Am Mittwoch war es soweit: GegnerInnen und BefürworterInnen feierten die Eröffnung der Nordstraße auf ihre Art.
Als Ex-Bautenminister Robert Goebbels, bewaffnet mit einem knallroten Regenschirm, unterhalb der nagelneuen Wildbrücke, die als Veranstaltungsort für die Eröffnung der Nordstraße fungierte, vor dem Regen Schutz suchte, drehten ihm die Umweltschützer, die sich oberhalb zum Protest eingefunden hatten, auf das Kommando „Ëmdréien“ den Rücken zu.
In den 1990er Jahren waren die Planungen zum Bau einer Autobahn westlich des Alzette-Tals auf den erbitterten Widerstand der dort betroffenen Gemeinden getroffen; da brachte Robert Goebbels die Ostvariante als Alternative in Vorschlag: Mitten durch das größte zusammenhängende Waldgebiet des Landes sollte die „Nordstrooss“ das Ösling mit Kirchberg, und damit auch mit dem restlichen Autobahnnetz, verbinden. Der Vorteil dieser Lösung: Da wo bloß Bäume sind, gibt es weniger EinwohnerInnen, und der Protest hält sich in den Grenzen.
Kosten verdoppelt
Widerstand gab es dennoch: von den Umweltschutverbänden und der grünen Opposition. Immerhin: Es wurde für eine möglichst „schonende“ Untertunnelung plädiert. Für die GegnerInnen war das freilich nur Kosmetik, denn es lag auf der Hand, dass die Zweiteilung des 4.000 Hektar großen Areals dessen biologischen Reichtum auch so nachhaltig zerstören würde.
Ein weiterer Vorteil der „Öko“-Variante war, dass man die unaufhaltsam in die Höhe schnellenden Kosten den NaturschützerInnen anlasten konnte. In Wahrheit war es aber vor allem die mangelhafte Kenntnis der geologischen Beschaffenheit des Gréngewald, die die Planungen verzögerte und verteuerte. Am Ende wurde das Gesamtsystem Nordstraße – inflationsbereinigt – doppelt so teuer wie anfangs geplant.
Als die gegenwärtige Regierung sich daranmachte, die damals versprochenen Kompensationsmaßnahmen aufzulisten, stellte sich heraus, dass die vom Gesetz für diese Maßnahmen vorgesehene Kommission noch kein einziges Mal zusammengetreten war. So gibt es bislang keinerlei Kompensationen. Und von den Flächen, die für diese benötigt würden, sind überhaupt erst zwei Drittel aufgekauft worden. Nach heutigem EU-Recht wäre solches gar nicht mehr erlaubt: Derartige Großprojekte dürfen erst in Angriff genommen werden, wenn der Realisierung der Kompensationsmaßnahmen nichts mehr im Wege steht.
Etwas versöhnlichere Töne waren am vergangenen Mittwoch vom gegenwärtigen Infrastrukturminister, François Bausch, zu vernehmen. Er ließ eine RTL-Reportage aus alten Tagen einspielen, in der er als Sprecher der GAP mit scharfen Worten vor der Realisierung der Nordstraße und insbesondere der Ostvariante warnte.
Ohne seine Aussagen von damals zu kommentieren, wies Bausch auf den hochgradig emotionalen Charakter der damals geführten Debatten hin. Beide Seiten hätten gut daran getan, sachlicher miteinander umzugehen; vielleicht hätte es dann eine bessere Lösung als die Ostvariante geben können.
Er zitierte seinen Vorgänger Robert Goebbels: „Ich gebe gerne zu, dass die Nordstraße kein Wundermittel ist, das alle Probleme im Lande löst, schon gar nicht alle Probleme im Norden des Landes.“ Dieser Satz aus dem Jahre 1997 sei heute wahrer denn je, denn diese Autobahn sei eigentlich eine Zentrums- und keine Nordstraße. Sie bringe die Menschen aus dem Norden vielleicht etwas schneller in die Hauptstadt, doch für die Entwicklung – des damals von einem regelrechten Exodus betroffenen – Nordens seien andere Instrumente vonnöten.