Universitätsgesetz: Die Schwergeburt

Das Gesetz zur Unireform wird geändert, noch ehe das Parlament mit seiner Beratung begonnen hat.

(©Acacia7594 CC 4.0)

Dass die Qualität der Luxemburger Gesetzgebung manchmal zu wünschen übrig lässt, ist nicht neu. Ebenso wenig, dass im Zeitalter der schnellen Umwälzungen das legislative Geschäft vor besonderen Problemen steht. Zwischen dem Tag, an dem die Idee eines Gesetzes entsteht, und dem, an dem es in Kraft tritt, kann vieles passieren und die viele Mühe die aufgewendet wurde, war dann vielleicht ganz umsonst.

Aber es gibt auch Gesetzgebungsverfahren, die ganz ohne Not verbockt werden. Die Reform des Universitätsgesetzes fällt in diese Kategorie. Als dessen Neufassung im Frühjahr publik gemacht wurde, stellte sich heraus, dass der Text nur von einem kleinen, höheren Ortes ausgewählten Kreis von Personen beraten worden war.

Auf der vom Hochschulminister zur Vorstellung des Gesetzesvorhabens einberufenen Pressekonferenz wurde keine Kopie des Textes zur Verfügung gestellt, der Minister – selber ehemaliger Journalist – referierte lediglich aus dem Stegreif zu den von ihm angestrebten Gesetzesänderungen.

Die darauf folgende Berichterstattung fiel entsprechend unpräzise aus und übersah auch einige wichtige Änderungen, die dann bei der Publikation des Textes bei nicht wenigen Bauchschmerzen verursachten. Nur war der Text zu dem Zeitpunkt bereits deponiert, befand sich also auf dem parlamentarischen Instanzenweg. Dieser Schritt ist insofern wichtig, als er das Beratungsverfahren der Berufskammern und vor allem des Staatsrates auslöst. Das Abgeordnetenhaus beschäftigt sich in der Regel mit dem Gesetz eingehend erst dann, wenn das Gutachten des Staatsrates vorliegt.

Die Deponierung bedeutet aber auch, dass an dem entsprechenden Text keine Änderungen mehr vorgenommen werden können, es sei denn, die Regierung (oder die mit der Beratung betraute parlamentarische Kommission) schlägt von sich aus „Amendements“ vor, die dann wieder auf den Instanzenweg gebracht werden müssen.

Nachdem der Uni-Text im Mai 2017 eingereicht worden war und der Staatsrat im November sein Gutachten abgegeben hatte, sollte die Hochschulkommission des Parlaments kurz vor dem Nikolaustag mit der Beratung beginnen. Doch just da kündigte Hochschulminister Hansen an, einige Änderungen an seinem Text vornehmen zu wollen. Bei diesen handelte es sich nicht bloß um vom Staatsrat verlangte formelle Verbesserungen, sondern tatsächlich um eine, wenn auch begrenzte, Neufassung der Entscheidungsgremien, also um eine inhaltliche Änderung des Gesetzes.

Aufgabe des Ministers wäre daher gewesen im Vorfeld einen politischen Konsens herbeizuführen.

Ohne diese hier im Einzelnen bewerten zu können – ein verbindliche Textfassung liegt ja nicht vor –, verwundert diese späte Erkenntnis des Ministers doch insofern, als zum Zeitpunkt der (freilich nicht öffentlichen) Vorbereitungsphase des Gesetzes viele der jetzt gemachten Zugeständnisse (Nichtabschaffung der Fakultätsräte, Verstärkung der Mitspracherechte der Professor*innen, Angestellten und Student*innen, Ausweitung der Kompetenzen der Universitätsrates gegenüber dem Verwaltungsrat usw.) lebhaft in der Öffentlichkeit diskutiert worden waren.

Weshalb gerade im Falle der Universität – in der es ja gesetzlich anerkannte Gremien, aber auch konstituierte Interessenvertretungen gibt – das betreffende Gesetz nicht breit und offen diskutiert wurde, bevor es zum Gesetzgebungsverfahren kam, ist nicht zu verstehen. Natürlich gibt es auch an der Uni, wie auch sonst in der Gesellschaft, sehr unterschiedliche, teilweise unvereinbare Meinungen. Aufgabe des Ministers wäre daher gewesen, alle Meinungen einzuholen und dann im Vorfeld einen politischen Konsens herbeizuführen. Die Zeit dazu hätte ausgereicht, und an der Bereitschaft, mitzuarbeiten, hätte es auch nicht gefehlt – wie aus den in letzter Zeit wieder etwas häufiger auftauchenden Leserbriefen und Interviews zum Thema ersichtlich ist.

Stattdessen wird sich nun die parlamentarische Kommission in der Vorwahlsession mit einem Text herumplagen müssen, der angesichts der geplanten Änderungen das Risiko trägt, in sich widersprüchlich zu werden. Das Vorhaben, einen Text „aus einem Guss“ zu schaffen und, um das zu erreichen, den Autor*nnenkreis eng zu begrenzen, ist jedenfalls gründlich danebengegangen.


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