KIRCHBERG: Warten auf die Tram

Bei der Vorstellung der Jahresbilanz des Fonds du Kirchberg gab es einen Einblick in die Umgestaltung des einstmals völlig auf den Autoverkehr ausgerichteten Stadtviertels.

Minister François Bausch und der Präsident des Fonds du Kirchberg, Patrick Gillen, hatten fast nur Positives zu vermelden, als sie am Montag die Bilanz der Aktivitäten der mit der Amenagierung des Kirchbergviertels betrauten öffentlichen Institution zogen. Doch dominierten an diesem Tag die Meldungen zu dem asbestverseuchten Jean-Monnet-Gebäude und den rund 1.600 Personen, die jetzt von dort in andere Baulichkeiten verlegt werden müssen. Eigentlich hatte der Minister gehofft, dass es so weit nicht kommt, da nach seiner Einschätzung keine unmittelbare Gefahr von dem im Gebäude eingesetzten Asbest ausgeht. Aber das Prinzip der Vorsorge war dann doch wichtiger, und die Europäische Kommission wollte, nach dem Bekanntwerden einiger Krebsfälle, möglichst schnell noch Abhilfe schaffen.

Dichte Bebauung

Das wirft die Amenagierungspläne des „Quartier Européen“ auf Kirchberg etwas durcheinander, wobei allerdings das Jean-Monnet-Gebäude sowieso dem Abriss geweiht war. Der sollte aber erst nach der Fertigstellung eines gleich nebenan entstehenden Neubaus erfolgen. Die aktuelle Belegschaft wäre dann erst einmal dort untergebracht worden. Am alten Standort sollte dann eine zweites Gebäude, in Form eines hohen Turms, entstehen. Der Abriss des jetzigen Jean-Monnet war für 2020 vorgesehen, vielleicht wird er jetzt sogar vorgezogen.

Insgesamt schreitet die Umgestaltung des „europäischen“ Teils des Kirchberg recht flott voran. Der zusätzliche Bedarf an Büroraum von Parlament, Gerichtshof, Rechnungshof und anderen dort angesiedelten EU-Behörden wird vor allem durch eine dichtere und höhere Bebauung befriedigt – längst ist das alte „Héichhaus“ nicht mehr das einzige Turmgebäude in der Umgebung, und es sollen noch einige dazu kommen. Die europäischen Institutionen sind aber nicht mehr der Hauptmotor des Kirchberg-Ausbaus. Der Bau der Nationalbibliothek wurde in Angriff genommen, und private Großunternehmen können sich vor allem im mittleren Teil des Areals per Architektenwettbewerb um einen repräsentativen Standort bemühen. Auch das Wohnungsangebot – sowohl privatwirtschaftlich als auch sozial finanziert – wird ausgebaut. Eine markante Veränderung wird die Hauptachse Avenue John F. Kennedy erfahren: Dort sollen treppenartig gegen Süden in Richtung rue des Muguets abfallende Häuser eine neue Abgrenzung schaffen – reserviert für Wohnungsbau und kleinere Betriebe.

Der heftigste Entwicklungsschub wird allerdings durch den Bau der ersten Phase der Trambahn ausgelöst werden. Schon jetzt werden die Kreuzungen am Hauptboulevard den Anforderungen angepasst. Besonders der Kreisverkehr am östlichen Ende der genannten Hauptsachse soll zum „Turbo Rond-Point“ umgestaltet werden. Um ein reibungsloses Zusammenspiel der Tram mit dem Autoverkehr zu ermöglichen, wird es dort tramfreundliche Ampeln geben.

Bereits im Bau ist eine zusätzliche Tunnelröhre, die den von Kirchberg kommenden Verkehr direkt auf die Autobahn Richtung Howald leiten soll. Dieser neue By-Pass soll 2016 fertig sein und 17,7 Millionen Euro kosten. Bislang waren die AutonutzerInnen, die in Richtung Süden wollten, gezwungen, in den erwähnten Rond-Point Serra hineinzufahren und sich dort in die Schlange der VerkehrsteilnehmerInnen mit anderen Zielen einzureihen.

Mit Blick auf den Rad fahrenden Infrastrukturminister ließ Gillen die Bemühungen bezüglich der „mobilité douce“ nicht unerwähnt. Wobei er vor allem Mängel bei der Auszeichnung der Radpisten eingestand. Vielleicht sollten er und sein Verwaltungsrat den Kirchberg einmal gemeinsam per Rad abfahren, um selbst feststellen zu können, wie unpraktikabel die bestehenden Radwege teilweise sind. Fehlende Hinweisschilder sind da noch das kleinste Übel.


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