KONZERT: Mr. E’s Beautiful Blues

Großes Kino im Grand Théâtre: Bei der amerikanischen Gruppe Eels weiß man nie so genau, was man kriegt. Nur eines ist klar: langweilig wird es bestimmt nicht.

Mark Oliver Everett, genannt „E“ – der Buchstabe steht nicht immer für pure Ekstase.

Elf Alben und unzählige Welttourneen haben die Eels in mittlerweile fast zwanzig Jahren Bandgeschichte zu verzeichnen. Doch hinter dem Namen Eels steht eigentlich nur eine Einzelperson : Mark Oliver Everett, genannt „E“. Dieser produziert Songs wie am laufenden Band und tourt mit wechselnder Begleitung durch die Welt, denn er hat viel zu erzählen.

In der Tat hat Everett in seinem Leben schon fast alle Höhen und Tiefen erlebt. Mark Everetts Vater, Hugh Everett, war ein verkanntes Physik-Genie. Seine revolutionäre „Mehrere-Welten-Interpretation“ wurde seinerzeit vom wissenschaftlichen Establishment verworfen und er selbst für verrückt erklärt. Erst nach seinem Tod wurde die Theorie ernsthaft erörtert; heute gehört die Frage der Paralleluniversen, die sie aufwirft, zu den spannendsten der Quantenmechanik. Verbittert durch die Ablehnung seiner Kollegen, schottete sich Hugh Everett fast komplett ab. Als „E“ mit neunzehn Jahren seinen Vater tot auffindet und versucht, ihn zu reanimieren, ist dies der erste wirkliche Kontakt zwischen den beiden. Kurz darauf bringt sich E’s manisch-depressive Schwester um und schreibt in ihrem Abschiedsbrief, sie werde jetzt den Vater im Paralleluniversum treffen. Am Ende stirbt auch noch die Mutter an Lungenkrebs. Um nicht verrückt zu werden, verarbeitet Everett all dies in seinen Songs. „Life is hard, but so am I“, so sang er bereits 1996 in seinem ersten Hit „Novacaine for the Soul“.

Eels-Alben sind immer authentische Aufzeichnungen von Everetts Seelenleben. Nicht umsonst heißt sein neustes Album „The Cautionary Tale of Mark Oliver Everett“ – ein Titel, der auch sein Gesamtwerk gut beschreiben würde. Mal handelt ein ganzes Album von Tod und Verlust, mal von Hoffnung und Liebe. „The Cautionary Tales of Mark Oliver Everett“ ist diesmal eher ruhig und melancholisch geraten. Dabei singt Everett meist einfach nur über seine eigenen Erfahrungen, und da muss einem auch nach elf Alben und einer Autobiographie nicht bange werden, dass ihm einmal der Stoff ausgehen könnte.

Dass Everett sich über die Jahre eine treue Fangemeinde erspielen konnte, ist erstaunlich, wenn man bedenkt, wie unterschiedlich seine verschiedenen Alben sind. Von Garagerock über Folk bis hin zu Elektromusik und Soundcollagen ist alles dabei. Mal sind seine Kompositionen fröhlich und eingängig, mal tieftraurig und schwer verdaulich. Wer das aktuelle Eels Album liebt, der kann vielleicht schon mit dem nächsten gar nichts mehr anfangen, oder aber hört sich das vorangegangene an und fragt sich, ob das denn wirklich derselbe Musiker ist. Es ist diese unglaubliche Vielseitigkeit, die Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden und sich dabei dennoch treu zu bleiben, die Everetts Musik ausmacht und die Bosse der Plattenfirmen zur Verzweiflung treibt.

Deshalb geht auch nicht jeder Fan nach jedem Konzert immer zufrieden nach Hause. Auch E ist sich dessen bewusst: „Je nachdem, was wir das Jahr zuvor gespielt haben, werden wir oft für bestimmte Konzertsäle gebucht, die sich dann als unpassend herausstellen, wenn wir aufkreuzen und etwas komplett anderes spielen, als das, was die Leute das letzte Mal gesehen haben.“ Als sie das letzte Mal in Luxemburg zu Besuch waren, spielten die Eels im Atelier. Man darf also gespannt sein, was sie im Grand Théâtre im Repertoire haben werden.

Am 8. Juli im Grand Théâtre.


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