QUELLENSTEUER: Harmonischer Selbstbetrug

Nach der jüngsten Ecofin-Einigung zur Quellensteuer gab es nur zufriedene Gesichter. Fakt ist, dass das Bankgeheimnis vorerst gewahrt bleibt. Eine demokratische und transparente Besteuerung der EU-BürgerInnen wird es also weiterhin nicht geben.

Glauben wir Budget-Minister Frieden, dann ist nach der europäischen Einigung in Sachen Quellensteuer der beste Garant für den Fortbestand des Luxemburger Finanzplatzes die derzeitige deutsche Regierung. Deren nicht völlig selbstverschuldete Finanznot treibt die betuchten deutschen SteuerzahlerInnen scharenweise ins Ausland. Auch Luxemburg wird von einem beachtlichen Teil dieser Flüchtlinge der besonderen Art beglückt. Da der deutsche Finanzminister Hans Eichel „jeden Montag“ (dixit Frieden) seine SteuerzahlerInnen mit immer neuen Regelungen abschreckt, werden – auch bei einer obligatorischen Quellensteuer von 15 Prozent – Luxemburgs Bankhäusern die deutschen Kunden nicht ausgehen.

Tatsächlich ist der Luxemburger Delegation so etwas wie die Quadratur des Kreises geglückt: Eichel ist zufrieden, weil er wenigstens drei Viertel der in Luxemburg von deutschen Bankkunden erhobenen Quellensteuer einheimsen kann, und Luxemburg sieht sich hinsichtlich seiner Hauptkonkurrenten, allen voran der Schweiz, nicht benachteiligt.

Hinzu kommt, dass jetzt für ein paar Jahre Ruhe in einer Diskussion herrscht, bei der vor allem die Sorge um das Image des Finanzplatzes Juncker und Frieden am Ende doch sehr zu schaffen machten. Mit Blick auf das eigene Portemonnaie könnten wir eigentlich zufrieden sein. Sollte das Quellensteuermodell (kombiniert mit einem Beibehalten des Bankgeheimnisses) tatsächlich funktionieren, können wir uns so langsam an katarische Verhältnisse herantasten. In dem arabischen Emirat verdient der Staat so viel Geld mit dem Verkauf von Erdöl, dass er bei seinen BürgerInnen überhaupt keine Steuern zu erheben braucht. Die CGFP bräuchte den ADR nicht mehr zu fürchten, weil die 5/6-Rente integral auch auf den Privatsektor und die nicht berufstätigen Frauen übertragen würde.

Um die Frage, ob das Koexistenzmodell, für das sich Luxemburg seit Jahren stark macht, überhaupt überleben kann, brauchen wir uns bis 2010 nicht zu sorgen. Die Geldgier (oder ist es nicht doch eher die Geldnot) einiger EU-Mitgliedsstaaten hat fast schon unerwartet zu einer Einigung geführt, bei der jeder ein bisschen besser dasteht als vorher. Sehr optimistisch geben sich dabei vor allem die deutschen Grünen: Sie wittern einen „nahenden Informationsaustausch“ und erhoffen sich von einer pragmatischen „Brückenregelung“ eine rasche Heimkehr deutscher Steuerflüchtlinge. Abgesehen davon, dass Luxemburg klammheimlich erwartet, dass die Schweiz auf ihrem Bankgeheimnis beharrt und wir somit nicht in die Pflicht genommen werden können, unseres abzuschaffen, dürfte die Hoffnung auf eine Rückkehr bereits ins Ausland transferierter Gelder enttäuscht werden. „Das Geld das im Ausland angelegt ist, kehrt selten zurück“, so Ekkehard Storck, langjähriger Chef der deutschen Bank in Luxemburg im LW-Interview.

Egal, ob progressiv steigende Quellensteuer in Luxemburg, Belgien und Österreich oder eine schon jetzt auf 25 Prozent festgelegte Abgeltungssteuer für SparerInnen in Deutschland: Nachdem der Trend bei der Besteuerung der Einkommensteuer bereits zu einem Abflachen der Steuerprogression geführt hat, werden zwar jetzt europaweit Zinssteuern erhoben, doch auf einem Niveau, das Steuerflucht immer noch attraktiv macht.

Natürlich ist es begrüßenswert, dass Luxemburger Banker die Quellensteuer nicht mehr als Teufelswerk betrachten und sich inzwischen mit ihrer praktischen Umsetzung abgegeben. Doch tun sie das eingestandenermaßen nur, weil es der Preis für den Erhalt des Bankgeheimnisses darstellt. Es ist demnach zu fürchten, dass die Zeit bis zum Jahre 2010 nicht dazu genutzt wird, sich mit dem Informationsaustausch innerhalb der Europäischen Union anzufreunden. Aber wer weiß, vielleicht wird es dann einem Kommissionsvorsitzenden namens Juncker gelingen, seinem Luxemburger Nachfolger auch noch diesen Kompromiss abzuringen.


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