GLEICHSTELLUNG: Im Schneckentempo

Zehn Jahre nach dem Pekinger Weltfrauentreffen steht fest: Die Sache der Frauen stagniert. Luxemburg bildet da keine wirkliche Ausnahme.

Wer dieser Tage auf der Internetseite der Luxemburger EU-Präsidentschaft die „rendez-vous importants de la présidence“ suchte, konnte alles mögliche finden – nur nicht die Konferenz zu Peking +10. Die zweitägige Großveranstaltung zur Pekinger Frauenagenda schaffte es erst an ihrem Eröffnungstag auf die Seite eins der Präsidentschaft. Was vielleicht unbedacht geschah, ist dennoch symptomatisch für die Gleichstellungspolitik der EU und Luxemburgs: Vieles passiert im Verborgenen.

Dabei hat die UN-Weltfrauenkonferenz in Peking vor zehn Jahren einiges bewirkt. Ein großer Erfolg der Feministinnen auf institutioneller Ebene war die Aufnahme des „Gender-Mainstreaming“ im Amsterdamer Vertrag von 1997. mehr lesen / lire plus

ROCK: Verweigerung als Programm

And You Will Know Us By The Trail Of Dead, „Worlds Apart“, Interscope/Universal, 2005.

„Random lost souls have asked me: What’s the future of rock’n’roll? I say: I don’t know, does it matter?“ Keine Angst, so unbeteiligt wie die Zeile aus „Worlds Apart“ von „And You Will Know Us By The Trail Of Dead“ klingen mag, sind die Texaner beileibe nicht. Im Gegenteil, das neue Album der drei Musiker ist eine Hommage an den progressiven Rock: wuchtig und dann wieder filigran, aufbrausend und dann wieder versöhnlich, geradlinig und doch extrem komplex. Dahinter steckt, wie beim Vorgängeralbum auch schon, ein ausgeklügeltes dramaturgisches Konzept, so dass vom Anhören einzelner Stücke dringend abzuraten ist. mehr lesen / lire plus

MIKE NICHOLS: Es ist Krieg

In „Closer“ widmet sich Regieveteran
Mike Nichols erneut dem Geschlechterkampf. Der Film macht vor (Seelen-)Striptease nicht halt – und bleibt trotzdem an der Oberfläche.

Zwangspause in Sachen Zahnpasta-Lächeln: Julia Roberts (mit Jude Law) macht auf ernst.

Kein „Englishman in New York“, sondern eine New Yorkerin, die in London auf die Liebe ihres Lebens trifft. Das ist die vordergründige Geschichte, welche die Theateradaption von Starregisseur Mike Nichols („Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“, „Die Reifeprüfung“) erzählt. Die andere aber handelt von den psychologischen und kommunikativen Wirrungen der Liebe und dem Schmerz, den Menschen einander unter Berufung auf Amors Pfeil zufügen können. Der Plot beruht auf Patrick Marbers erfolgreichem Bühnendrama und ist schnell erzählt. mehr lesen / lire plus

PUNK: Keine Experimente

„Power“ heißt das dritte Album von Q and not U aus Washington D.C. Bei dem Titel hätte mensch einiges erwarten können. Tatsächlich überrascht die auf drei Jungs um Sänger Harris Klahr geschrumpfte, einst als Fugazi-Nachfolgerin gehandelte Punkband mit vielen Anleihen aus Funk und einem neuen Hang zum Plastiksound, wie er derzeit im New Yorker Underground grassiert . Das Tempo ist schnell, es gibt Haken und Ösen wie schon auf dem ebenfalls beim Indie-Label „Dischord“ erschienenen Vorgängeralbum „Different Damage“. Das war es dann aber mit dem Wiedererkennungseffekt. „Power“ ist experimenteller, mehr Funk als Punk – und (noch) sperriger. Vor allem der ständige Falsettgesang liegt mitunter recht schräg im Ohr. mehr lesen / lire plus

JONATHAN GLAZER: Kidman at her best

Wer einen glaubhaften Film über Reinkarnation sucht, ist bei „Birth“ an der falschen Adresse. Wer aber eine großartige Schauspielerin sehen will, darf sich diesen Film nicht entgehen lassen.

Atemberaubend intensiv: Nicole Kidman läuft in „Birth“ zur Höchstform auf.

