Arbeitsstelle muss vorher genehmigt und jede private Nutzung als geldwerter Vorteil versteuert werden. Noch strenger geht`s in Schweden zu, wo 1996 die Vizepremierministerin wegen der „Toblerone“-Spesenaffäre zurücktreten musste. Dort wird erwartet, dass Minister ein möglichst normales Leben führen, und nur der Premierminister hat Anspruch auf Dienstwohnung und -wagen.

Muss es 4×4 sein?

Bei der Diskussion um die unzulässige Nutzung der Autos wird oft über die Zusammensetzung des Fuhrparks hinweggesehen. Ob privat genutzt oder nicht, besonders teure und umweltbelastende Dienstwagen harmonieren sicher nicht mit den politischen Zielen der neuen Koalition in Luxemburg. In den vergangenen Jahren scheinen sich nur die jeweiligen Umweltminister für Autos mit alternativen Antrieben interessiert zu haben. In Deutschland dagegen ist der CO2-Ausstoß der Dienstwagen durchaus ein Thema, und laut Deutscher Umwelthilfe gehen die CO2-Emissionen der Politiker-Autos schneller zurück als die der normalen Neuwagen. Unklar bleibt, warum luxemburgische Regierungsmitglieder unbedingt einen Vierradantrieb brauchen – wenn nicht zur privaten, wintersportlichen Nutzung. Unklar ist auch, was der ADR-Abgeordnete Roy Reding in einer Question parlementaire anspricht: Wird die private Nutzung als geldwerter Vorteil versteuert, wie das für Normalsterbliche gilt?

Man sieht, es gibt Einiges zu regeln im Deontologiekodex. Vielleicht wäre es sogar einfacher und weniger skandalträchtig, die private Nutzung grundsätzlich einzuschränken und stattdessen die Aufwandsentschädigung für Minister zu erhöhen. Andererseits würde das nichts daran ändern, dass der Sturm der Entrüstung gegen die Staatssekretärin seinen Beweggrund auch im Neid hat. Und zwar weniger in dem der Leute, die sich keinen Skiurlaub leisten können, als in dem der Nutzer von Dienstwagen, die mit weniger PS und ohne Vierradantrieb auskommen müssen.


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