THEATER: Sommernacht auf Speed

David Greigs Komödie „Eine Sommernacht“ ist der krönende Abschluss einer Liebestrilogie. Josiane Pfeiffer und Martin Engler überzeugen als schrulliges Paar, das sich noch einmal ins volle Leben schmeißt.

Gegensätzliche Naturen, die sich anziehen wie zwei Pole und in ihrer Unterschiedlichkeit kaum besser zueinander passen könnten. (©Bohumil Kostohryz)

Beziehungskisten sind im Theater gerade angesagt und sorgen in Luxemburg für ausverkaufte Häuser – gerade bei den kleinen Bühnen. Stefan Maurers Inszenierung von Fausto Paradivinos „Exit“, der erbarmungslosen Skizze einer Beziehungskrise, wurde im Kasemattentheater vor ausverkauften Reihen gespielt. Mit David Harrower’s „Blackbird“ gibt Marion Rothhaar (MASKéNADA) gerade ihr Regiedebut. Es ist die Aufarbeitung eines Missbrauchs: Liebe als unergründliches Spiel, bei dem Täter- und Opferrollen verschwimmen.

Harrowers Geburtstort Edinburgh ist auch der Schauplatz von „Eine Sommernacht“, dem letzten Teil einer Liebestrilogie, die Martin Engler und Josiane Pfeiffer 2010 in der Kulturfabrik mit Nico Helmingers „Pegel der Gerechtigkeit“ begannen und im Frühling 2012 mit Harold Pinters „Liebhaber“ im Kulturhaus Niederanven fortführten. Nach der Premiere im Escher Theater wird das Gastspiel in Niederanven und schließlich im Kapuzinertheater wiederholt.

„Eine Sommernacht“ ist eine romantische und abgedrehte Liebesballade zwischen zwei grundverschiedenen Menschen. Helena, erfolgreiche Scheidungsanwältin, sitzt in einer Bar und trinkt Wein für 40 Pfund das Glas. Sie wurde gerade von ihrem verheirateten Liebhaber versetzt. Bob, ein kauziger Kleinkrimineller, wartet dort auf seinen nächsten Autoschieber-Job und vertreibt sich die Zeit mit der Lektüre von Dostojewskis Aufzeichnungen aus einem Kellerloch. Und da das Leben den beiden anscheinend nicht mehr viel zu bieten hat und sie sich voneinander angezogen fühlen, stürzen sie sich – warum auch nicht – in einen alkoholisierten One-Night-Stand. Aber sind die Pärchenspielchen nicht seit Jahrhunderten dieselben? Am Ende geht man auseinander und versichert sich gegenseitig, dass man eh nicht ernsthaft aneinander interessiert war und sowieso gar nicht zusammenpasst. Doch Zufall oder Schicksal – am nächsten Tag treffen die beiden verzweifelten Gestalten wieder aufeinander. Helena im besudelten Kleid, Bob mit 25.000 Pfund in einer Plastiktüte. Man ist sich einig, dass die sexuelle Spannung raus ist, wenn man einmal miteinander geschlafen hat, man ist sich einig, dass ihr Alter, 45 Jahre, „ein beschissenes Alter“ ist und dass man jemanden mag, wenn man gemeinsam schweigen kann … So hauen die beiden in einer regnerischen Sommernacht das Geld auf den Kopf, besaufen sich hemmungslos und landen auf Speed in einem Club, wo sie in glücklichen Erinnerungen schwelgen und sich nach einigen Sado-Maso-Spielchen irgendwann in einem Fischernetz verstrickt wiederfinden.

Wie zwei Pole ziehen sich die beiden an und stoßen sich ab und versinnbildlichen damit die Tragik aller menschlichen Liebesbeziehungen. Das könnte freilich bei eineinhalb Stunden monoton werden, gäbe es nicht zu jeder Szene in dem tiefblauen Bühnenbild mit glitzerndem Regen von Iwona Jera den passenden musikalischen Sound. Für den sorgen Ralph Hufenus (Kontrabass) und Matthias Trippner (Schlagzeug und Piano). Wenn Bob abgerockt mit rauer Stimme „Alles Schutt und Asche, alles Schall und Rauch“ singt und Helena passioniert und lasziv ein Gainsbourg-Chanson intoniert und die beiden ihre inneren Monologe nach außen kehren, fügt sich das Stück zu einer wunderbar nostalgischen Liebes-Ballade zusammen. Ein Abgesang auf die große Liebe und ein „Ja“ zum ausschweifenden Leben!

Am 7. Und 8. Februar um 20h im Kulturhaus Niederanven und am 14. Februar um 20h im Kapuzinertheater.


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