Ein einsamer Jogger läuft durch den verschneiten Central Park. Minuten später klappt er unter eine Brücke tot zusammen. Zur selben Zeit kommt irgendwo in New York ein Baby zur Welt. Den bedeutungsvollen, in düsteren Farben gehaltenen Prolog hat Regisseur Jonathan Glazer seinem Film „Birth“ bewusst voran gestellt. Schon in den
ersten Minuten gibt Glazer jene Dialektik vor, um die der weitere Filmverlauf kreisen wird: Tod und Leben, Verlust und Wiederkehr. mehr lesen / lire plus

EU-PRÄSIDENTSCHAFT: Poker um neuen Pakt

Unter Luxemburgs EU-Vorsitz soll der Stabilitätspakt reformiert werden. Trotz kontroverser Wünsche einzelner Länder: Premier Juncker könnte der Kompromiss gelingen – dank eines neuen Trends zum Schuldenmachen.

Gut gelaunt präsentierte sich Außenminister Jean Asselborn in Brüssel kurz vor Weihnachten, um die Ziele der Luxemburger EU-Ratspräsidentschaft vorzustellen. Am 1. Januar hat Luxemburg den Staffelstab von den Niederlanden übernommen. Im Mittelpunkt des sechs Monate andauernden luxemburgischen Vorsitzes wird vor allem ein Themenbereich stehen: Europas Finanzpolitik. Bis zum EU-Frühjahrsgipfel im März soll unter anderem die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes (siehe Kasten) unter Dach und Fach gebracht werden, kündigte Asselborn an. Ein ambitiöses Ziel, denn um den Pakt wird seit Monaten heftig gestritten. mehr lesen / lire plus

EU-PRÄSIDENTSCHAFT: Der Stabilitäts- und Wachstumspakt

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist eine Vereinbarung, welche die Neuverschuldung der EU-Mitgliedstaaten begrenzen und so die Stabilität des Euro gewährleisten soll. Im Maastricht-Vertrag von 1992 verpflichteten sich die jeweiligen Mitgliedstaaten, bevor sie der europäischen Währungsunion beitreten, bestimmte Auflagen in Hinblick auf ihre Haushaltsaufkommen zu erfüllen. Auf Initiative Deutschlands wurden auf dem Dubliner EU-Gipfel 1996 zwei dieser Kriterien auch über den Euro-Eintritt hinaus festgeschrieben. Demnach sollen die Euro-Länder in wirtschaftlich entspannten Zeiten einen „nahezu ausgeglichenen oder einen Überschuss aufweisenden Haushalt“ vorweisen. In wirtschaftlich schlechten Zeiten hingegen darf die Neuverschuldung eine Defizitgrenze von drei Prozent nicht überschreiten. Nur bei „außergewöhnlichen Umständen“ erlaubt der Pakt eine vorübergehende Überschreitung, etwa bei verheerenden Naturkatastrophen oder einer schwerwiegenden Wirtschaftsrezession. mehr lesen / lire plus

FLUTKATASTROPHE: Solidarität und Schutz für alle

Ein weltweiter Zivilschutz könnte Katastrophen wie die in Südostasien zumindest mindern helfen.

Über eine Million Obdachlose und wohl mehr als 120.000 Tote – das ist die schreckliche Bilanz der Flutkatastrophe im Indischen Ozean. Dabei hätten die Zahlen weit weniger schlimm ausfallen können: Wenn es in der Region ein Frühwarnsystem für Tsunamis gegeben hätte, und wenn Warnhinweise richtig weitergeleitet worden wären. Die Zeit zwischen dem Beben und der Ankunft der ersten Flutwellen an den Küsten, da sind sich Experten einig, hätte ausgereicht, um Indien, Sri Lanka und vielleicht sogar Thailand warnen zu können.

