STRUKTUR: Part of something big

Eine Beschreibung lebt von den Details. Um sich nicht in diesen Details zu verlieren, ist es hilfreich, das zu beschreibende Objekt durch ein Raster zu fragmentieren. Dabei können immer wiederkehrende Regelmäßigkeiten entstehen, die, je tiefer man in diese Objekte versinkt oder je weiter man aus ihnen heraus steigt, immer wieder die gleichen Strukturen zum Vorschein bringen. Als besondere Beispiele seien hier die fraktalen Apfelmännchen, eigentlich Mandelbrot-Mengen, genannt, die als Teilgebiet der Chaos-Forschung große Bedeutung haben und inzwischen auch von Filmproduzenten und Computerspieleherstellern genutzt werden, um realistisch wirkende Berge, aber auch züngelnde Flammen zu generieren.

Derzeit werden in der Galerie Bernard Ceysson am Fëschmaart Bilder des Luxemburgers Roland Quetsch präsentiert, die sämtlich seiner Serie p.o.s.b. entstammen und damit „part of something big“ sind. Dabei wirken sie als wohnten ihnen ähnliche chaotische Strukturen inne.

Der noch vergleichsweise junge, 1979 geborene Künstler, lebt und arbeitet in Luxemburg. Wie so viele Künstler in diesem Land, muss auch er sein Künstlerdasein aus anderer Quelle finanzieren und bestreitet seinen Lebensunterhalt aus seinem Verdienst als – wie er es nennt – „kastrierter Prof“. Dabei scheint er in seinem Schaffen voll aufzugehen und stellt auch durchaus gesellschaftskritische Ansprüche an seine Werke. Er will mit ihnen vor allem die moderne Oberflächlichkeit kritisieren, das allzu leichtfertige Darüber-hinweg-Gehen, das unsere Gesellschaft zu großen Teilen erfasst hat.

Dazu scheint er sich auch am entfernten Blick von oben orientiert zu haben, am Radar eines Lotsen, der im Tower die Flugbahnen kontrolliert. Gegenständliches ist dabei inzwischen gänzlich aus seinen Bildern verschwunden und in seiner Abstraktion konzentriert sich Quetsch fast komplett auf die Farbgebung. Was bleibt sind die Bahnen, Linien, die die unbestimmten Flächen kreuz und quer durchschneiden. Mit ihrer Hilfe gelingt es Quetsch seine Bilder zu Ausschnitten zu machen, die praktisch in jede Richtung erweiterbar sind.

Charakteristisch an Quetschs aktuellen Arbeiten ist neben den offensichtlichen Linien die Besonderheit der Konstruktion seiner Leinwände. Er baut nicht nur schlicht einen Rahmen, sondern setzt auf diesen nebeneinander wieder kleinere Leinwände, die in ihrer Form an die Kissen von Kopfstützen erinnern, wie man sie etwa in Zügen findet.

Auf diese Weise gibt er seinen Arbeiten nicht nur eine gewisse Tiefe sondern vor allem ein Raster, eine Struktur, die das Chaotische im Gewirr der Linien damit noch hervorhebt. Darüber hinaus spielt er bei seinem Farbauftrag gekonnt mit Fehlern. Bei aller beabsichtigten Fehlerhaftigkeit, aber vor allem mit Blick auf seine Bemühungen um die Qualität seiner Leinwände, scheinen einige seiner Bilder zum Teil allerdings in genau der Hektik entstanden zu sein, die er im Grunde auch anprangern will. Klebestreifen ab und los. Dadurch entsteht zum Teil ein etwas rustikaler Charakter, der nicht so recht zum Rest passen will. Doch das sind im Grunde Kleinigkeiten. Er selbst hat unter anderem von einer Rückkehr zu den Wurzeln gesprochen, die sich in seinen Bildern ausdrücke, womit er im Prinzip die abstrakte Malerei an sich definiert. Diesen Weg hat er erfolgreich hinter sich gebracht.

Insgesamt also eine sehenswerte Ausstellung, die einen Besuch in jedem Fall rechtfertigt.

Zu sehen in der Galerie Bernard Ceysson noch bis zum 5. Mai.


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