CARGOLUX: „Wir wollen Garantien“

Die Verhandlungen über einen neuen Kollektivvertrag bei Cargolux, die seit Ende September laufen, werden von beiden Seiten mit aller Härte geführt. Während die Direktion Einschnitte bei Löhnen und Arbeitsbedingungen fordert, warnen die Gewerkschaften vor Sozialdumping. Die woxx hat sich mit Hubert Hollerich, OGBL-Sekretär für Luftfahrt, unterhalten.

Hubert Hollerich ist OGBL-Sekretär für Luftfahrt und führt die Verhandlungen bei Cargolux.

Zurzeit laufen bei Cargolux Verhandlungen über einen neuen Kollektivvertrag. Gibt es schon erste Resultate?

Die Verhandlungen bei Cargolux laufen erst seit Ende September. Besonders gut sieht es da aber nicht aus. Die Direktion will drastische Einschnitte bei den Löhnen und einen erheblichen Abbau sozialer Errungenschaften. So soll es bei Neueinstellungen Lohnkürzungen von 20 bis 30 Prozent geben, Urlaubszeiten und Überstunden sowie Nachts- und Feiertagszuschläge sollen auf das legale Minimum reduziert werden. Der dreizehnte Monatslohn soll abgeschafft werden, genau wie die Zusatz-Rentenversicherung. Es wird auch viel mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten gefordert.

Cargolux-Generaldirektor Dirk Reich hat gegenüber der Presse den Wunsch geäußert, noch vor Jahresende zu einer Einigung zu kommen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es mit diesem Forderungskatalog seitens der Firma vor Jahresende zu einer Einigung kommen wird. Cargolux will beim Flugpersonal 15 Millionen Euro einsparen, beim Bodenpersonal drei Millionen. François Bausch hat uns aber bei den Gesprächen am Montag erklärt, die Löhne seien nicht das eigentliche Problem, sondern die mangelnde Produktivität. Das Management macht es sich also sehr einfach, wenn es die Gehälter kürzen will. Durch effektiveres Einsetzen des Personals und weniger Leerflüge könnte einiges an Geld eingespart werden. Es gibt weder beim Flug-, noch beim Bodenpersonal eine kohärente Arbeitseinteilung.

Wie ist die Stimmung im Betrieb?

Die Motivation ist momentan ziemlich am Boden. Die Direktion betreibt Panikmache und übt Druck aus. Die Beschäftigten haben Angst, dass ein Teil der Aktivitäten aus Luxemburg nach China verlagert werden könnte. Erste Resultate sehen wir zum Beispiel im Lycée Emile Metz, wo bisher unsere Flugzeugmechaniker ausgebildet wurden. Mittlerweile hat die Schule aber Schwierigkeiten, ihre Klassen vollzukriegen. Die Begeisterung, die immer für den Luftfahrtbereich bestand, gibt es nicht mehr. Viele Beschäftigte aus der Wartung wechseln auch zu anderen Arbeitgebern, weil ihnen die Unsicherheit auf Dauer zusetzt.

„Wir sind sicher nicht bereit, soziale Errungenschaften aufzugeben“

Cargolux hat aber versichert, dass keine Flüge ins Ausland verlagert werden sollen …

Wichtig ist, was zwischen den Zeilen steht. Es werden zwar keine Flüge ins Ausland verlagert und das aktuelle Frachtvolumen in Luxemburg soll beibehalten werden. Das heißt aber nicht, dass nicht andere Methoden angewandt werden: Entweder werden irgendwo im Ausland Scheinfirmen gegründet, um billigeres Personal zu rekrutieren. Oder aber es werden Flugzeuge über andere Firmen angemietet, die dann mit ausländischem Personal zu Niedriglöhnen und schlechten Arbeitsbedingungen bestückt werden.

Haben die Gewerkschaften die Rückendeckung der Regierung bei den Verhandlungen?

Wir haben in groben Zügen die Rückendeckung der Regierung, in einzelnen Punkten gibt es aber Unstimmigkeiten. Als OGBL waren wir von Anfang an nicht begeistert von dem Deal mit HNCA. Gebranntes Kind scheut das Feuer, heißt es, und wir wollen die Erfahrung, die wir mit Qatar Airways gemacht haben, nicht wiederholen. Wir wollen mit Sicherheit sagen können, dass hier in Luxemburg keine Aktivitäten verloren gehen, die dann irgendwo wieder auftauchen. Jetzt wird aber wieder eine neue Fluggesellschaft – Cargolux China – gegründet. Ein neues Wartungszentrum soll in China aufgebaut werden und eine Pilotenschule. Das macht uns Sorgen. Wer garantiert uns denn, dass das chinesische Wartungszentrum nicht irgendwann den größten Teil der Arbeiten abwickelt, während in Luxemburg nur noch kleinere Wartungen durchgeführt werden? Wir wollen Garantien.

Cargolux Italia, eine Tochtergesellschaft von Cargolux, hat vor kurzem ein neues Flugzeug erhalten. Der LCGB hat das angeprangert und auf die Gefahr von Sozialdumping hingewiesen.

Ich glaube, Cargolux Italia ist nicht das größte Problem. Zu einem größeren könnten die Drohungen des Cargolux-Direktors werden: Cargolux könnte der Firma SmartCargo, die selber nur über ein kleineres Flugzeug verfügt, Jumbo-Flugzeuge ausleihen. SmartCargo könnte dann über eine Zeitarbeitsfirma Piloten rekrutieren, die auf den geleasten Maschinen fliegen würden. Cargolux würde das Flugzeug mit der Crew dann wieder zurückleasen. Die Gefahr, dass auf dem Weg Sozialdumping betrieben wird, ist um einiges grösser, als die Gefahr, die von Cargolux Italia ausgeht.

Laut Cargolux-Verwaltung hat die Firma über die letzten sechs Jahre ein Defizit von 200 Millionen Euro aufzuweisen. Kann der Standort Luxemburg so überhaupt überleben?

Auf jeden Fall. Was der Generaldirektor nicht sagt, ist, dass das Defizit quasi ausschließlich auf die Finanzierung neuer Flugzeuge zurückzuführen ist. Auf rein operationeller Ebene ist die Firma nicht defizitär, sondern hat zwischen Januar und August 2014 sogar 3,1 Millionen Euro Gewinne eingefahren. Das ist zwar nicht viel, ist aber auch kein Verlust. Aus unserer Sicht ist es jedenfalls nicht korrekt, Investitionen aus den Gehältern der Beschäftigten zu finanzieren. Es ist doch nicht Sache des Personals, neue Flugzeuge zu bezahlen!

Ist der OGBL zu Eingeständnissen bereit?

Wir sind sicher nicht bereit, soziale Errungenschaften, die in den letzten Jahrzehnten erkämpft wurden, aufzugeben. Auch eine Zwei-Klassen-Gesellschaft innerhalb des Betriebs werden wir nicht zulassen. Wir sind aber gerne bereit, in Richtung mehr Produktivität und Effektivität zu gehen. Dazu braucht es aber einen ehrlichen Dialog, ohne die ständigen Drohungen von Seiten der Direktion.


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