MOBILITÄT: Der lange Marsch

Am Samstag startet das Autofestival. Doch es gibt auch Menschen in Luxemburg, die sich nicht so viel aus Autos machen. Ihnen widmete sich jetzt eine spezielle Umfrage.

Ein Viertel der täglichen Bewegungen in Luxemburg sollen laut „Modu“ bis 2020 durch sogenannten „sanften“, das heißt nicht-motorisierten Verkehr erfolgen. Dieses Ziel scheint weit enfernt, doch Transportminister François Bausch ist optimistisch, es einhalten zu können. Wie aber sieht es bei denen aus, die sich in Zukunft „Modu“ konform verhalten sollen?

Um das herauszufinden, hat das Nachhaltigkeitsministerium durch TNS-Ilres eine Umfrage durchführen lassen, bei der wie so oft jede Menge weniger aufregendes Zahlenmaterial, aber auch einiges Überraschende ermittelt wurde. 23 Prozent der Befragten gaben an, in der Woche vor der Befragung ein Fahrrad benutzt zu haben. Weitet man diesen Zeitraum auf ein Jahr aus, sind es sogar mehr als die Hälfte, die vorgeben, sich wenigstens einmal eines Drahtesels bedient zu haben. Die stärkste ausländische Community, die portugiesische, ist fahrradaffiner als die Stockluxemburger es sind: Mehr als drei Viertel von ihnen haben mindestens einmal im Jahr ein Rad benutzt.

79 Prozent derer, die angeben im Laufe der letzten Woche Rad gefahren zu sein, würden dies gerne noch öfter tun, wenn die Umstände es erlaubten. Die Lust auf mehr Fahrrad nimmt mit der Frequenz der bisherigen Benutzung zu. Das ist sicherlich keine Überraschung, zeigt aber, dass es wichtig ist, sich vor allem um die Belange jener zu kümmern, die schon jetzt öfter das Rad benutzen.

Das macht auch die Frage nach den wichtigsten Faktoren, die die Lust aufs Radfahren ansteigen lassen, deutlich. Ob getrennte Radwege, besser an das Rad angepasste Kreuzungen oder unterbrechungsfreie Fahrradwege – es sind vor allem Sicherheits-Aspekte, die von mehr als zwei Dritteln der aktiven RadfahrerInnen als „entscheidend“ genannt werden. Aber auch hinsichtlich der Qualität der Pisten, der Beschilderung, der Fahrrad-Mitnahme im öffentlichen Verkehr oder gesicherter Abstellplätze zeigt die Umfrage eine hohe Erwartung bei den RadfahrerInnen auf. Als weniger determinant erwiesen sich Fahrradverleih-Angebote, wobei freilich zu beachten ist, dass das Panel der Befragten entsprechend der Gesamtbevölkerung zu einem großen Teil in nicht urbanen Regionen wohnt, wo Angebote wie „Vel’oh“ ohnehin kaum denkbar sind.

Ein Rad pro EinwohnerIn

Weil Fahrräder nirgendwo zentral registriert werden, wurde die vermutliche Zahl der in Luxemburg vorhanden Räder aus den Antworten des Panels extrapoliert. In 87 Prozent der privaten Haushalte dürfte es insgesamt etwa 465.000 Räder geben. 323.000 davon wurden in den 12 Monaten vor der Umfrage genutzt. Wenn wir diesen die 363.000 Autos gegenüberstellen, die in Luxemburg immatrikuliert sind, wird deutlich, dass die Luxemburger alles andre als Fahrradmuffel sind. Und es sind keinesfalls vor allem ungenutzte, dahinrostende Kinderräder, die in den Garagen herumstehen. Nur jedes fünfte der erwähnten Räder ist ein Kinderrad.

Ausgesprochen teure Räder scheinen die LuxemburgerInnen aber auch nicht zu favorisieren. 77 Prozent derer, die ihr Rad in den letzten 12 Monaten genutzt haben, geben an, weniger als 500 Euro im Jahr für ihr Radvergnügen ausgegeben zu haben. Bei 40 Prozent waren es sogar weniger als 100 Euro.

Bei den FußgängerInnen ist die Bereitschaft, das Auto stehenzulassen sofern gewisse Verbesserungen eintreten, ähnlich ausgeprägt: 76 Prozent hätten Lust, im Alltag noch öfter zu marschieren. Auch hier werden Sicherheitsbedenken als erster Grund dafür genannt, dass es vorerst beim Wunsch bleibt.

Bei der Frage, ob man für den Vorzug, in einer fußgängerfreundlichen Straße zu wohnen, einen mehr als 100 Meter langen Weg zum nächsten Parkplatz in Kauf nehmen würde, scheiden sich die Geister: 56 Prozent sehnen sich nach einem nahegelegen Stellplatz, nur 44 Prozent nach einer ruhigen und sicheren Straße vor der Tür. Allerdings: Bei Frauen und bei AusländerInnen ist das Verhältnis genau umgekehrt. Doch in den kommunalen Entscheidungsgremien sitzen fast ausschließlich Männer mit Luxemburger Pass – wie TNS Ilres-Direktor Charles Margue zu bedenken gab.


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