Lebensmittelzertifizierung: Sterne am Labelhimmel

Ein staatliches Lebensmittel-Logo soll für mehr Klarheit sorgen. Doch das nun vorgestellte Sternesystem könnte sich als wenig aussagekräftig erweisen.

Rund 20 Qualitätslabel im Nahrungsmittelbereich kennt das kleine Luxemburg. Es wurde Zeit, etwas Ordnung in diesen Dschungel zu bringen, meinte der Minister für Landwirtschaft und Konsumentenschutz Fernand Etgen (DP) am vergangenen Dienstag, als er sein Gesetzespaket zur Zertifizierung der Luxemburger Labels und zur Promotion des Luxemburger Agrarsektors vorstellte.

Der Ausarbeitung dieses Maßnahmenpaketes war die Petition 668 vorausgegangen, die im Juni 2016 von den traditionellen Bauernverbänden in der Chamber eingereicht worden war. Sie forderten, dass künftig öffentliche Kantinen dazu verpflichtet werden, bei ihren Lebensmitteleinkäufen lokale ProduzentInnen zu bevorzugen.

Im Herbst vergangenen Jahres hatte der Minister zu einem „Qualitätstisch“ in der Ettelbrücker Ackerbauschule geladen, an dem rund 200 VertreterInnen aus Produktion und Vertrieb landwirtschaftlicher Produkte teilnahmen. Schnell wurde klar, dass sich die einheimische Herkunft der Produkte als alleiniges Kriterium nicht eignet, um daraus eine Vorschrift für die Kantinen zu machen. Vielmehr sollten qualitative Kriterien mit herangezogen werden. Da Ansätze der Labels – etwa der „produits du terroir“ oder der „bio“ – jedoch sehr unterschiedlich sind, entstand die Idee, eine Vielzahl an Kriterien in ein gemeinsames Bewertungsschema zu integrieren.

Herauskam ein eher kompliziertes Sternesystem, das in drei Qualitätsgruppen – „qualité/saveur“, „régional/équitable“, „environnement/bien-être animal“ unterteilt ist. Pro Gruppe werden jeweils zehn Kriterien gelistet. Produkte, die in jeder der Gruppen mindestens ein Kriterium erfüllen, dürfen mit einem staatlichen Siegel und einem Stern versehen werden. Wer zusätzliche Kriterien erfüllt, kann stufenweise bis zu vier Sterne ergattern.

Wobei die Benotung keineswegs so streng ist als in der Schule: Die beste Note wird bereits dann erteilt, wenn 50 Prozent der Kriterien erfüllt sind. Auch die Kriterien selbst sind nicht immer sehr anspruchsvoll. Dazu gehören etwa die einfache Beteiligung an internationalen Label-Wettbewerben oder aber die Anwendung besonders innovativer Produktionspraktiken.

Nicht unbedingt bio

Das heißt dann aber auch, dass auch ein Vier-Sterne-Produkt nicht unbedingt viel mit „bio“ am Hut haben muss. Labels, die in dieser Hinsicht besonders anspruchsvoll sind, stechen in dieser Bewertung nicht mehr unbedingt hervor. Die KonsumentInnen können dem Siegel nämlich nicht ablesen, durch welche Eigenschaften das betreffende Produkt sich seine Sterne verdient hat. Wer dies erfahren möchte, muss eine entsprechende Seite im Internet aufrufen.

ProduzentInnen, die am System teilnehmen wollen, müssen bereit sein, sich einer unabhängigen Kontrolle zu unterwerfen. Im Gegenzug stellt das Ministerium finanzielle Hilfen sowohl bei den Kontrollen als auch bei der Vermarktung zur Verfügung. Nach dem Prinzip: Wer mehr Sterne hat, bekommt auch mehr Geld.

Wie begehrt diese Sterne bei den bestehenden Labels sein werden, bleibt jedoch abzuwarten. Immerhin stellte der Minister sein Gesetzespaket im Alleingang vor. „Ich wünsche mir, dass möglichst viele bei der Zertifizierung mitmachen“, so Etgen.

Ein gewisser Druck könnte allerdings dann entstehen, wenn das geplante Gesetz zu den „marchés publics“ umgesetzt wird. Hier wird nämlich die legale Basis geschaffen, um überhaupt um Ausschreibungen von öffentlichen Kantinen mit nachvollziehbaren Vorgaben zu gestalten.

Spätestens dann dürften Etgens Sterne zum begehrten Objekt der Labels werden. Kantinen, die eigentlich vor allem Bioprodukte anbieten wollten, wird das neue Logo hingegen wenig bringen.


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