TRAM: Auf Schiene gesetzt

Letzte Störfeuer konnten ihm nichts mehr anhaben: 56 von 60 Abgeordneten stimmten für das Tram-Projekt. Die ADR war dagegen, eine Enthaltung kam von der CSV.

Als die CSV-Vertreter in der Nachhaltigkeitskommission am Mittwoch vergangener Woche nicht an der abschließenden Abstimmung über den Bericht zum Gesetz 6626 teilnahmen, war die Aufregung – insbesondere bei den Grünen – groß. Sollten die Christsozialen wegen der zahlreichen Störmanöver auf der Zielgeraden doch noch weiche Knie bekommen haben?

Spätestens, als der ehemalige Transportminister und jetzige stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CSV, Claude Wiseler, am Mittwoch mit seinen Ausführungen zum Tramprojekt begonnen hatte, war allerdings klar: Die CSV unterstützt als Fraktion den geplanten Bau einer Tramstrecke zwischen dem Hauptbahnhof und den Ausstellungshallen auf Kirchberg.

Das kurze politische Gefecht, das in den letzten Tagen ausgetragen worden war, drehte sich eher um das Verfahren als um den Inhalt des Gesetzesprojektes: Nachdem es aufgrund des neuen Petitionsverfahrens eine offene Debatte zu einem Tram-Moratorium gegeben hatte (siehe woxx 1269), ließ sich die parlamentarische Mehrheit nicht einmal 24 Stunden Zeit, um Schlüsse aus den Diskussionen zu ziehen. Das war der CSV nach eigenem Bekunden zu wenig.

CSV fährt mit

Wiseler verkörpert sozusagen die Wandlung der CSV von einer Anti- zu einer Pro-Tram-Partei. In seiner Rede gestand er, noch als CSV-Hauptstadtschöffe dem Vorhaben negativ gegenübergestanden zu haben. Ihm habe der Sinn eines auf den ersten Blick unflexiblen und teuren Systems nicht eingeleuchtet. Doch hätten ihn die verschiedenen Studien – und wohl auch die Macht des Faktischen ? schließlich eines Besseren belehrt.

Dass die Blicke, nicht nur der CSV-Redner, immer wieder in Richtung der ADR-Abgeordneten gingen, lag trotzdem nicht nur an dem Umstand, dass von hier der letzte Widerstand – zuletzt mit einem Versuch die Tramdebatte von der Tagesordnung zu streichen – ausging. Die Zahl derer, die dem Tramvorhaben wenig abgewinnen können, reicht weit über das WählerInnenspektrum der ADR hinaus. Vor allem die DP, aber auch die CSV, mussten in der Vergangenheit so manche interne Debatte führen, sodass hier und da ein Machtwort aus den jeweiligen Parteizentralen notwendig wurde.

Claude Wiseler tat sich schwer beim Spagat zwischen den Kritikern, die die ADR als zukünftiges Stimmenreservoir einheimsen will, und einer zumindest umfragetechnisch gegebenen Mehrheit von Trambefürwortern. Da half es sicher, dass die grüne BerichterstatterIn Josée Lorsché ihre Kritik an der unentschlossenen Position der CSV in den letzten zwei Jahrzehnten moderat ausfallen ließ und ihre Rede ausdrücklich dem 2003 verstorbenen CSV-Trambefürworter Willy Bourg widmete.

Auch wenn von der CSV einige kritische Fragen, besonders bezüglich der von der neuen Mehrheit geplanten Neuerungen, kamen, war es doch der LSAP-Sprecher Roger Negri, der die fundamentalste Kritik an den aktuellen Vorhaben vorbrachte: Weil zunächst nur eine Trassenführung zwischen der Gare centrale und Kirchberg realisiert wird, entstehen die Wartungshallen der zukünftigen Trambahn mitten in einer Natura 2000-Zone. Zwar soll es dafür Kompensationsmaßnahmen geben, doch dürfte dieser symbolträchtige Eingriff in Zukunft öfter, als den meisten lieb sein kann, als Argument dafür herhalten, dass anderen öffentlichen oder auch privaten Vorhaben solche Eingriffe nicht mehr grundsätzlich verweigert werden können.

Würde die Tram sofort mit der zweiten Stufe in Angriff genommen, wäre eine andere Lösung denkbar: Das „centre de remisage“ könnte zusammen mit ähnlichen Vorhaben der Eisenbahn in Bonneweg oder auf Howald verwirklicht werden. Die jetzt beschlossene Teilstrecke reicht aber nicht bis dorthin, weshalb die Wartungsanlagen am gegenüberliegenden Ende der Strecke, im Gréngewald, eingerichtet werden.

Die fast fünfstündige „Debatte“, in der auch die Einrichtung der Haltestelle „Pont-Rouge“ behandelt wurde, war zwar gekennzeichnet von einer gewissen Euphorie, jetzt endlich anfangen zu können. Spürbar war aber auch, dass der über zwei Jahrzehnte gewachsene Kompromiss nicht in jeder Hinsicht zufriedenstellte. Aber nicht, weil nun zu viel, sondern weil zu wenig, und obendrein viel zu spät, auf die Schiene gesetzt worden ist.


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