Syrischer Bürgerkrieg: Ende der Hoffnung

Der Fall Aleppos besiegelt das Schicksal des arabischen Frühlings. Die Folgen davon werden die Welt noch auf Jahre beschäftigen.

Als Ende 2010 die Aufstände in Tunesien anfingen, die 2011 auf einen großen Teil der arabischen Welt übergreifen und als „arabischer Frühling“ in die Geschichte eingehen sollten, kam für kurze Zeit Hoffnung auf. Zwar herrschte gerade unter westlichen Linken, von denen ein Teil sich zumindest intellektuell mit ehemals „sozialistischen“ und immer noch autoritären Systemen arrangiert hatte, eine gewisse Skepsis gegenüber den oftmals aus der Mittelschicht stammenden Aufständischen. Doch bestand die Hoffnung, die arabische Welt werde sich „aus eigenem Antrieb“ demokratisieren.

Während die Revolution in Tunesien, wo alles angefangen hatte, zumindest teilweise erfolgreich war und es zwar zu Repression, nicht aber zu einem Bürgerkrieg kam, stellte sich die Lage in Syrien von Anfang an anders dar: Machthaber Bashar Al-Assad setzte auf eine gewaltsame Niederschlagung des Aufstands. Die massive Repression hatte zur Folge, dass sich die Auseinandersetzung rasend schnell militarisierte.

Die traditionelle Opposition im Exil war von den Geschehnissen weitgehend ausgeschlossen, doch auch die nur sehr lose organisierten Aufständischen konnten gegen das über eine Mehrzahl von Geheimdiensten verfügende Regime schwerlich ankommen. Mit der zunehmenden Militarisierung des Konflikts mussten sie unvermeidlich straff organisierten, aus dem Ausland finanzierten und zum Teil transnationalen Gruppen das Feld überlassen.

Damit war Assads Rechnung aufgegangen: Zwar war er, seit 2011, von der internationalen Gemeinschaft geächtet, doch konnte er sich zunehmend als Kämpfer gegen den sunnitischen Terrorismus gerieren. Sah es eine Zeit lang tatsächlich so aus, als sei das Regime – trotz tatkräftiger Unterstützung aus Iran – am Ende, veränderte der 2015 begonnene russische Militäreinsatz die Situation grundlegend.

Die Niederlage der Rebellen in Aleppo läutet nun auch symbolisch das definitive Ende des arabischen Frühlings ein. Assad geht als vorläufiger Sieger aus dem Bürgerkrieg hervor, während Iran seine Einflusssphäre, die über den Irak und Syrien bis nach Libanon reicht, hat bewahren können. Russland, das mit Assads Regime auch sein einziges Standbein im Nahen Osten verteidigt hat, setzt sich als ernstzunehmender Akteur in der Region fest. Dass die russische Diplomatie vergangene Woche plötzlich doch mit der Entsendung von internationalen Beobachtern nach Aleppo einverstanden war, ist kein Zufall: Putin will als Garant für Frieden und Stabilität im Mittleren Osten Russlands Bedeutung sichern. „Ohne uns kein Frieden“, so lautet die Botschaft.

War 2016 ein schlechtes Jahr für die internationale Politik, so verheißt 2017 schon jetzt nichts Gutes.

Dass das syrische Regime und seine Unterstützer nach jahrelangem Hin und Her nun plötzlich so rapide Erfolge verbuchen konnten, ist auch kein Zufall: Vor Donald Trumps Amtsantritt in den USA sollen in Syrien Tatsachen geschaffen werden. Trump hat bereits angekündigt, im Kampf gegen den IS auch mit Assad und vermehrt mit Putin zusammenarbeiten zu wollen.

(Foto: Wikimedia)

Die Region kann dabei nur verlieren: Die Stärkung eines autoritären Machthabers und Kriegsverbrechers wie Assad und eine vorhersehbare „rabiate“ Vorgehensweise im Kampf gegen den IS werden statt einer Stabilisierung der Region vielmehr eine Stärkung der radikalislamistischen Kräfte zur Folge haben, die von Teilen der sunnitischen Bevölkerungen als letzte Beschützer wahrgenommen werden. Der Konflikt zwischen letzteren und den schiitischen Radikalen wird den Mittleren Osten wohl noch für längere Zeit zu einem Pulverfass machen. Die Aussicht auf eine Rückkehr von Millionen von SyrerInnen, die größtenteils vor dem Assad-Regime geflohen sind, wird mittelfristig verbaut. Stattdessen werden nach einer, ebenfalls absehbaren, entscheidenden Niederlage des IS wohl auch die Anschläge im Westen weiter zunehmen. War 2016 ein schlechtes Jahr für die internationale Politik, so verheißt 2017 schon jetzt nichts Gutes.


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