Massive Attack: Massive Männer


Nach einigen Jahren der Abstinenz meldet sich Massive Attack zurück. Auch wenn es noch nicht zu einem neuen Album gereicht hat, tischt die Band dennoch einige unverkostete Häppchen auf ihrer Europa-Tournee auf. Mit an Bord ist die Formation Young Fathers, die sich nicht hinter dem Kapitän zu verstecken braucht.

Sie prägten den Sound der 1990er: Massive Attack.

Sie prägten den Sound der 1990er: Massive Attack.

Bekanntheit erlangte die britische Band Massive Attack vor allem durch die 1998 erschienene Single „Teardrop“. Auch den Zuschauern der amerikanischen Fernsehserie „Dr House“ dürfte dieser Titel ein Begriff sein, fungiert er dort doch als Hintergrundmusik im Vorspann. Nach ihrem letzten Album „Heligoland“, das 2010 erschien, wartete man vergeblich auf musikalische Neuigkeiten. Für das Jahr 2016 ist jedoch einiges in Aussicht gestellt.

Dass sie die Zeit ihrer Abwesenheit durchaus für das Austüfteln von neuen und zugleich innovativen Projekten genutzt hat, lässt sich an der erst kürzlich von ihr geschaffenen App „Fantom“ ablesen. Diese ist mit vier bisher unveröffentlichten Songs von Massive Attack bestückt – allerdings weder Voll- noch Endversionen – die sich in Übereinstimmung mit dem Herzschlag, dem Aufenthaltsort, der lokalen Zeit und den Körperbewegungen „remixen“. Das zeigt, dass sich neuere Technologie durchaus kreativ nutzen lässt. Noch dazu erschien Ende Januar ihre neue EP „Ritual Spirit“, bei der Gründungsmitglied Tricky erstmals seit 1994 wieder mitwirkte.

Massive Attack gilt außerdem als Mitbegründerin des sogenannten Trip Hop. Hierbei handelt es sich um elektronische Musik, die Bezüge zu Dub und Hip Hop aufweist. Charakteristisch ist für Massive Attack auch die Inklusion von Elementen aus Soul und Funk. Was die Vocals anbelangt, so zeigt die Band sich experimentierfreudig: Etliche Gastmusiker – wie etwa Damon Albarn, Sänger der Band Blur – hatten bereits die Möglichkeit, sich in Songs miteinzubringen. Rhythmisch bewegt Massive Attack sich fast in Zeitlupe und kreiert eine warme, zuweilen auch melancholische Atmosphäre.

Auf ihrer Tour wird Massive Attack von Young Fathers, einer Formation aus Edinburgh, begleitet. Mit ihrem Debüt-Album „Dead“ gewann diese 2014 den „Mercury Prize“ – eine Auszeichnung für das beste Album Großbritanniens und Irlands – und brachte bereits im Folgejahr ihr zweites Album „White Men Are Black Men Too“ heraus. Mit diesem Titel, der sich durchaus als Provokation verstehen lässt, wollte man darauf aufmerksam machen, dass Diskriminierung aufgrund von Herkunft oder äußeren Merkmalen in unserer modernen Gesellschaft immer noch allgegenwärtig ist. Dies dokumentiert ein Auszug aus einer Mail, die die Band an ihr Management gesendet hat: „But, after all that, are Things equal in this World? Fuck no. I still want to ask for it (Equality) backed with the best Music we’ve ever recorded.“

Als die Band noch in den Anfängen steckte, wirkte ihre Musik angesichts des jugendlichen Alters der drei Mitglieder auf Außenstehende wenig altersgerecht. Sie schien in Dimensionen vorzustoßen, die sich gewöhnlich nur Menschen mit einer gewissen Erfahrung öffnen. Diese Wahrnehmung von außen veranlasste die drei, sich selbst als „old heads on young shoulders“, die etwas Neues in die Welt setzen, zu betrachten: Der Name für die Band war gefunden. Stilmäßig lässt sich Young Fathers im Bereich des Pop einordnen. Die Band klingt nach Vergangenheit und auch ein wenig nach Zukunft. Der Gesang ist sehr präsent, die Beats sind bassgeladen; manchmal heftig und monoton, manchmal gemächlich, mit großen Intervallen. Die Songs zeichnen sich vor allem durch einen hohen Abwechslungsreichtum aus, der aber nicht den Wiedererkennungswert der Band beeinträchtigt. Jedenfalls beweist Young Fathers eindrucksvoll, dass Popmusik auch anders geht. Die Band bewegt sich fernab vom einfallslosen Pop-Mainstream, lässt kaum ein Experiment unversucht.

Zu sehen und zu hören sind beide Bands am 9. Februar in der Rockhal in Esch-Belval.

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