Tatsächlich hatte das Pacific Tsunami Warning Center (PTWC) auf Hawaii zwei Meldungen herausgegeben, in denen es vor der Möglichkeit von Tsunamis warnte. mehr lesen / lire plus

ANTI-WEIHNACHT: Kampf dem Lampenfieber

Nieder mit Santa Claus, dafür ein Hoch aufs Kleeschen – so lautet die Kampfparole eines Aktionskomitees, das zur Festzeit sein Unwesen treibt. Diesmal soll nicht nur Santa
dran glauben …

Nein, das ist kein Weihnachtsmänner-Massaker. Nach der kunstvollen Aufhängung tauchten die entführten Santas unbeschadet bei ihren BesitzerInnen wieder auf. (Foto: KKLS)

Der Sommer ist kaum vorbei, da marschieren sie auf: Heerscharen von Nikoläusen und Weihnachtsmännern aus Schokolade. Mit oder ohne lila Schleifchen sind sie das süße, rot-weiße Symbol für die Weihnachtszeit. Zumindest für Kaufleute kann die Adventszeit anscheinend gar nicht früh genug kommen. Mit dem Einzug des Schoko-Onkels und seiner geklonten Brüder in die Regale ändert sich auch die Musik in den Geschäften. mehr lesen / lire plus

PISA II – Interview: „Gesamtschule ist ein Tabu“

Plädiert für die Abschaffung mehrgliedriger Schulsysteme und für eine bessere Arbeitskultur der Erwachsenen: der Genfer Bildungsexperte Walo Hutmacher.

woxx: Luxemburg ist bei Pisa II um sechs Plätze auf Platz 23 im Bereich Mathe geklettert. Auch im Punktwertevergleich schneiden luxemburgische SchülerInnen inzwischen besser ab. Ein Grund zum Jubeln?

Walo Hutmacher: Mein Eindruck ist eher, dass sich die Bedingungen, unter denen die Schüler getestet wurden, verbessert haben. Zum einen, weil sie dieses Mal den Test in der Sprache machen konnten, die ihnen jeweils am besten lag. Zum anderen hat der Pisa-Schock von 2002 wahrscheinlich Schüler, vor allem aber die Lehrer, motiviert

Die ehemalige Bildungsministerin behauptet, die besseren Resultate hingen mit Maßnahmen zusammen, die sie nach Pisa I ergriffen habe. mehr lesen / lire plus

PISA 2003: Bildungsskandal hausgemacht

Keine Strukturreformen – schlussfolgert die Bildungsministerin aus dem besseren Abschneiden Luxemburgs bei Pisa II. Ein Affront gegenüber den Verlierern: den Migranten.

„Der Patient ist auf dem Weg der Besserung“, so lautet das Fazit nicht nur des Luxemburger Worts über Luxemburgs Resultate beim zweiten Pisa-Test. Auch die neue Bildungsministerin Mady Delvaux-Stehres zeigte sich darüber zufrieden, dass Luxemburgs SchülerInnen im internationalen Vergleich Anschluss an das (untere) Mittelfeld der Test-Länder gefunden hat. Ihre liberale Vorgängerin Anne Brasseur sieht sich denn auch in ihrer Arbeit bestätigt. Die Bildungspolitik der DP trage „erste Früchte“, hieß es bereits am Montag in einer Pressemitteilung der Partei. Das ist – gelinde gesagt – eine Anmaßung. mehr lesen / lire plus

PISA 2003: Nicht versetzt!

Bloß nichts nachhaltig verändern, war das Motto der DP-Bildungspolitik. Damit sich das Pisa-Debakel nicht ständig wiederholt, muss die neue Regierung die Bildungsreform zur Chefsache machen.

„Luxemburgs Schulsystem kann gute Nachrichten gebrauchen.“ Die Aussage von Michel Lanners aus dem Bildungsministerium, Luxemburgs Vertreter im „Pisa-Governing Board“ dürfte symptomatisch für die aktuelle Pisa-Debatte sein. Denn seitdem die Ergebnisse der zweiten weltweiten Bildungsstudie der OECD am vergangenen Dienstag der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, bestimmt offensichtlich erleichtertes Aufatmen die Szenerie. Luxemburgs 15-Jährige haben sich in allen getesteten Bereichen – Mathe, Lesen und Naturwissenschaften – leicht verbessert. In der Mathematik, Schwerpunktfach des aktuellen Pisa-Zyklus, landeten die SchülerInnen gar auf Platz 23. mehr lesen / lire plus

FOLK: Holly Golightly

Slowly But Surely, Damaged Goods 2004.

