Cita-Anzeigen: Stau in drei Zeilen

Glaubt man den kürzlich veröffentlichten Inrix-Studien, so stehen Fahrzeuge in Luxemburg jährlich etwa 34 Stunden im Stau, Tendenz steigend.

1334_stau2Europaweit übertreffen uns hierin nur noch Belgien (51 Stunden), die Niederlande (41 Stunden) und Deutschland (39 Stunden). Das amerikanische Technologieunternehmen Inrix, spezialisiert auf die Auswertung von Verkehrsdaten, vergleicht außerdem die im Stau verlorene Zeit mit dem Brutto-Inlands-Produkt des jeweiligen Landes und stellt fest, dass es in Ländern, die sich in ökonomischen Schwierigkeiten befinden, verhältnismäßig wenig Stau gibt. So büßten zum Beispiel die Spanier 2014 nur rund 17 Stunden im Verkehr ein.

Umso begreiflicher also, dass gerade in Luxemburg der Verkehr immer häufiger stockt. Dass dies aber nicht nur auf Wachstum zurückzuführen ist und kurzfristig auch keine Aussicht auf Besserung besteht, gestand Nachhaltigkeits-Minister François Bausch jetzt in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der LSAP-Deputierten Claudia Dall’Agnol zum Autobahnverkehr ein. Das vor gut 20 Jahren eingeführte Informations- und Überwachungssystem Cita wird seiner Aufgabe nicht mehr gerecht, und dies umso weniger, als mittlerweile mindestens zweimal täglich die oberste Belastbarkeitsgrenze der Luxemburger Autobahnen und Nationalstraßen erreicht wird.

Teuer, aber nicht sehr schlau

Da das teure System auf die Autobahnen beschränkt ist, kann es den FahrerInnen im Falle eines Staus keine Umgehungsroute via Nationalstraße angeben. Um dies zu ermöglichen, müsste es zusätzlich mithilfe von Kameras und Zählern die Situation auf den Landstraßen auswerten und über die Kontrolle eines großen Teils der Ampeln verfügen. Aber das ist gar nicht gewollt: Die Luxemburger „voies secondaires“ führen in der Regel durch Wohngebiete, denen der überbordende Transit- und Pendlerverkehr gar nicht erst zugemutet werden soll.

In seiner Antwort räumt der Minister ein, dass seine Dienststellen über keine Statistiken verfügen, die weiterreichende Erkenntnisse über stauenden oder zähflüssigen Verkehr vermitteln könnten. Man wisse lediglich, dass zu den Spitzenstunden am Vormittag und am Abend sowie während der Ferienreisezeiten auf den Autobahnen faktisch der Zustand der Saturation eintrete.

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(Foto: SpeedraceR)

Der Nachhaltigkeitsminister, zuständig auch für die Verkehrsinfrastruktur, weist die Behauptung der Deputierten zurück, die automatischen Anzeigetafeln würden ihren Nutzen nicht erfüllen. Zweck der dreizeiligen Anzeigetafeln, so sein Argument, sei es, die AutobahnnutzerInnen über die aktuelle Situation zu informieren und auf Gefahren aufmerksam zu machen. Das Problem der überfüllten Autobahnen allein mit Tafelanzeigen lösen zu wollen, lasse den spezifischen Verkehrskontext Luxemburgs außer Acht.

Ohne es direkt auszusprechen, will der Minister damit wohl andeuten, was er an anderer Stelle bereits mehrfach betont hat: Große Teile des Verkehrs auf den Luxemburger Autobahnen wären vermeidbar, wenn stärker öffentliche Transportmittel genutzt würden.

Als er im Frühsommer die Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung des Alzettetals vorstellte (woxx 1328), versprach der Minister, die Eröffnung der „Nordstrooss“ am 23. September dafür zu nutzen, den Bau und die zurückbehaltene Trasse einer kritischen Prüfung zu unterziehen.

Ähnlich wie das Cita-Projekt wurde die 700 Millionen teure Nordautobahn Mitte der 1990er beschlossen und von den Grünen damals heftigst bekämpft. In beiden Fällen wurden die Kosten massiv unterschätzt – nicht zuletzt, weil es keine gesetzlichen Regelungen zur Kontrolle derartiger Langzeitvorhaben gab. Die Finanzen waren jedoch nicht der alleinige Kritikgrund; es ging auch generell um den Nutzen von Infrastrukturen wie dieser, die voll auf den Individualverkehr ausgerichtet sind. Das Cita-Instrumentarium, welches trotz eingeschränkter Nutzbarkeit mehr als eine Milliarde alter Franken kosten sollte, wurde erst 2003 nachträglich „legalisiert“.


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