IMRE KERTESZ: Der Holocaust als Welterfahrung

Der ungarische Literaturnobelpreisträger Imre Kertész denkt in seinem jüngsten Buch über „Die exilierte Sprache“ nach.

Am Anfang war das Verstummen der Gegenwart, das Schweigen der Erinnerung und die ungeheure Überwältigung durch das Nichts. Das war bei seinem ersten Besuch in Weimar 1962, als Kertész das in unmittelbarer Nähe von Goethes Wirkungsstätte gelegene Konzentrationslager Buchenwald besuchte. Zwar fand er den geografischen Ort seiner Leidenserfahrung, nicht aber den Ort seiner Erinnerung. In seinem 1998 erschienenen Buch „Der Spurensucher“ hat er diesen für sein späteres Lebenswerk wegweisenden Einbruch ausdrücklich beschrieben. Die Reise nach Buchenwald stand unter dem Vorzeichen des „Fehlers, zu glauben, die Vergangenheit sei wieder belebbar (…). mehr lesen / lire plus

TAMARA DE LEMPICKA: Die Königin des Art Déco

Mit ihrer Biografie der Malerin Tamara de Lempicka unternimmt Laura Claridge mehr als nur eine Ehrenrettung.

Tamara de Lempicka irritiert zweifellos: die exzentrische und sprunghafte Persönlichkeit, ihre maßlosen Selbstinszenierungen und die etwas kindische Gewohnheit, ihren Lebenslauf hinter erfundenen oder zumindest fantasievoll ausgeschmückten Anekdoten zu verbergen, … Nicht weniger Rätsel allerdings geben die Kunsthistoriker und Kritiker auf, die seit Jahrzehnten Tamara de Lempicka auf ein Mauerblümchendasein in ihrem Fach festgelegt haben, sofern sie die russisch-polnische Künstlerin nicht ganz ignorieren. Dabei würde ein zunächst kurzer, dann längerer Blick auf zwei ihrer Meisterwerke, „Die schöne Rafaela“ von 1927, und das acht Jahre später entstandene Ölbild „Der orangefarbene Turban“, ausreichen, um ihr einen Platz im Meisterkanon der klassischen Moderne zuzugestehen. mehr lesen / lire plus

VERBRECHEN DER WEHRMACHT: Der totale Krieg

Die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“, die zur Zeit in Esch zu besichtigen ist, beleuchtet die Frage ob die nationalsozialistische Wehrmacht eine „kriminelle Vereinigung“ war.

Als das „tausendjährige Reich“ nach zwölf zu langen Jahren am Boden, Deutschland in Scherben und Europa in Schutt und Asche lagen, installierten die Siegermächte des zweiten Weltkriegs in Nürnberg einen Strafgerichtshof. Auf der Anklagebank saß
die politische Elite der Nazis, sofern sie sich der Gerichtsbarkeit nicht durch Selbstmord entzogen hatte, führende Vertreter der Reichswirtschaft und die wichtigsten Angehörigen der Wehrmacht. Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel als Chef des
Oberkommandos der Wehrmacht etwa, der zusammen mit Generaloberst Alfred Jodl des „Wehrmachtführungsstabes“ schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt wurde, da man ihnen die „Ausarbeitung oder Ausführung eines gemeinsamen Plans“ mit dem Ziel, Verbrechen
zu begehen, vorwarf. mehr lesen / lire plus

Exodus: Auswanderungshafen Hamburg

Das „Centre de Documentation sur les Migrations Humaines“ (CDM) zeigt eine Ausstellung über Hamburg als „Auswandererhafen“.

Zwischen 1836 und 1914 verlassen mehr als vier Millionen Menschen über die Freie Hansestadt Hamburg den europäischen Kontinent und versuchen ihr Glück in Amerika. Es sind, in den Zeiten der Restauration von Metternich, politische Motive, die Demokraten und Radikale Europa den Rücken kehren lassen. Die Industrialisierung in der zweiten Jahrhunderthälfte leitet einen Rückgang der Landwirtschaft, des Handwerks und der Gewerbebetriebe ein und schafft zugleich ein Arbeitslosenreservoir – zu den politischen Gründen stoßen nun wirtschaftliche Fluchtmotive.

Bereits um die Jahrhundertwende galt Hamburg als einer der wichtigsten Auswandererhäfen. mehr lesen / lire plus