Ziemlich romantisch präsentiert sich Holly Golightly auf ihrem jüngsten Album „Slowly but Surely“. Wer etwas übrig hat für besinnlichen Country-Folk, der/dem wird diese Scheibe der englischen Mrs. Alternative sicher gefallen. Dafür stellt die junge Britin, die vielen durch ihren Gastauftritt auf dem White Stripes-Album „Elephant“ inzwischen ein Begriff sein dürfte, alle bisherigen Rock-und Garage-Einflüsse nach hinten – und taucht ein in das Amerika der 30er, 40er und 60er Jahre. Selbstbewusst tänzelt Golightly zwischen den Genres vom Jazz zum Blues und Folk. Sie singt Balladen von Billy Miles oder Patsy Cline, manchmal begleitet nur von ein paar melancholisch quäkenden Gitarren, einem quirlig, dann wieder traurig klingenden Bass, einer Orgel – beste Musik eben für düstere Abendstunden in einem verrauchten englischen Pub. mehr lesen / lire plus

STRAFVOLLZUG: Fesselnde Ideen

Die elektronische Fessel will Luxemburg in einem Modellversuch testen. Ihre Aufgaben: statt Knast elektronische Überwachung und Resozialisierung.

Bei Verstoß Alarm-SMS aufs Handy – die elektronische Fußfessel ermöglicht Überwachung rund um die Uhr. (Foto: Archiv)

„Was hast’n du da am Fuß?“ Die Frage eines Trainingskollegen im Fitness-Center bringt Jean-Pierre mehr ins Schwitzen als die 20-Kilo-Hantel, die er gerade stemmt. „Einen elektronischen Pulsmesser“, antwortet er schnell und versucht, den Blick des Kumpels vom Kunststoffkästchen an seinem rechten Knöchel abzulenken. Denn Jean-Pierre ist eigentlich ein Häftling – und trotzdem frei. Seine Freiheit verdankt er dem unscheinbaren Gerät, das der Kollege so neugierig mustert.

Die Szene ist fiktiv. mehr lesen / lire plus

Karl-Markus Gauß, Die Hundeesser von Svinia. Zsolnay Verlag, Wien 2004, 120 Seiten, 12,90 € Karl-Markus Gauß: Die Ärmsten Europas

Karl-Markus Gauß, Die Hundeesser von Svinia. Zsolnay Verlag, Wien 2004, 120 Seiten, 12,90 €

Auf eine Reise in die Ostslowakei nimmt der Österreicher Karl-Markus Gauß die LeserInnen in seinem jüngsten Buch Die Hundeesser von Svinia mit. Dort, am äußersten Rand der EU, leben die ärmsten EuropäerInnen: die Roma. Gauß zeichnet ein präzises Bild dieser Region, in der Roma schon zu sozialistischen Zeiten in Wohnkolonien zusammengepfercht und von der übrigen Bevölkerung isoliert wurden. So erfährt der/die LeserIn Wesentliches über die slowakischen Roma, ihre Geschichte, ihre Lebensweisen. Gauß zeigt die Spuren einer rassistischen Kommunalpolitik, die lange Zeit alle Roma-Kultur zu tilgen versucht hat, und benennt zugleich die Schwierigkeiten eines Zusammenlebens unterschiedlicher Kulturen. mehr lesen / lire plus

BILDUNG: Rot, gelb – und braun

Die Waldorfschule auf dem Limpertsberg platzt aus allen Nähten. Im neuen Oberstufengebäude büffeln Schüler fürs Bac. Zeit für einen Blick hinter die Kulissen.

Eine schmuddelig grüne Blechbaracke, ein Baucontainer, ein betonierter Schulhof – eine anthroposophische Privatschule stellt man sich eigentlich anders vor. Lediglich das neue Oberstufengebäude weist auf die besondere Bedeutung hin, die Luxemburgs einzige „Fräi-Öffentlech Waldorfschoul“ Farben zumisst: Es leuchtet in kräftigem Rot, Gelb und Blau. Wer dann ins Innere der ansonsten tristen Barackenlandschaft vordringt, kann nur neidisch werden: helle Räume mit viel Holz und Licht in den buntesten Farben. Vom anonymen Grau vieler Staatsschulcontainer ist hier nichts zu sehen. mehr lesen / lire plus

