Alternative Rock
: Sturm & Klang

Im Jahr 2015 waren Fufanu schon als Vorband in Luxemburg zu Gast, nun kehren sie am 29. Juli 2018 mit einer Soloshow im Rahmen der „Congés annulés“ zurück.

Drei Isländer im Stadion – aber hier geht es ausnahmsweise nicht um Fußball: Fufanu im Rahmen der Promotion ihres zweiten Albums „Sports“. (Foto: Magnus Andersen)

Nach dem Konzert stand Hrafnkell Flóki Kaktus Einarsson, Frontmann der isländischen Band Fufanu etwas verwirrt am Merch-Tisch und sinnierte darüber, ob ihr Set vielleicht unter Umständen zu laut war. Gerade hatten sie im eher spärlich gefüllten Atelier für Hauptact John Grant eröffnet und schienen von der zurückhaltenden Reaktion des Publikums, das wohl hauptsächlich wegen John Grant erschienen war, ein wenig verwirrt.

Kurz nachdem die Musiker an diesem Abend die Bühne betreten hatten, rollte in der Tat eine Welle aus grollenden Basstönen, scheppernden Drums und sägenden Gitarren durch den Saal. Die Musik klang düster, Song-Strukturen oder Akkordwechsel waren beim ersten Hinhören kaum zu erkennen, nur die auf der Bühne Agierenden wirkten fröhlich, fast übermütig. Aus der Düsternis erhob sich die prägnante Stimme des Frontmanns und nach und nach entstanden doch Melodien, Refrains und Strophen, welche, in ein anderes Arrangement eingebettet, durchaus als Popsongs durchgehen könnten. Was zuerst vor allem an Joy Division erinnerte, ließ dann auch Anleihen an Blur erkennen. Nicht zufällig, denn Frontmann Einarsson wirkte an Damon Albarns 2014er-Album „Everyday Robots“ mit und Fufanu eröffneten 2015 im Hyde Park für Blur.

So ungestüm und wuchtig wie an dem Abend im Atelier klingen die Isländer auf Platte nicht, hier wird eher offensichtlich, mit wie viel Detailverliebtheit sie an ihrem Sound basteln. Angefangen haben Fufanu (damals noch unter dem Namen Captain Fufanu) als Technoduo. Zur Rockband wurden sie erst, als sie versuchten mehr und mehr „richtige“ Instrumente in ihr Liveprogramm zu integrieren. War ihr Debütalbum „Few More Days to Go“ noch mehr Punk als Post, so präsentierte sich der Nachfolger „Sports“ aus dem Jahre 2017 als aufgeräumtes und vielschichtiges Rockalbum. Ihr neuestes Werk „Dialogue Series“ werden sie im Laufe dieses Jahres auf drei EPs verteilt veröffentlichen, „each one an exercise in exploring our multiple sonic personalities“, wie die Band selbst auf ihrer Internetseite schreibt, „from motorik and post-punk to alt-techno, to woozy avant-garde electronica“. Der erste Teil, „Dialogue I“, ist am 29. Juni erschienen und ist definitiv eher im Bereich „electronica“ einzuordnen, die Gitarren treten dort erst einmal in den Hintergrund.

Beim Gespräch am Merch-Tisch erwies sich die Band als überaus höflich und bescheiden und man war überrascht, später bei Recherchen herauszufinden, dass Fufanu von vielen namhaften Blogs als nächste große Nummer gehandelt wurden. Vielleicht sind junge Musiker mittlerweile so vorsichtig geworden, dass sie dem eigenen Hype keinen Glauben mehr schenken. Auf jeden Fall haben sich die Isländer nicht auf diesen Vorschusslorbeeren ausgeruht, sondern jedes Jahr eine Platte mit einer konsequenten Weiterentwicklung präsentiert. In einem Interview im Rahmen einer KEXP-Session, die man übrigens auch im Internet finden kann, sagt der Frontmann: „We are constantly trying to push ourselves further“. Wer sich das dazugehörige Video ansieht, kann sich auch von der Dynamik überzeugen, die die Band live entwickelt. Beim Song „Circus Life“ schlägt sich der Sänger vor lauter Sturm und Drang den Monitorkopfhörer von den Ohren.

An diesem Abend im Atelier ließ mitten im Set ein lauter Knall das Publikum aufschrecken. Kurz zuvor hatte in Paris das Attentat auf das Bataclan stattgefunden und die Nervosität im Raum war spürbar. Doch es war nur ein Pressefotograf, der versucht hatte, sich lässig über eine der Absperrungen zu hieven, was ihm offensichtlich nicht gelungen war. Fufanu hielt kurz inne und spielte dann weiter. So laut kanns ja dann doch nicht gewesen sein …

Am 29. Juli in den Rotondes.

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