ROCK: Eyston

„Instant Rock“: Das ist nach eigener Aussage die beste Beschreibung von Eyston – einer der luxemburgischen Bands, die in den letzten Jahren diskret aber beständig die Szene aufmischten.

Eyston: Ewig gelbe auf Neptun reisende Skater: Laurent Panunzi – Schlagzeug und Gesang, Pierre Bianchi –
Gitarre und Gesang, Tom Schneider, Bass … hier auf Mini-Tour in Dänemark.

Vor knapp einem Jahr kreuzten sich die Wege von zwei ungewöhnlichen Bands auf einem gemeinsamen Konzert in Luxemburg. Die lokale Musikformation Eyston und die Kölner Hardcore-Band Collin Kramer waren sich auf Anhieb vertraut und fühlten eine wie immer da gewesene Seelenverwandtschaft. Bereits einige Wochen später beschlossen beide Bands, eine gemeinsame Vinylplatte zu veröffentlichen, die in dieser Woche auf den internationalen Labels Revolt Records (NL), Appliance Records (US) und Canot Pneumatique Records (D) veröffentlicht wurde.

Den Auftakt auf der Split-LP macht das Trio Eyston mit zwei Eigenkompositionen. Zu hören sind spontane, zugleich verträumte und energiegeladene Songs mit vertrackten Songstrukturen; die auf einer Bandbreite zwischen sehr entspannten Passagen mit Jazz-Anleihen ein zu Ausflügen in den Bereich Post-Hardcore und Postrock liegen. Die Songs von Collin Kramer hingegen wechseln zwischen noisig-chaotischen Parts und unkonventioneller Rockmusik; die Vocals pendeln zwischen Geschrei (Screamo) und gesprochenen Lyrics und dabei schaffen es die vier Kölner auf eine wirklich beeindruckende Art eine bedrückende und apokalyptische Stimmung aufzubauen, die keinen Zuhörer unberührt lässt.

Dies ist jedoch nicht die erste Split-LP, die Eyston veröffentlicht. Bereits vor zwei Jahren erschien auf dem – heute leider nicht mehr existierenden – Luxemburger Label Christopher’s Records eine gemeinsame Veröffentlichung mit der lokalen Postrock-Band Tvesla. Und vor einem Jahr verblüffte Eyston die internationale Musikpresse mit ihrer gemeinsamen Platte mit Actarus (heute: Treasure Chest at The End of the Rainbow und Mutiny on the Bounty). Nur die 5-Songs-Ep „The Yeah! Demo“, die im Jahr 2004 auf den Markt geworfen wurde, beinhaltet ausschließlich Eigenkompositionen dieser bizarren Band, die ihre Musik selbst als „Instant Rock“ bezeichnet. Der Grund hierfür liegt sicherlich in der Spontaneität, die in ihrer Musik wieder zu finden ist. In den Proben bereiten sich Eyston kaum länger auf die Songproduktion vor: „Das Einzige, was zählt, ist der eine Moment, in dem die ersten Töne aus dem Verstärker dröhnen“, behauptet Tom Schneider – während er seine ganze Konzentration der Bassgitarre widmet.

Bloss keine Apathie

Dennoch ist es für die drei Musiker, bei aller Mühe, nicht ganz so einfach ihre Musik in Worte zu fassen. „Es ist Musik zum Tanzen, zum Ausrasten, zum Verzweifeln, zum Wohlfühlen – nur eins kann man nicht: diesem Hörspiel apathisch gegenüberstehen.“, so die Worte des Gitarristen Pierre Bianchi. „Die Musik, wie auch wir selbst – als Individuen – sind stets in Bewegung und verändern uns. So schreiben wir heute völlig andere Stücke, als wir dies noch vor einigen Monaten taten“, vervollständigt Laurent Panunzi, Schlagzeuger der Band, den vorangegangenen Gedanken. Tatsächlich lässt sich eine konstante Evolution in der Musik von Eyston verfolgen. Wo anfangs die Stücke sich in chaotischen Songstrukturen verloren, spielen Eyston heutzutage rhythmisch äußerst clevere und variable Songs und dies auf eine durchaus gefällige Weise. Die intensive Mischung aus emotionalem Hardcore, Freejazz und Postrock und erinnert an bekannte Bands wie 31 Knots, Faraquet oder gar Fugazi. Auf die musikalische Weiterentwicklung der Band können die Interessierten auf jeden Fall gespannt sein.

