Oppenheimer-Preis: „Der Vergangenheit auf der Spur“

Am 8. Oktober erhielt die Gemeinde Differdingen eine Auszeichnung der Réne-Oppenheimer-Stiftung. Im Vorfeld unterhielt sich die woxx mit dem Präsidenten der Stiftung, Laurent Moyse, über die Gründe hierfür.

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(Foto: © Wikimedia)

woxx: Seit wann gibt es die Oppenheimer-Stiftung, welche Ziele hat der gemeinnützige Verein, und von wem ging seine Gründung aus?

Laurent Moyse: Die Stiftung ist 1991 entstanden. Sie beruht auf der Idee von Alfred Oppenheimer, der zusammen mit seinem Sohn René 1943 deportiert wurde; dieser wurde 1944 in Auschwitz vergast. Alfred Oppenheimer ist in seinem späteren Leben öfters als Zeitzeuge an Schulen gewesen, um über seine grausame Erfahrung zu berichten. Und er wollte etwas in diesem Sinne hinterlassen – insbesondere der Jugend – und hat sich darum entschieden, eine Stiftung zu gründen, die den Namen seines Sohnes trägt. Das Hauptziel der Stiftung sollte sein, einen Preis an eine Person oder eine Gruppe von Personen zu verleihen, die sich intensiv gegen Rassismus, Antisemitismus und Intoleranz eingesetzt haben. Alfred Oppenheimer ist 1901 in Metz geboren, kam in den 1920er Jahren mit seiner Familie nach Luxemburg, war Mitglied der Jüdischen Gemeinde und wurde später von den Nazis als Judenältester eingesetzt.

Wie oft wurde der Preis verliehen, und wie hoch ist er dotiert?

Der Preis wurde bis jetzt 16-mal verliehen. Die jetzige Verleihung wird die 17. sein. Dotiert ist er mit 2.500 Euro.

Was hat die Stiftung dazu bewogen, gerade der Gemeinde Differdingen diesen Preis zu verleihen? Wieso werden nicht einzelne Akteure wie der Historiker Cédric Faltz, der die Recherchen durchgeführt hat, oder der Initiator des Aufarbeitungs-Projekts geehrt?

Es ist das gesamte Projekt, das die Gemeinde angestoßen hat, also die Ausstellung und die Broschüre, die ja wesentliche Ergebnisse der Recherchen enthält – auch die Stolpersteine, als Erinnerung an die Deportierten, gehören dazu. Es ist eine Gesamt-Initiative, um der Vergangenheit auf die Spur zu kommen. Gerade zurzeit fällt das in einen Kontext, in dem viel darüber gesprochen wird, wie Luxemburg der Vergangenheit gegenübersteht. Und natürlich ist es auch die emotionale Geste des Bürgermeisters vor einem Jahr, in der er sich entschuldigt hat im Namen der Gemeinde Differdingen. Das Parlament und die Regierung haben das erst sehr viel später getan.

Das heißt, die Oppenheimer-Stiftung hält die offizielle Entschuldigung des Bürgermeisters Roberto Traversini (déi Gréng) – beruhend auf dem Bekennen der Mitschuld der lokalen Verwaltungen – bei der Jüdischen Gemeinschaft für eine aufrichtige Geste?

Auf jeden Fall. Aber es war auch die Überlegung der Stiftung und des Verwaltungsrates, dass die Entschuldigung allein nicht ausreicht, um einen Preis zu verleihen. Dahinter stand der Gedanke, wirklich das gesamte Konzept auszuzeichnen. Die Entschuldigung reihte sich in ein Gesamtkonzept in Differdingen ein, das weit über die Entschuldigung hinausgeht. Es war also eine andere Überlegung als die, die die Regierung und das Parlament angestellt haben. Es wäre falsch gewesen, jemanden herauszunehmen, der eine sehr gute Arbeit gemacht hat. Für uns machte es mehr Sinn, das gesamte Konzept auszuzeichnen als nur eine Person. Denn wenn man das macht, besteht immer die Gefahr, dass andere auf der Strecke bleiben.

In welchem Rahmen findet die Feier statt? Was genau ist vorgesehen?

Ich werde als neuer Präsident der Stiftung die Laudatio halten, und dann wird der Preis übergeben. Es gibt eine Urkunde, die dem Bürgermeister überreicht wird, dann wird dieser sprechen. Und es gibt eine musikalische Umrahmung. Was das Geld betrifft, so beabsichtigt der Bürgermeister, soweit ich es verstanden habe, die Summe aufzuteilen, da die Gemeinde kein Geld annehmen darf. Die eine Hälfte geht an die „Témoins de la 2e génération“ und die andere an die Jugendhäuser in Differdingen.

Mehr zum Thema : Differdigen – Zentrum der Resistenz und Wie Differdingen „judenrein“ wurde.

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