PROSTITUTION: Fade Exit-Strategie

Die Überlegungen zur Neufassung des Prostitutionsgesetzes zeugen von Konzeptlosigkeit.

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Luxemburg bekommt ein neues Prostitutionsgesetz. Wie es aussehen soll, weiß die Regierung allerdings noch nicht genau. Das hielt Gesundheitsministerin Mutsch und Justizminister Braz jedoch nicht davon ab, eine Pressekonferenz zu geben, auf der sie erklärten, wie man es nicht wolle: nicht so wie in Schweden, aber auch nicht wie in Spanien. Irgendwas dazwischen. Wenig Konkretes gab es zu hören, doch umso deutlicher wurde, dass von einem wirklich neuen Ansatz keine Rede sein kann. Frauen bleiben grundsätzlich die armen Opfer und müssen vom falschen Pfad auf den rechten Weg zurückgeführt werden. Im Mittelpunkt soll deshalb eine „Exit-Strategie“ stehen, um Menschen zu helfen, aus der Prostitution auszusteigen. Mutsch steht damit fast auf dem Standpunkt der deutschen Fernseh-Feministin und Emma-Chefredakteurin Alice Schwarzer, die Prostitution verbieten will, weil es sich dabei immer um Sklaverei handele. Dass Frauen mitunter freiwillig diesem Gewerbe nachgehen und dass man ihren Beruf anerkennen könnte, damit sie in einem legalen Rahmen arbeiten können, davon will die Regierung anscheinend nichts wissen. Von den seit Jahrtausenden erfolglosen Versuchen, Prostitution durch Betreuung, Moral und Verbote zu bekämpfen, offenkundig auch nicht.

Wie aus dem Allerlei ein Gesetz entstehen soll blieb vollkommen unklar.

„Wir brauchen weder ein deutsches noch ein holländisches oder ein schwedisches Modell, sondern ein luxemburgisches, das vor allem auf Pragmatismus setzt“, verklausulierte Mutsch die Konzeptionslosigkeit. Das Schwedische Modell, das die Freier bestraft, habe nur dazu geführt, dass sich im Land klandestine Strukturen bilden und sich das Gewerbe in die Nachbarländer verlagert. Am Abolitionsprinzip, auf das Belgien, Frankreich und Spanien setzen, könne man sich schon eher orientieren. Aber auch das Regulationsprinzip, wonach Prostitution toleriert und unter staatliche Kontrolle gestellt wird, solle ein bisschen miteinfließen. Wie am Ende aus dem Allerlei ein Gesetz entstehen soll, das die gesellschaftliche Liberalisierung einlösen und eine Verbesserung für die Prostituierten herbeiführen kann, blieb vollkommen unklar.

Das Luxemburger Modell solle „auf Prävention und Aufklärung bauen und Alternativen zur Prostitution aufzeigen“, so Mutsch. Die Ausarbeitung einer Exit-Strategie, gemeinsam mit der Beratungsstelle ‚dropIn`, dem Arbeitsamt und dem Roten Kreuz, habe daher oberste Priorität. Sie sieht neben beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen auch die Bereitstellung von Wohnraum vor. Außerdem will die Regierung Zuhälterei und Menschenhandel stärker bekämpfen. Braz zufolge wird es in dem neuen Gesetz vor allem um den Kampf gegen Menschenhandel gehen. Ausbeutung sei allerdings schwer nachweisbar, so Braz. Doch schon jetzt habe sich die Situation in der Straßburger Straße – dank der verstärkten Polizeipräsenz – „verbessert“. Ist aber die Tatsache, dass leicht bekleidete Frauen weniger in der Öffentlichkeit sichtbar sind, eine Verbesserung? Und ist Repression tatsächlich das richtige Mittel? Auch die Einrichtung von Eros-Zentren, wie es sie etwa in Deutschland gibt, ist für die Regierung keine Option. Dies sei mit der Luxemburger Gesetzgebung nicht vereinbar, so Braz. Außerdem beschädigen solche Etablissements bekanntermaßen den Ruf der Stadt; sie einzurichten, würde ja bedeuten, anzuerkennen, dass eine Nachfrage vorhanden ist. Das überlässt man dann doch besser den Nachbarn.

Man muss Mutsch Recht darin geben, dass es „eine gesellschaftspolitische Frage ist, wie wir mit Prostitution umgehen“. Wirklich fortschrittlich wäre es jedoch, Sex-Arbeit zu legalisieren und ausländischen Sexarbeiterinnen die Einbürgerung zu erleichtern. Nur indem man ihnen Rechte zugesteht, kann man sie vor Menschenhandel schützen. So muss man erst die Parlamentsdebatte Anfang nächsten Jahres abwarten. Aus ihr will die Regierung dann ihre Schlussfolgerungen für die Ausarbeitung des Gesetzes ziehen. Verfolgt sie einen Ansatz, der keine Kohärenz aufweist und sich weiter dem Kampf gegen Prostitution verschreibt, statt die Lage der Sexarbeiterinnen zu verbessern, wird sich nichts ändern.


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