OPER: Rosenkavalier vom Meister der Ironie

Nach seiner vielumjubelten Inszenierung des „Rosenkavaliers“ in Antwerpen bringt Hollywood-Star Christoph Waltz die Oper nun auf die Bühne des Grand Théâtre. Hartgesottene Opernfans erwartet eine fast vierstündige Vorstellung mit Waltz’schem Augenzwinkern.

Der Rosenkavalier ist ein Opern-Evergreen. Auch wenn Richard Strauss‘ Rolle im Nationalsozialismus umstritten sein mag (von 1933 bis 1935 war er Präsident der Reichsmusikammer) – der Rosenkavalier gilt als das Meisterwerk des Komponisten und seines kongenialen Librettisten Hugo von Hofmannsthal. Wiener Charme, Melancholie und Farce werden zu einem grandiosen Klangbild verwoben. Ein opulenter, fast vierstündiger Klassiker, den jedes Opernhaus, das auf sich hält, musikalisch anspruchsvoll auf die Bühne zu bringen sucht.

Strauss‘ Rosenkavalier kann heute als ironischer Kommentar zur dekadenten Aristokratie in Wien um 1740 gelesen werden. Der erste Akt setzt im Schlafgemach der Feldmarschallin ein, die sich in Abwesenheit ihres Gatten mit ihrem siebzehnjährigen Geliebten, Octavian, vergnügt. Dann platzt Baron Ochs herein und die Feldmarschallin bietet ihm den verkleideten Octavian als Bräutigamsführer („Rosenkavalier“) an. Denn der selbstgefällige Baron Ochs geht im gesetzten Alter noch auf Brautschau und ist fest entschlossen, die schöne Sophie, die Tochter des Emporkömmlings Faninal, zu heiraten. Dazu benötigt er Octavian, der die obligatorische silberne Rose als werbender Kavalier im Auftrag des Barons an Sophie überbringt und sich prompt in sie verliebt. Am Ende steht Ochs als lächerliche Figur da.

Obwohl in der Blütezeit des Rokoko angesiedelt, sind in der Oper nicht viele rokokotypische Tänze, wie das Menuett, verarbeitet, sondern an erster Stelle der Wiener Walzer, der erst im 19. Jahrhundert entstand. Er verleiht aber den nötigen Lokalkolorit und symbolisiert den Schauplatz Wien. Strauss huldigt mit seiner beschwingten Musikkomödie nach Art der Opera buffa seinem großen Vorbild Mozart. Die Verwechslungskomödie um einen Adligen, der einem Dienstmädchen nachstellt, erinnert stark an „Die Hochzeit des Figaro“. Strauss‘ Rosenkavalier ist üppig und musikalisch aufwändig umgesetzt. Das Orchester umfasst über 100 MusikerInnen.

Der Wiener Schauspieler Christoph Waltz hat in Hollywood mittlerweile alles erreicht – so scheint es zumindest. Die vielschichtigen Rollen als NS-Offizier in „Inglourious Bastards“ und Kopfgeldjäger in „Django Unchained“ schienen ihm wie auf den Leib geschrieben. Nicht zuletzt glänzte Waltz darin vor allem durch (s)eine unglaubliche Ironie. Ist ihm das langweilig geworden, oder weshalb wagt er sich nun an ein großes Opernwerk wie den Rosenkavalier? Schon in der Polanski-Verfilmung von Rezas „Gott des Gemetzels“ schien es so, als würde sich Waltz nur noch genüsslich zurücklehnen. Nun also seine erste Operninszenierung mit nichts Geringerem als dem Rosenkavalier – anspruchsvoller Stoff, für den Waltz freilich nicht nur „die Kernkompetenz des Gefühls für das spezifisch Wienerische des Librettos mitbringt“, wie eine Kritikerin nach der Uraufführung in der Vlaamse Oper in Antwerpen schrieb, sondern vor allem eine gesunde Portion Ironie, an der es aller Orten mangelt.

Erfolg ist ihm freilich sicher. Einmal abgesehen von einer sehr strengen FAZ-Kritikerin, die dem Dirigenten Dmitri Jurowski vorhielt, seine musikalische Interpretation sei zu brutal, zu vehement und zu laut, überboten sich die Medien mit Lob. „Eine wenig plüschige, um nicht zu sagen entrüschte Inszenierung, die sich nah an der ursprünglichen Text- und Musikfassung bewegt“ – so das einhellige Urteil. Großen Applaus gab es für Waltz am Ende in Antwerpen. Der Beifall in Luxemburg scheint ihm sicher.

Am Dienstag, dem 25. Februar und Donnerstag, dem 27. Februar um 20h im Grand Théâtre.


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