Ihre Songs lassen kein präzises Zeitgefühl zu. Undurchdringliche Augenblicke, eng aneinandergereiht wie Geschichten – im Sinn ihrer Gebrauchsanweisung „Instant Rock“ und alles anhand der bewährten Do-It-Yourself- Methoden. Kein Problem. Zumindest Pierre Bianchi und Tom Schneider haben sich intensiv mit Aufnahmetechnik beschäftigt und schon zahlreiche andere Bands produziert, wie z.B. zwei veröffentlichte Alben von Actarus, sowie auch Drive until he sleeps und wissen daher, wie sie ihre eigenen Platten in ihrem Homestudio produzieren.

Alter Geheimtipp

Die Anfänge der Band liegen schon länger zurück: Eyston entstand bereits Mitte 1999, nachdem sich die Vorgängerband Toyler aufgelöst hatte. Sehr rasch wussten die drei verbleibenden Bandmitglieder ihre gemeinsame Leidenschaft zur Musik zu teilen und zu fördern, so dass bereits einen Monat darauf das erste Konzert unter neuem Namen stattfinden konnte. Daraufhin begab sich Eyston, gemeinsam mit der jetzt verblichenen Luxemburger Art-Rock-Band „Something Under My Bed“, auf eine Tour durch die Provinz. Während einem halben Jahr wurden sie von DJ PC unterstützt, der mit seinen „Scratchings“ auf dem Plattenteller das spontane Musizieren der Band vervollständigte. Im März 2000 trennten sich die Wege der drei Musiker – wegen Motivationsmangel und diversen Studienplänen. Trotz allem blieb der musikalische und menschliche Kontakt bestehen und so entstanden im Laufe der Zeit gemeinsame Projekte mit starkem Jam- und Interaktions-Charakter. Zu dieser Zeit spielten alle Mitglieder in anderen Bands, die sich in der lokalen Musiklandschaft jedoch nicht lange behaupten konnten. Erst Mitte des Jahres 2003 kam es zu einem Comeback der „ewigen Skater“ von Eyston – der Bandname bedeutet einer Legende nach „Eternal Yellow Skater Travelling On Neptune“. Seitdem kann man ohne Bedenken behaupten, dass diese Band einer der Geheimtipps der einheimischen Musikszene ist.

Heute steht die Band erneut vor einem sechsmonatigen Break, aber nur was die Live-Auftritte betrifft. Es gibt also keine Unstimmigkeiten innerhalb der Band. Eyston haben es sich zum Ziel gesetzt, in den kommenden Monaten intensiv an neuen Songs zu arbeiten, um endlich doch noch einen eigenen Longplayer zu veröffentlichen. ¬Wir verspüren das starke Bedürfnis ein komplettes Wek zuveröffentlichen – eine Platte, die unseren gemeinsamem Weg als Band dokumentiert und demnach ein Spiegel unserer Emotionen ist, die wir in unserer Musik auszudrücken versuchen.«, erklärt Pierre Bianchi.

Wegen Job und Studien war es der Band bis heute nicht möglich zu touren. Auch dies soll sich nun ändern: Für das kommende Jahr ist eine komplette Tour durch europäische Kulturstädte geplant. Man ahnt, dass Eyston ihre Vorbereitungsphase durchlebt haben und nun dazu bereit sind, sich intensiv in das internationale Musikgeschehen einzubringen – dies in der Hoffnung, dass sich ihre langjährige Arbeit auszahlen wird. Auf den Tag des Bühnen-Comebacks nach ihrer kreativen Pause und das Erscheinen des in Angriff genommenen Longplayers darf man auf jeden Fall gespannt sein. Ein letztes Konzert vor der kreativen Pause findet an diesem Sonntagabend im Konzertlokal ¬Brasserie 911« in Belvaux statt, wo Eyston, gemeinsam mit Collin Kramer, die neuveröffentlichte Split-LP vor Publikum präsentieren. Das Vorprogramm bestreiten die Post-Hardcore Musiker von Eternal Tango. Umrahmt wird das gesamte Event durch chillige Tunes des lokalen Hip Hop Künstlers DJ PC.

Discografie:
Tvesla // Eyston Split 7inch (2004 – Christopherºs Records)
The Yeah! Demo (2004 – d.i.y.)
Actarus // Eyston Split-CD (2005 – 213 Records, Noiseworks, Guided by Format) Collin Kramer // Eyston Split 7inch (2005 – Revolt, Appliance Records, Canot Pneumatique)


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