INDIE-ROCK: Nachtschwärmerei

Razorlight, Up All Night, Mercury/Universal Music 2004

Ihr Debüt Up All Night ist kaum veröffentlicht – da streiten bereits die KritikerInnen. Klingen die Londoner Razorlights um Frontmann Johnny Borrell nun nach den, ebenfalls aus UK kommenden Libertines, bei denen Borrell einen kurzen Gastauftritt als Bassist hatte? Oder doch eher nach den New Yorker Strokes? Die Wahrheit liegt, wie so oft, irgendwo dazwischen. An die Libertines erinnert die klare Stimme Borrells – bei den ersten Liedern „Leave Me Alone“ und „Rock’n’Roll Lies“-, süchtig machende Gitarren und raffinierte Wendungen zwischen sanft-verführerisch und intensiv-rockend („In The City“). Wie die Strokes hingegen klingen rauere Stücke wie „Which Way Is Out“, „Rip It Up“ oder Don’t Go Up To Dalston“, übrigens ein verzweifelter Gruß an Ex-Kumpel und Junkie Pete Doherty. mehr lesen / lire plus

TERRORISMUS: Auf die Folter gespannt

Mohamed K. soll Anschläge gegen EU-Institutionen geplant haben. Doch über den mutmaßlichen gefährlichen Terroristen schweigen sich Regierung und Behörden weiter aus.

Kameramänner klingeln an der Haustür. Eine Frau öffnet ihnen. Nur ihre Augen sind zu sehen, den Rest des Gesichtes verbirgt sie hinter einem schwarzen Schleier. Die Szene, die ein deutsches Fernsehteam aufnahm, entstand nicht in einer Fundamentalistenhochburg irgendwo im Ausland. Gefilmt wurde die Frau in einem kleinen Dorf nahe der luxemburgischen Hauptstadt.

Mit diesem Bild begann ein Bericht des Nachrichtenmagazins „Panorama“, den das Erste Deutsche Fernsehen am Donnerstag vergangene Woche ausstrahlte. Die brisante Enthüllung: Luxemburg ist ins Visier von Terroristen geraten. mehr lesen / lire plus

MOSHE ZIMMERMANN: Goliaths Falle

Israelis und Palästinenser im Würgegriff. Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 2004, 192 Seiten, 8,50 €.

Die einen sehen in ihm den überzeugten Kritiker der derzeitigen israelischen Realpolitik. Die anderen nennen ihn einen Freund der Palästinenser, der in seiner Parteilichkeit Gefahr läuft, Antisemiten das Wort zu reden. Kein Frage, die Positionen des israelischen Historikers Moshe Zimmermann sind umstritten. Sein aktuelles Buch „Goliaths Falle“ ist gleichwohl lesenswert. Darin beschreibt er den Wandel der Juden der Diaspora zur israelischen Gesellschaft von heute. Ohne Europa und die Vernichtung der Juden durch die Nazis gäbe es den Nahostkonflikt nicht, mahnt Zimmermann. In verschiedenen Essays legt er dar, wie sich der Konflikt ideologisieren und instrumentalisieren lässt. mehr lesen / lire plus

RAOUL ZELIK: Kotzen in der Fremde

„Bastard – die Geschichte der Journalistin Lee“, Assimilation A, 15 Euro, ISBN 3-935936-25-7

Die „Süddeutsche Zeitung“ sagt ihm schon eine Karriere als „Manu Chao der deutschen Popliteratur“ voraus – ein blöder Vergleich. Denn Manu Chao singt fröhlich-engagierte Texte. Die Sprache, die Raoul Zelik in seinem jüngsten Roman Bastard verwendet, ist hingegen grimmig, manchmal vielleicht etwas zu bemüht sarkastisch. Heutzutage ist es eben schick, radikal und respektlos zu schreiben, und mit vielen Anglizismen. Engagiert aber ist seine Geschichte. Carla Lee ist eine Studentin unserer Zeit. 27 Jahre jung, in Deutschland geboren und aufgewachsen, ihr Vater ein koreanischer Gewerkschaftsführer. Als „Assimilationskanakin“ oder „Schlitzauge“ im Deutschland nach Solingen und Hoyerswerda, als Bulimie-Kranke im eigenen Körper – Fremdsein ist Lees großes Thema. mehr lesen / lire plus