Transition-Projekt Äerdschëff: Einfach bauen

Faszinierend ist sie, die Idee eines Earthships, eines nachhaltig angelegten, autarken Gebäudes. Bei ihrer Umsetzung in Luxemburg werden Vernetzung und Partizipation beim Bauprozess im Vordergrund stehen.

Vorfreude auf das Earthship: das Architekturmodell. (Fotos: www.aerdscheff.cell.lu)

Bald werden hier Schulklassen die Pflanzungen besichtigen und NGOs Seminare veranstalten. Im geplanten Bistrotbereich im Wintergarten wird man Biowein trinken und den Fischen im Aquaponik-Aquarium zuschauen können. Eine Art neues alternatives Kulturzentrum soll nämlich in Redingen entstehen, gleich neben dem Atert-Lycée. Das ist aber nicht das Besondere an dem Projekt – und dass auf der anderen Seite ein Cactus-Supermarkt liegt, auch nicht.

Einzigartig ist die Bauweise des Gebäudes – wichtiger als seine künftige Verwendung. Es handelt sich um ein „Äerdschëff“, einen mit natürlichen oder recycelten Materialien errichteten Bau, der für seine Wärme- und Wasserversorgung gewissermaßen direkt an die Erde angeschlossen ist. Der Innenraum besteht nur aus einem 24 Meter breiten Erdgeschoss, die Tiefe variiert zwischen 8 und 12 Metern. Der gesamte vordere Teil – die Südseite – ist verglast und wird wie ein Gewächshaus genutzt.

Der Anspruch, „off the grid“, also autark und unabhängig von Strom-, Heiz- und Wassernetz zu funktionieren, macht einen Teil der Faszination des Projekts aus. Wem das nicht reicht, der wird sich vielleicht von der Aussicht, dass im verglasten Teil Bananen wachsen und reif werden, begeistern lassen. Für die Luxemburger Transition-Bewegung, die das Projekt initiiert hat, hat es sich jedenfalls als Hit erwiesen. Auf den Infoständen bei den sommerlichen Musikfestivals war es das Architekturmodell des Äerdschëff, was die meiste Aufmerksamkeit auf sich zog.

Bananen aus Redingen

Mittlerweile ist die Finanzierung weitgehend sichergestellt – Unterstützung kommt unter anderem von Leader Atert Wark, vom Nachhaltigkeitsministerium, von der Oeuvre Grande-Duchesse Charlotte und von Etika. Allerdings sind noch planerische und administrative Fragen zu klären. Im Gespräch mit der woxx legte Katy Fox das Für und Wider bei der Frage dar, ob man gleich zwei verglaste Zonen hintereinander anlegen sollte, um so die Innentemperatur besser regulieren zu können. Die Gründerin des Centre for ecological learning (CELL), der Urzelle der hiesigen Transition-Bewegung, koordiniert das Bauprojekt. Spannend sei auch, wie weit man bei der Abwasserentsorgung gehen kann, so Fox.

Das in den USA entwickelte Konzept eines autarken Earthships sieht eigentlich vor, das Trinkwasser aus dem Regenwasser zu gewinnen und die Klärung des Schmutzwassers mit Hilfe von Pflanzen vollständig lokal durchzuführen. Die Firma „Earthship Biotecture“ hat weltweit mehrere Tausend solcher Gebäude errichtet und könnte ein Partner für das Luxemburger Projekt sein.

Fox, die an einem Workshop der Firma in Taos in New Mexico teilgenomment hat, sieht in den standardisierten, schlüsselfertigen Earthships nicht nur Vorteile. Das Projekt in Redingen soll, im Sinne der Transition-Philosophie, auf lokale Ressourcen zurückgreifen, sowohl was die Werkstoffe als auch das Know-how und die Arbeitskräfte angeht. Für das Baumaterial hat das Äerdschëff schon viel gesammelt – unter anderem Hunderte alter Gummireifen, die mit Erde gefüllt die Rückwand des Gebäudes befestigen und isolieren sollen. Dabei orientiere man sich an den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft und der Baubiologie, so Fox.

Innenansicht des Earthships in Tempelhof (Baden-Württemberg).

Ein Schiff braucht einen Hafen

Die Cell-Gründerin freut sich besonders über die zahlreichen Kontakte mit Firmen, NGOs und Institutionen. So beteiligt sich, insbesondere im Hinblick auf den Lehrgang für Energietechniker, das Atert-Lycée am Projekt – im Comité de pilotage sind zwei Lehrer sowie der Direktor persönlich vertreten. Einer der wichtigsten Aspekte schließlich ist das Bauen an sich: Dabei sollen viele Menschen mitmachen und ihre Zeit und ihre Ideen einbringen. Fox schwärmt vom Erlebnis, selber an der Konstruktion eines Eartships teilzunehmen, also eine Tätigkeit auszuüben, die normalerweise als mysteriös, weil von Facharbeitern ausgeführt, erscheint. Zwar sollen auch internationale Freiwillige  – wie bei den Projekten von Earthship Biotecture – in Redingen wohnen und sich beteiligen können. Doch am wichtigsten ist der Aktivistin, dass hier heimische, an Transition interessierte Menschen vor Ort an dieser Erfahrung teilhaben.

Wer bei der Planung mitarbeiten möchte, kann mit dem Äerdschëff-Team per Mail Kontakt aufnehmen. Wenn der Zeitrahmen für die Arbeiten im Frühjahr feststeht, wird das Team noch einmal zur konkreten Mitarbeit einladen. Außerdem können sich InteressentInnen über die Facebook-Seite für die „Earthship End of Year Party“ am kommenden Montag, dem 12. Dezember anmelden.

Kontaktinformation:
earthship@cell.lu
www.aerdscheff.cell.lu
www.facebook.com/aerdscheff

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