CENTRE FOR ECOLOGICAL LEARNING LUXEMBOURG (CELL): Ein Inkubator für neue Ideen

Cell ist wie Transition Minette Teil der Transition-Town-Bewegung. Woxx unterhielt sich mit der Gründerin Katy Fox.

Katy Fox, Gründerin von CELL

Sie haben einen Doktor in Anthropologie. Vor allem haben Sie sich mit dem landwirtschaftlichen Strukturwandel in Rumänien befasst. In welcher Weise hat Sie diese Forschung für Ihre Cell Arbeit inspiriert?

In der Tat schockiert mich der Strukturwandel, der sich in Rumänien vollzieht. Zwischen 2006 und 2009 forschte ich über die Auswirkungen, die der EU-Beitritt mit sich brachte. Kleine landwirtschaftliche Betriebe haben wegen der erhöhten Hygienestandards und des Preisdumpings keine Überlebenschance – ganz so, wie es auch im Europa der 1960er und 1970er Jahre der Fall war. Die Folgen sind Landmigration, doch auch die Abwertung des traditionellen Wissens, der privaten Lebensmittelproduktion und schließlich des eigenen Selbst – Rumänen, die etwas Land bewirtschaften, geben nicht mehr an, Bauern zu sein, sondern bezeichnen sich nun als Arbeitslose. Während der Feldforschung für meine Doktorarbeit wurde mir besonders deutlich, welche Auswirkungen die globalisierte Lebensmittelproduktion hat. Heute kontrollieren fünf Firmen 90% der weltweiten Getreideernte. Wir können nicht behaupten, noch geerdet zu sein. Nach der Fertigstellung meiner Dissertation folgten längere Aufenthalte in Ökodörfern, Ausbildungen in Permakulturdesign, und, Ende 2010, die Gründung von Cell. Ich wollte eine neue Art von Organisation und einen neuen Denkansatz ? mit tiefenökologischem, psychologischem, spirituellem und feministischem Gedankengut – nach Luxemburg bringen.

Das heißt Cell unterscheidet sich von den etablierten Umweltorganisationen durch seinen Ansatz?

Wir sind eigentlich nur auf den ers-ten Blick eine „Umweltorganisation“. CELL funktioniert komplementär zu bestehenden Organisationen und arbeitet gerne mit ihnen zusammen. Unsere Aktivitäten werden stärker in autonomeren, bürgergeleiteten Aktionsgruppen organisiert. Wir leben Ökologie ganzheitlich und praxisbezogen im Hinblick auf Suffizienz und echte Autarkie in verbundener Gemeinschaft. Leitend ist die Ethik der Permakultur und der Transition Towns. Uns geht es nicht darum, die Natur „dort draußen“ umzumodellieren, sondern soziale Prozesse und Bewusstseinsveränderungen zu gestalten. Wir brauchen dazu neue Kategorien: Umwelt ist ein missleitendes Konzept, da es uns von unserem Ökosystem und von anderen Lebewesen abtrennt. Und es ist nicht mehr zeitgemäß: Neueste Forschungen in Physik, Ökologie und Soziologie heben die Verbundenheit aller Wesen und Dinge hervor. Außerdem möchten wir klären, welcher radikal neuen Sozialstrukturen und Prozesse es bedarf, um effiziente, emanzipatorische und ökologisch geprägte Systeme zu schaffen, die uns mit Lebensmitteln versorgen in einer Welt mit schwindenden Ressourcen.

Wie geht es mit Cell weiter?

Heute zählt der Verein etwa 80 Mitglieder und sieht sich als Teil eines großen Netzwerks, in dem alle an einem Strang ziehen: Transition Minett, Beki, Basic Income, Seed, Tauschkrees usw. Die letzten Jahre waren spannend: Viele Workshops (zu nachhaltigem Essen, Wasser, usw.) wurden durchgeführt, es gab das Angebot für Permakultur-Ausbildungen, verschiedene Gruppen nahmen unsere Beratung in Anspruch, das Do-it-Yourself-Festival wurde organisiert, und vieles mehr. Ab jetzt geht es darum, Projekte auszubauen: Ab Frühjahr 2014 nehmen wir europäische Freiwillige auf, vernetzen uns verstärkt international und planen verschiedene Permakultur-Ausbildungen in Luxemburg. Außerdem haaben zwei Mitglieder des Netzwerks die Absicht, eine Permakultur-Farm zu gründen.

Sie wohnen am Rande der Ortschaft Beckerich, besitzen einen großen Garten mit Treibhaus und Teich. Wie viele Stunden pro Woche arbeiten Sie in ihrem Garten? Und wissen Sie, wieviele Pflanzen dort wachsen?

Cell ist ein geerdetes Projekt: Der Seminarraum, die Bibliothek, der Garten und mein Wohnraum sollen zusammen mit der unmittelbaren Umgebung, also mit den Aktivitäten der Gemeinde, funktionieren. Von der ersten Cell-Skizze an fand ich bei der Gemeinde ein offenes Ohr. Der Garten ist ein evolutives Beispiel von Permakultur-Design, in dem im Moment vor allem mit der Bodenverbesserung befasse. Neben einer Fülle von Vögeln und Insekten beherbergt er für etwa 80 verschiedene mehrjährige Stauden, Sträucher und Bäume sowie saisonbedingt etwa 40 Arten von Gemüse und Obst. Wieviele Stunden ich im Garten verbringe, hängt von der Saison und der jeweiligen Woche ab. Ich versuche jedoch, jeden Tag zumindest ein paar Minuten einfach im Garten zu sein, weil ich dort Kraft für die Zukunft schöpfe.

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Siehe auch TRANSITION MINETTE: Bio-Bier, Tofu und Hochbeete


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